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Tag: Bildschirmfesselung

Öffentlichkeit als Hoffnungsinstanz #bildschirmfesselung

„Vernetzte Öffentlichkeit“ – Dieses Video ist ein hübsches Feature der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen.

Interessant an einer Darstellung dieser Art ist weniger das, was ausgeführt und erklärt wird, sondern eher das, was als selbstverständlich, normal und unverzichtbar, ja vielleicht sogar als notwendig voraus gesetzt wird, obwohl diese Darstellung deutlich macht, wie sehr diese impliziten Voraussetzung fraglich sind, sie also keine beliebige Normalität haben. Denn dieses Video zeigt sehr deutlich, dass Öffentlichkeit fraglich ist und nicht normal, dass ihrer Herstellung Hindernisse auferlegt sind, die es keineswegs zulässig machen, dass Öffentlichkeit entsteht. Denn viel wahrscheinlicher ist es, dass das nicht passiert.
Und wenn sie zustande kommt, wird Öffentlichkeit hier als eine erlösende Hoffnungsinstanz empfohlen, durch die gleichsam ein neutraler und unkorrumpierbarer Richterspruch in Form der öffentlichen Meinung entsteht durch den für alle eine angemessene Gerechtigkeit entwickelt werden könnte. Wenn nur öffentlich würde, wenn nur allen bekannt werden könnte, was sich hinter den Dingen verbirgt, so wird alles gut. Eben dies stimmt gar nicht, wie dies schon aufgrund der Visualierung bildschirmgefesselter Nutzung gezeigt wird.  Es wird wird beinahme in der jeder Einstellung gezeigt, dass jeder Nutzer zu jedem Zeitpunkt anderes wahrnimmt, anders sortiert und bewertert, was auch für Shitstorms gilt. Denn mag zwar auch ein Hashtags #aufschrei massenweise anschlussfähig sein, so sagt dies nichts über eine öffentliche Meinung aus, sondern allenfalls etwas über Beteiligungsbereitschaft, von der man allerdings wissen kann, dass überall sehr indviduell ausfällt. Öffentlichkeit hat hier den Status einer Imagination.

Das schöne an dieser Imagination ist die autoimmunisierte Selbstlegitimierung dieses Hoffnungsglaubens. Denn wo sich empirisch zeigt, dass diese Erwartungen meistens gar nicht erfüllt werden, wird ums so dringlicher diese Erfüllung angemahnt. Interessanterweise verbreitet sich auch dieses Video über die Netzwerke und man könnte fragen: Welche Meinung hat die vernetzte Öffentlichkeit über dieses Video gefunden?

Es dauert noch etwas bis man heraus finden wird, dass Vernetzung und Öffentlickeit sich als Begriffe gegenseitig ausschließen.

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Notizen zur Bildschirmfesselung 5

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  • Lernen von den Digital-Supernatives. Nach 2008 geborene Kinder wachsen in einer Welt voller Bildschirme auf. Sie können uns zeigen, wie wir Alten unsere Bildschirmfesselung überwinden können. Wenn wir verstünden, was uns eigentlich fesselt.(*)

  • Inklusen (von lat.: Eingeschlossene) ließen sich zu Askese und Gebet in einem Inklusorium einmauern. Durch ihre extreme Form der Lebensabgewandtheit mit dem Ziel, Vollkommenheit (perfectio) zu erlangen, genossen Inklusen im europäischen Mittelalter ein hohes gesellschaftliches Ansehen. In ihrem asketischen Prinzip entsprechen sie den frühchristlichen Säulenheiligen des Nahen Ostens. Im romanischen Sprachraum wurden die Inklusen zumeist als Reklusen bezeichnet. (*)
  • Inklusorium. Das Inklusorium ist eine Zelle oder ein kleines Haus (Klause), in dem sich die Inklusen aus religiösen Gründen einschließen oder auch einmauern lassen. (*)

bildschukukulle

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