“… öffentliche Daten nützen” Eine öffentliche Ablehnung
von Kusanowsky
„… öffentliche Daten nützen“ Ein CfP zur 1. Spackeriade
(Ein Vorschlag von mir über einen Beitrag zu dieser Konferenz, der abgelehnt wurde. Grund der Ablehnung: unbekannt.)
Die Veröffentlichung von Öffentlichem
Die Nutzung öffentlicher Daten ist eigentlich kaum ein relevantes Thema. Jeder Prozess des Sammelns von Daten, des Recherchierens, Auswertens, Verknüpfens und Veröffentlichens von Ergebnissen führt zu öffentlich zugänglichen Daten und liefert zugleich die Voraussetzung für diesen Prozess, der auf die Verarbeitung öffentlich zugänglicher Daten angewiesen ist.
Wissenschaftler, Schriftsteller, Journalisten, Politiker, Polizisten, alle veröffentlichen und nutzen öffentliche Daten. Das ist nicht wirklich interessant, weil allzu banal, gewohnt, unstrittig und auch unverzichtbar. (Was natürlich auch heißt, dass daraus eine Vielzahl von Verwicklungen resultieren, z.B. Datenschutz. Aber diese Resultate lassen nicht zu, den Prozess der Nutzung und Veröffentlichung, diesen Prozess selbst als prekär zu betrachten, sondern nur seine anderweitigen Ergebnisse.)
Wenn aber dennoch ein solches Thema vorgeschlagen wird und man unterstellen kann, dass die Veranstalter wissen, dass es sich so verhält, aber dieses Thema trotzdem vorschlagen, dann wohl deshalb, weil sich etwas Entscheidendes verändert hat. Es muss sich irgendein Unterschied eingeschlichen haben, durch den es auf einmal bemerkenswert erscheint, etwas zu thematisieren, was sonst nicht weiter erwähnenswert gewesen wäre.
Um welchen Unterschied könnte es dabei gehen?
Der Unterschied besteht darin, dass nunmehr dieser Prozess der Veröffentlichung von Daten und ihrer Nutzung durch das Internet in seiner Selbstreflexivität erkannt wird. Denn Daten veröffentlichen und öffentliche Daten nutzen heißt, öffentliche Daten zu veröffentlichen. Auch das ist nichts Neues, interessant ist, dass dieser selbstreflexive Prozess nunmehr als öffentliches Anliegen erkennbar wird und nicht mehr als Anliegen von sog. Subjekten, seien dies Unternehmen, Behörden oder Einzelpersonen.
Die Selbstreflexivität dieses Prozesses fängt deshalb an prekär zu werden, weil nunmehr die Exklusivität sowohl der Datensammlung als auch der Datenveröffentlichung nicht mehr gewährleistet ist. Die Exklusivität bezieht sich darauf, dass die Verfügungsgewalt sowohl über die Sammlung und Auswertung als auch über die Veröffentlichung von Daten rein prinzipiell nicht mehr in ihrer Ausschließlichkeit garantiert ist. Solange immer nur diese Exklusivität als Problem des Rechtfertigung und damit der Rechtfertigung von Sanktionsmöglichkeiten behandelt wurde, erschien die Sache als ein Streitgegenstand, der sich durch Fragen des Erlaubens und Verbietens auszeichnete und durch die Aushandlung von Rechten und Pflichten die Beobachtung der Selbstreflexivität dieses Prozesses gleichsam unterdrückte.
Wenn nun aber erkennbar wird, dass diese Exklusivität durch Internetkommunikation entfällt, so stellt sich plötzlich eine ganz andere Beurteilungssituation dar.
Dies kann man am Beispiel von Anonymous zeigen. Das sog. „doxen“, wie es im Zusammenhang mit der Urheberrechtsdebatte betrieben wurde, meint die Zusammenführung und Veröffentlichung von öffentlichen Daten als Kampfmittel zur Durchsetzung von etwas Bestimmten. Aber was? Was will oder könnte Anonymous durchsetzen, was vorher nicht erkennbar oder akzeptabel war? Die Antwort könnte lauten: es geht nur darum die Selbstreflexivität dieses Prozesses beobachtbar zu machen. Sonst nichts.
Ein anderes Beispiel ist Google-Streetview. Dabei geht es darum den öffentlichen Raum zu veröffentlichen. Und auch in diesem Fall zeigte sich aufgrund dieser Selbstreflexivität Empörung und ein erstauntes Nachdenken darüber, um was es dabei eigentlich gehen könne. Was würde sich dadurch ändern, hieß es. Was sich ändert ist auch hier die Beobachtung der Selbstreflexivität des Prozesses.
Und erst wenn man das ernst nimmt stellt man fest, dass es um eine öffentliche Nutzung öffentlicher Daten geht, was eine ganz andere Beurteilungssituation hervor ruft und damit ganz andere Möglichkeiten des Nachdenkens eröffnet.
Zerberus („Dämon der Grube“) ist in der griechischen Mythologie der Höllenhund und Torhüter, der den Eingang zur Unterwelt bewacht.
So wird das Internet zum einzigen Türsteher der Gesellschaft, zum singulären Zerberus, der Eingang und Ablehnung, Inklusion und Exklusion regelt. Im Unterschied zur Gutenberg-Galaxy verschwindet die verwirrende Komplexität von Eingängen und Ausgängen, von undurchschaubaren Fluren, das Durcheinander von Dienstbotenkammern und Herrensitzen.
Der Zerberus der digitalen Gesellschaft öffnet nur noch eine Tür, aber diese für jeden. Damit entfallen bekannte Sperrmechanismen. Jetzt wird alles öffentlich, auch das Abgelehnte. Das, was vorher aus der Öffentlichkeit durch Ablehnung verbannt wurde, kann jetzt genauso abgelehnt werden. Der Ausschluss ist ausgeschlossen. Wo bleibt noch Öffentlichkeit, wenn alles, was öffentlich zugänglich ist, öffentlich zugänglich wird?
„Auch das ist nichts Neues, interessant ist, ***dass dieser selbstreflexive Prozess nunmehr als öffentliches Anliegen erkennbar wird*** und nicht mehr als Anliegen von sog. Subjekten, seien dies Unternehmen, Behörden oder Einzelpersonen.“
Für WEN wird dieses NichtmehrvomAnliegenvonsog.Subjektenabhängig sein“ aber erkennbar? Für Subjekte (Unternehmen, Behörden, Einzelpersonen) wohl nicht mehr? Oder doch?
„Für Subjekte (Unternehmen, Behörden, Einzelpersonen) wohl nicht mehr? Oder doch?“
Oooh, ist das eine überraschende Frage! Eine Frage, mit der ich nicht gerechnet habe, eine Frage, die mich sehr verwirrt und auf die ich spontan keine Antwort habe. Aber wer wäre besser geeignet, sie zu beantworten? Kritische Subjekte oder paranoische Phantome?
„Oooh, ist das eine überraschende Frage!“
Oh, das überrascht mich!
„Aber wer wäre besser geeignet, sie zu beantworten? Kritische Subjekte oder paranoische Phantome?“
Vielleicht am ehesten jene spukhaften Zwitterwesen, die, jenseits allen Entwederoder-Manichäismus, wissen, dass man nicht wissen kann, wie zwischen beiden Proto-Typen deutlich zu unterscheiden ist. Paranoische Phantomkritiker-Kritikphantome.
Ich kritisiere die paranoische Herausgabe dieser Selbstwiderspruchs-Lösung. Grund: sie schafft kein weiteren Probleme.
Letztlich ja eine erkenntnistheoretische Frage: Wenn erkennbar wird, dass das NichtmehrvomAnliegenvonsog.Subjektenabhängigsein, nicht mehr von Subjekten erkannt wird, von wem wird dann überhaupt erkannt, was hat es mit dieser ERKENNBARKEIT (die nur in einer bestimmten historischen Konstellation aufblitzt) auf sich. Ist sie so etwas wie der hegelsche objektive Geist?
Doch eindeutig und offenbar kann die Erkennbarkeit nicht sein, sonst müsste nicht allzu oft darauf hingewiesen werden; sonst würde nicht eine Ermahnung, sich dieser Erkennbarkeit nicht zu entziehen oder sie zu verleugnen und ignorieren permanent notwendig sein.
„Ist sie so etwas wie der hegelsche objektive Geist?“
Nicht ganz. Das Thema wurde hier schon mal durchgearbeitet
Das “absolute Wissen” wird von Hegel in der Phänomenologie des Geistes nicht als allumfassendes oder perfektes Wissen beschreiben, in dem Sinne, dass nichts weiter gewusst werden kann. Das Denken ist am Ende „ein “Tätigkeitswissen” oder ein Wissen in der Bewegung der Reflexion, weil es nur an seinem Anderen, d. h. an Bestimmungen des Gegenstandes zum Ausdruck kommt.“ (1) Im absoluten Wissen fallen Subjekt und Objekt zusammen.