Differentia

Tag: transzendentale Subjektivität

Was ist nochmals Wirklichkeit? von Dirk Baecker @ImTunnel

Es gibt hier einen hübschen Text von Dirk Baecker über den Unterschied zwischen der antiken und der modernen Wirklichkeitsauffassung, den ich sehr zur Leküre empfehle. Es wird darin mit wenigen Worten, aber treffend, ein verändertes Problemverständnis von Wirklichkeit zwischen der Antike und der Moderne beschrieben. Die notwendigen Lücken im Text, wo sie denn auffallen, reizen mehr zum Weiterdenken, als dass sie Einwände plausibel machen.

Das Beeindruckende an diesem Text ist, dass ein systemtheoretisch geschulter Beobachter mit den Problemen der modernen Philosophie ein besseres Problemverständnis formulieren kann als eine akademische Philosophie, die zwar um die Kontingenz ihrer Subjekt/Objekt-Unterscheidung weiß, die aber trotzdem nur eine Wirklichkeit (nämlich sich selbst) als Lösung anbieten kann, die sich als etwas Nichtentziehbares empfiehlt. Und welche dann immer feststellt, dass sich dieser Empfehlung allenfalls ein geschätzter Kollege nicht entzieht, der Entzug selbst aber, obgleich offensichtlich, nicht problematisierbar ist, sondern innerhalb eines PAL-Feldes eben jener Philosophie verschluckt wird, die sich selbst als Lösung beschreibt, weil sie selbst dieses PAL-Feld erzeugt.
Das Bedauerliche an diesem Text ist das Schicksal einer jeden akademischen Scholastik, die auch für die Systemtheorie gilt. Denn ein systemtheoretisch geschulter Beobachter erkennt zuviel wieder (nicht zu wenig), und findet zuviele Überlegungen wieder, mit denen er etwas anfangen kann. Der Text hinterlässt einen akademisch geschulten Beobachter der Systemtheorie nicht ratlos, sondern entlässt ihn mit dem Stolz, ein Wirklichkeitsverständnis bestätigt zu finden, das sich als ein Entzogenes beschreibt.

Das ist sehr aufdringlich.

(Und der Einwand, dass Wirlichkeit und Wirklichkeitsverständnis nicht das selbe sei, ist zulässig, aber abwegig.)

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Vortrag: Emotionalität oder: Was ist das Problem des Problems?

Beim Kolloquium der Internationalen Gesellschaft für Philosophische Praxis, das am 29.10.22016 in Potsdam unter dem Titel: „Mit Gefühl denken“ stattgefunden hat, habe ich einen Vortrag gehalten. Der Titel lautet: Emotionalität oder: Was ist das Problem des Problems? Das Redemanskukript findet man hier.

In meinem Beitrag ging es darum zu zeigen, wie man dazu kommen könnte, sich dem Theoriestück der symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien von Niklas Luhmann zu nähern. Mein Versuch bestand darin zu erklären, dass die Struktur der Objektivierbarkeit, aus welcher sich die moderne Wissensform zusammensetzt, aufgrund ihrer Differenziertheit ein solches Medium der Kommunikation auswirft, das dafür sorgt, dass ein Gespräch über Emtionalität auch dann zustande kommt, wenn auf der Basis aller Objektivierungsmöglichkeiten mehr Unsicherheiten als Sicherheiten, mehr Fraglichkeiten als Gewissheiten, mehr Ungereimtheiten als Haltbarkeiten, mehr Unklarheiten als Klarheiten und mehr Widersprüchlichkeiten als Ganzheitlichkeiten zu finden sind.
Der Vortrag war gescheitert. Die Zuhörerschaft wurde zunehmend ungedulig und verlangte irgendwann von mir Auskunft  darüber, worüber ich redete. Als ich solche Auskünfte gab, steigert sich die Verwirrung; und das Rätelraten darüber, was das ganze eigentlich soll, ging unaufhörlich weiter. Zum Glück gibt es Zeit, die vorbei geht und welche als Ausrede für die Entscheidung genommen werden kann, das Gespräch zu beenden.
Das Scheitern des Vortrags war genauso vorhersehbar wie eine anschließende Diskussion vorhersehbar war, welche – was ich mit großem Vergnügen verfolgen konnte – mit aller Emsigkeit darum bemüht war, die Grenzen der Objektivierbarkeit der Gesprächssituation zu retten.

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