Dramaturgie und Merkmale der Dokumentform

von Kusanowsky

Bei Postdramatiker findet man eine interessante Ergänzung zu meinem Artikel Gogle Street View – Zur Unterscheidung von Dokumentation und Simulation des Raumes 8. Bei Postdramatiker heisst es:

In dem Posting listet Klaus Kusanowsky vier Kriterien der Dokumentform auf. Diese sind:

* Linearität
* Kausalität
* Sequenzialität
* Identität

Spannend daran ist für mich zweierlei. Zum Einen sind diese Kriterien – vermutlich in anderem Verständnis als bei Kusanowsky – sehr passend auf die klassische Dramaturgie anwendbar, die sich durch Linearität, Kausalität und Sequenzialität sehr gut charakterisieren lässt…

Dabei handelt es sich wohl keineswegs um Zufall. Ich glaube vielmehr, dass man Zusammehänge der spezifischen Merkmale der Dokumentform bei allen Wissenschaft und Künsten der europäischen Tradition wiederfindet, sofern diese Künste tatsächlich als Reflexphänomene einer sich ausdifferenzierenden Funktionalisierung von Gesellschaftssytemen in Erscheinung treten. Daher auch die Vermutung, dass die Dokumentform die Empirieform der modernen Gesellschaft ist.
Zu denken wäre dabei auch an die Newtonsche Physik mit der Vorstellung eines vollständigen kausalen Determinismus. Könnte man dieser Vorstellung zufolge die Raumkoordinaten aller Objekte und deren Geschwindigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt feststellen, so könnte man daraus alle möglichen zukünftigen Ergeignisse errechnen. Der Raum wird als ein absoluter Raum vorgestellt, als ein Behälter für alle darin enthaltene Materie; und das Universum erscheint wie ein Uhrwerk, dessen Mechanismus man vor- oder zurück drehen kann.
Auch könnte man die Problemstellung der Transzendentalphilosphie Kants als den empirischen Auswurf eines Erkenntnisbildungsprozesses verstehen, der die Dokumentform reflektiert. Und nicht zuletzt sind auch Organisationsprozesse der Warenproduktion wie das präindustrielle Verlagswesen oder die Manufaktur Reflexphänomene der Dokumentform.

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