„Es ist alles ganz einfach…“ 1
von Kusanowsky
Das Internet ist ein Belastungstest für die Problemlagen, die die moderne Gesellschaft im Laufe ihrer Evolution ausdifferenziert hat.
Nicht erst seitdem wir Computer und Internet nutzen, aber spätetestens seitdem wird bewusst, dass die moderne Gesellschaft auf eine Überforderung hinaus läuft. Wir wissen noch nicht genau, wie damit umzugehen ist. Das ist die Kernthese, die Dirk Baecker in seinen „Studien zur nächsten Gesellschaft“ diskutiert, nämlich, dass das Aufkommen eines neuen Verbreitungsmediums die Gesellschaft zuerst einmal überfordert; und anschließend werden, sobald der Problemdruck sublimiert werden kann, Wege gesucht, um die neuen Möglichkeiten anzuwenden, also mit dem „Überschuss-Sinn“ umzugehen. Aber man müsste etwas genauer hinschauen, denn nicht erst das Internet überfordert die Gesellschaftssysteme. Überforderungen waren auch vorher schon an der Tagesordnung, nur vorher handelte es sich lediglich um Forderungen, deren Nichterfüllung als zu behebende Defizite auf eine offene Zukunft verlagert wurden. Probleme wurden nie gelöst, sondern verschoben.
Das Internet ermöglicht, dass diese unerfüllten Forderungen nunmehr als Überforderungen zutage treten: Urheberrecht, Datenschutz, Jugendschutz, Sicherheit, Freiheit: alles, was in dieser Hinsicht jemals als Forderungen aufkam, ist nunmehr Überforderung, ist eine Belastungsprobe für den Umgang einer Gesellschaft mit ihren selbstgemachten Problemen. Man könnte das auch so formulieren, dass es den Gesellschaftssystemen immer schwerer fällt, ihren eigenen Problemen aus dem Wege zu gehen, weil sich langsam zeigt, dass die Kapazitäten erschöpft sind. Diese Kapazitäten sind die Verhältnisse, durch die sich die Strukturen der Problementfaltung reproduzieren können, die solange ihre Haltbarkeit durchsetzen, wie die Umwelt dieser Systeme diese Komplexität gleichsam „verdauen“ kann. Entgegen der landläufigen Annahme, dass zuerst die natürliche Umwelt an ihre Belastungsgrenzen stößt, dürfte man vermuten, dass dies nur die letzte Grenze ist. Tatsächlich werden alle sozialen Systeme, sofern sie für einander als Umweltsysteme fungieren, mehr oder weniger gleichzeitig einer Belastungsprobe unterzogen.
Am Beispiel der Finanz- und Schuldenkrise dürfte man das sehr gut beobachten können. Denn die Probleme sind ja weder neu noch unvorhersehbar. Eine Politik der ständig wachsenden Staatsverschuldung ist nichts anderes als ein Begleitphänomen einer Wachstumsökonomie. Alles wächst, wenn die Wirtschaft wächst, die Gewinne, die Verluste, die Risiken, der Reichtum, die Armut, die Müllberge, die Bürokratie, der Straßenverkehr, die technische Komplexität und konsequenterweise auch die Staatsverschuldung. Und schon, wenn man nur ansatzweise über die Exponentialfunktion des Zinseszins nachdenkt, kann man voraussehen, dass mit jeder weiteren Schuldensteigerung immer auch die Zinsen wachsen, welche schließlich so hoch werden, dass weitere Verschuldung immer schwiergier wird. Die gegenwärtige Politik versucht aber immer noch Wege zu finden, um weiteres Schuldenwachstum zu ermöglichen. Noch geht es, aber man kann jetzt schon sehen, dass bald Land in Sicht kommt, weil auch in anderer Hinsicht, Wachstumsgrenzen sichtbar werden.
Der Überforderung wird vorerst noch mit Durchhaltestrategien begegnet. Für die fortlaufende Ermittlung und Erprobung von Durchhaltestrategien haben soziale Systeme synchron zur Dauer ihres Problemerfahrungsprozesses ein Immunsystem entwickelt, das dadurch funktioniert, dass es von der empirisch feststellbaren Determinierung der Prozesse ablenkt und sich auf metaphysische oder symbolische Bewältigungroutinen spezialisiert, durch die schließlich möglich wird, Weltoffenheit zu ertragen. So stehen zwar Determinismus und Weltoffenheit in einem paradoxen Verhältnis, trotzdem ist ihre Erfahrbarkeit komplementär bedingt, weil man für beides jeweils eine Unterscheidung braucht, die in ihrer Anwendung aufeinander verweisen.
Eine häufig zu beobachtende Durchhaltestrategie besteht in der durch nichts entmutigenden Auffassung, „es sei alles ganz einfach“. Gefunden gerade bei ctrl-verlust.net. Dort heißt es in einem Artikel, der das politische Denken der Piratenpartei zusammenfasst:
Es ist also eigentlich ganz einfach: Die Piraten verstehen die öffentlichen Institutionen als Plattformen, die Teilhabe ermöglichen. Und auf jede dieser Plattformen fordern sie diskriminierungsfreien Zugang für alle, weil sie im Internet erfahren haben, dass sich nur so Wissen und Ideen – und damit auch Menschen – frei entfalten können.
Es wird alles frühere Scheitern an solchen und ähnlichen Auffassungen mühelos (also: „ganz einfach“) ignoriert, weil sich jetzt durch die Verbreitung des Internets Bedingungen ergeben, durch die alles, was zu diesem Thema bislang gesagt wurde, noch einmal gesagt werden kann: Partizipation, Gleichheit, Freiheit, Menschlichkeit. Die Forderungen werden ganz einfach wiederholt; und ein weiteres Mal können die Defizite auf eine noch offene Zukunft verschoben werden. Dass solche Forderungen aber noch nicht überall als Überforderungen verstehbar sind, ist kein Einwand gegen diese hier angestellten Überlegung, sondern nur eine Ergänzung. Für die einen ist es schon zuviel, für die anderen noch nicht genug. Es bleibt immer noch genügend Raum, um weitere Forderungen zu stellen, die zu ihrer Akzeptanz oder Ablehnung auf Verstärkungen angewiesen sind, um sich im anschwellenden Chor der Fürbitten noch Gehör zu verschaffen.
Fortsetzung
Siehe dazu auch:
Verlust der Privatsphäre – Angst und Hoffnung
ist es nicht eine romantisierung zu sagen, früher waren die überforderungen forderungen, deren lösung in die zukunft verschoben wurde und jetzt nicht mehr? es wird auch früher schon überforderungen gegeben haben, und auch im internet werden forderungen in die zukunft verschoben. ich sehe den von dir aufgezeigten unterschied nicht.
Dieser Kommentar ist sehr bemerkenswert und ganz nach meinem Geschmack. Es ist eigentlich gar nicht klar, was gemeint ist, weil der Kommentar nur wiederholt, was im Artikel geschrieben steht, allerdings: „ich sehe den von dir aufgezeigten unterschied nicht“ – womit andererseits genau klar ist, worum es geht. Sehr gut. Für diese Art der Trollkommunikation bin ich sehr empfänglich, allerdings müsste sie verfeinert werden. Aber das dauert, denn es ist alles nicht so einfach.
Was würde denn aus der Überforderungsthese in Verbindung mit dem Argument, dass das Internet die Strategie des fortwährenden Aufschubs durchkreuzt, folgen? Es scheint auf ja eine Art ultimative Krise hinauszulaufen, wenn ich das Recht verstehe (also: bisher konnte man immer in die Zukunft verlagern, heute wird es immer schwieriger, und morgen…?). In dem Text heißt es: „Der Überforderung wird vorerst noch mit Durchhaltestrategien begegnet.“ Die Kritik daran, die da heraus höre, ist offenbar, dass die beschwichtigende/ aufschiebende Kraft solcher Strategien schnell verbraucht sein wird, das soziale „Immunsystem“ bald zusammenbricht, weil es nicht länger „von der empirisch feststellbaren Determinierung der Prozesse“ ablenken und die „metaphysischen oder symbolischen Bewältigungsroutinen“ durchhalten kann. (Mal abgesehen davon, dass man das zitierte Beispiel eher für eine Bewältigungs- denn für eine Durchhaltestrategie halten könnte, der allenfalls vorzuwerfen wöre, das Problem nicht zulösen, sondern auch wieder nur aufschieben zu können; sie enthält immerhin ein progressives und weniger reaktionäres Moment). Was also würde aus der Überforderungsthese in letzter Konsequenz folgen? Beschleunigt das Internet einen unvermeidlichen Kollaps der gesellschaftlichen Selbstentlastungskapazitäten oder erzwingt es einfach nur einen gesteigerten Erfindungsreichtum an neuen Aufschubstrategien? (Mal abgesehen davon, dass ich einen drohenden Kollaps durch gesellschaftliche Überforderung eher von anderen Faktoren ausgehen sehem würde. Die Finanzkrise ist ein gutes Beispiel, aber selber konstitutiv an das Internet gebunden durch den Börsenhandel etc. Was aber ist mit z.B. mit Energie- und Nahrungskrisen? Wäre das Internet hier vor allem ein Katalysator zur Wahrnehmung der „der empirisch feststellbaren Determinierung“?) – Soviel erst einmal zu meinen Fragen an den jedenfalls sehr anregenden Artikel.
„Was also würde aus der Überforderungsthese in letzter Konsequenz folgen?“ – Ich würde überlegen, dass man spätestens mit dem Internet zuerst einen gesteigerten Erfindungsreichtum an Aufschub- und Abwehrstrategien bemerken könnte. Dies beträfe z.B. die sog. Abmahnwellen; die immer krasser werdenden Kriminialisierungen von Internetusern; die immer dichter anfallenden Ungereimtheiten, deren Aufdringlichkeit an Zahl und Frequenz zunimmt; die Verwicklungen in eklatante Selbstwidersprüche wie z.B. der imperiale Anspruch von Facebook, der verlangt, alle müssten sich dem Druck der Datenpreisgabe beugen, nur Facebook selbst nicht; gleiches gilt wohl auch für Wikileaks, die Geheimnisse in gigantischem Ausmaß enthüllen, aber selbst kaum ihren eigenen Datenschutz für Whistleblower sicher stellen können, weil ja auch die Leaker geleakt werden können usw. Wer sich heute ins Internet einwählt begeht irgendeine Rechtsverletzung. Und solange man glauben möchte, man könne dies mit Reformen und Gesetzesnovellierungen bewältigen, handelt im Prinzip nach der Devise: „Eigentlich ist alles ganz einfach“ – man müsste das alles nur vernünftig anfangen. Ich würde sagen, vorerst bekommen wir es mit einem Phänomen der Übertreibung zu tun, dessen point of no return immer dann auffällt, wenn es dringlich heißt, dass man nun endlich etwas dagegen unternehmen müsse. Spätestens jetzt bemerkt man, dass es für all das zu spät geworden ist. Deshalb die vermehrten Anstrengungen zum Widerstand.
Und gleichzeitig müsste man erste Anzeichen eines sozialen Sublimierungsprozesses bemerken können, der sich dadurch auszeichnet, dass aller Widerstand aufgegeben wird und stattdessen all diese Dämonien durch Sublimierung in Gewinne umgewandelt werden, indem sich ein diabolisches Spiel bemerkbar macht, dass sich zu Regeländerungen bereit erklärt statt sich einer Regeländerung zu widersetzen.
Ich verstehe die Überforderung – von der ja Dirk Baecker spricht – zunächst mal als methodischen Kunstgriff. Ähnlich wie Niklas Luhmann davon gesprochen hat, dass Kommunikation unwahrscheinlich ist und sich dann seinen Lebtag damit beschäftigt hat, herauszufinden und niederzuschreiben, was Kommunikation dann doch ermöglicht bzw. sie wahrscheinlicher macht, so problematisiert Baecker die Emergenz von neuen Gesellschaftsformationen. Wo andere die neuen Möglichkeiten preisen, wie sie vom vernetzten Computer auf den Plan gerufen werden, da spricht Baecker von einer „kommunikativen Katastrophe“ und fragt nach Wegen, mit dieser Katastrophe umzugehen. Damit ist der Blick geschärft für die Umwälzungen, mit denen wir es aktuell zu tun haben.
Die spezifische Überforderung der nächsten Gesellschaft besteht im Kontrollüberschuss (Siehe Harrion White’s »Idenity and Control«). Damit ist das Feld bestellt auf dem sich allerlei abspielt. Die Verformung des politischen Systems durch die Piraten verstehe ich als Symptom einer Gesellschaft, die gerade ausprobiert, wie Politik zu organisieren ist, wenn alle miteinander vernetzt sind, oder genauer: wenn wir es in der Umwelt von sozialen Systemen nun nicht mehr nur mit Bewusstseinssystemen, sondern auch mit Computern zu tun haben.
@Falk Busse „wenn wir es in der Umwelt von sozialen Systemen nun nicht mehr nur mit Bewusstseinssystemen, sondern auch mit Computern zu tun haben.“ Und was wären dann die interessanten Punkte, auf die zu achten wäre? Was würde sich heraustellen, wenn man feststellt, dass computergesteuerte Routinen ständig involviert sind? (Abgesehen von der Tatsache, dass es sich so verhält.) Ich frage dies mit Blick auf eine Überlegung, die ich bisher nur nebenbei gestreift habe, nämlich die Frage nach den Folgen der Zurechenbarkeit von Kommunikation, siehe dazu: „You must be a human“ und „Hirnbiologie, Robotik und Recht„
Offenbar spannt sich „das Feld, auf dem sich allerlei abspielt“ zwischen *zwei* Polen auf: dem Kontrollverlust und den Kontrollüberschuss durch das Internet bzw. vernetzte Computer. Ich denke, das Internet fungiert hier als eine doppelte Instanz: zum einen als eine neue (Medien)Technik, die etablierte soziale Systeme und menschliche Hirne durcheinanderbringt (also stört und fördert), und zum anderen als eine symbolische Manifestation dessen, was – unter anderem durch dieses – in Gang gekommen ist (was Baecker die neue Gesellschaft nennt). Man könnte es vielleicht auch mit Luhmann durch die Abwesenheit/Unmöglichkeit eines absoluten Beobachters (n-ter Ordnung) bestimmen – und damit einhergehend das notwendige Scheitern von Hierarchien angesichts der durch technische Vernetzung gesteigerten Komplexität. Um solche Komplexität zu bewältigen sollen uns (Menschen) zunehmend Computer helfen, etwa durch Simulationen oder automatische Routinen.
Die Frage der Zurechenbarkeit von Kommunikation stellt sich dann m.E. gar nicht mehr bzw. wird ihre Beantwortbarkeit ausgeschlossen. Den interessanten Punkt sehe ich hier weniger in klassischen bzw. „als ob“ face-to-face Kommunikationen nach dem Muster des Turing-Tests, sondern vor allen darin, dass ein Großteil der Kommunikationen im Internet von Maschinen ausgeht, verarbeitet und weiterverbreitet wird, wobei ein menschliches bzw. soziales Verstehen nur noch am Anfang und am Ende der Prozessketten möglich ist. Dazwischen ist Maschinen-Code, der zwar im Prinzip auch jederzeit „übersetzt“ werden könnte. Die Geschwindigkeit und Vernetzung der maschinellen Kommunikation entzieht dem faktischen Prozess aber einer immer mehr einer sozialen Kontrolle. Beispiel Börse: Wie oft heißt es, dass unerwartete Kurseinbrüche die Folgen einer Kettenreaktionen automatischer Verkaufssysteme (ergo: positiver Rückkopplungsschleifen) gewesen sein könnten. Hat es dafür schon einmal einen Beweis oder eine Widerlegung gegeben? (Würde mich wirklich interessieren!) Mit vernetzten Computern als Akteuren in sozialen Systemen bleibt der Kontrollüberschuss m.E. immer nur im Modus des „im Prinzip“ (ganz nach Webers Rationalisierungsthese). Was natürlich nicht heißt, dass trotzdem immer mehr Kontrollroutinen zu etablieren versucht werden – mit den entsprechenden Ungereimtheiten, Regeländerungen und Sublimierungen.
Ein weiterer interessanter Punkt sind m.E. symbolische Bewältigungsstrategien als apotropäische Kompensationshandlungen, die auf den erfahrenen bzw. immer mehr ins Bewußtssein rückenden Kontrollverlust reagieren. Ein typisches Beispiel dafür sind Verschwörungstheorien, denn sie imaginieren ja gerade den abwesenden absoluten Beobachter nicht nur als einen realen Beobachter, sondern als eine absolute Kontrollinstanz. Die wesentlich apotropäische Funktion von Verschwörungstheorien besteht in der ängstlichen Hoffnung der immer wieder zu bestätigenden Prämisse: Die Welt ist noch unter menschlicher Kontrolle und die Mechanismen dieser Kontrolle durchschaubar. Man kann also noch eine Geschichte (der Geschichte) erzählen. Mit Computern als Akteuren wird das wesentlich schwieriger – wobei Narrative, die mit „das Internet [Prädikat + Objekt]“ beginnen, bereits in diese Richtung gehen…
@stromgeist „wobei ein menschliches bzw. soziales Verstehen nur noch am Anfang und am Ende der Prozessketten möglich ist“ Also immer noch identifizierbare Kausalität?
„Die wesentlich apotropäische Funktion von Verschwörungstheorien besteht in der ängstlichen Hoffnung der immer wieder zu bestätigenden Prämisse: Die Welt ist noch unter menschlicher Kontrolle und die Mechanismen dieser Kontrolle durchschaubar.“
Was letztlich den Schluß nahelegt, dass der alles bestimmenden Gewalt des benennenden, bezeichnenden, unterscheidenden und damit beschwörenden Abwehr- und Bannzaubers gerade im Medium der Theorie am wenigsten zu entkommen ist. Wenn denn überhaupt irgendwo…Denn theoretische Erklärungen – untrennbar konstativ und performativ, deskriptiv und deklarativ ineins – sind (wie dieser Satz selbst auch) Abwehrzauber zur Erzeugung der Illusion von Kontrolle durch Bewußtmachung.
@Klaus Kusanowsky: Ich würde eher meinen, dass sich hier so etwas wie eine soziale Analogie zur Heisenbergschen Unschärferelation ergibt: Ort und Impuls der Ursachen lassen sich nicht gleichzeitig bestimmen. Man kann das Leben bzw. die Gesellschaft ja nicht anhalten, um die Gesamtsituation wie in einem Labor ›objektiv‹ zu untersuchen. Identifizierbar sind allenfalls bestimmte Momente und Sequenzen, die sich verknüpfen und zu einer Beschreibung des Realen verallgemeinern lassen.
@Günter Neuenfels: Insofern würde ich auch zustimmen, dass jeder Theorie ein apotropäisches Moment eingeschrieben ist. Im Unterschied zu Verschwörungstheorien würde ich aber sagen, dass wissenschaftliche Theorien auf der Möglichkeit der Falsifizierbarkeit bzw. einem reflektierten Kontingenzbewusstsein beruhen, dass ersteren grundsätzlich abgeht.
„Identifizierbar sind allenfalls bestimmte Momente und Sequenzen“ daran habe ich keinen Zweifel. Es geht mit meiner Nachfrage um die Identifizierbarkeit sozialer Kausalität um die Frage nach der Zurechenbarkeit von Kommunikation auf Menschen. Denn wenn, wie du schreibst, sich diese Frage gar nicht mehr stellt, warum sollte sich dann noch die Frage nach einer sozialen Kausalität stellen? (Zurückliegend: „Die Frage der Zurechenbarkeit von Kommunikation stellt sich dann m.E. gar nicht mehr bzw. wird ihre Beantwortbarkeit ausgeschlossen. „)
@Kusanowsky: Meine Aussage bezieht sich auf eine spezifische Konstellation und sollte nicht in diesem allgemeinen Sinne verallgemeinert werden. Worum es mir ging, ist die Computer-Computer-Kommunikation als eine Form oder ein Teil des Sozialen. Mein Beispiel waren automatische Handelssysteme an der Börse (vgl. z.B. http://bit.ly/ro6sON). Im Gegensatz zu der Turing-Situation kommt es hier nicht darauf an, ob man Computer- und Maschinen-Kommunikation noch unterscheiden kann (diese Frage wird sich in Bezug etwa auf Cyborgs o.ä. natürlich immer noch oder immer wieder stellen). Im Fall des Computerhandels sind die Kommunikationen beider ja bereits identisch („kaufen“/“verkaufen“) und die Adressaten der Kommunkation sind wiederum Maschinen. Von daher stellt sich die Frage hier also nicht mehr in der Weise, wie in dem Turing-Test als eine Frage der Zurechenbarkeit. (Auf den Turing-Test hatte ich Deine Äußerung jedenfalls bezogen. Vielleicht beruht darin aber auch ein gewisses Missverständnis.) Die Folgen dieser Computer-Computer-Kommunikationen haben allerdings eine „soziale Kausalität“, d.h. sie werden von Menschen gebaut und eingesetzt und ihre Kommunikationen haben wirtschaftliche und damit also wieder soziale Folgen.
„Die Folgen dieser Computer-Computer-Kommunikationen haben allerdings eine „soziale Kausalität“, d.h. sie werden von Menschen gebaut und eingesetzt“ – und damit bleibt auch immer die Zurechenbarkeit von Kommunikation auf Menschen erhalten. Was also wäre von einer #nextsociety zu erwarten? Wäre es nicht interessant, darüber nazudenken, dass in Erfahrung gebracht wird, dass soziale Realität eben nicht von Menschen ausgeht, weil man, wenn man sich um kausale Zurückrechnung bemühen will, nicht auf Computer verzichten kann, die sich ihrerseits in Interaktionen zwischen Computern einschalten; und sei es, dass ihre Aufgabe darin bestünde, andere Computer auszuschalten. Wenn also Computer sich gegenseitig ein- und ausschalten, ohne, dass Menschen noch eingreifen könnten, weil alles Eingreifen bedeutet, einen Computer einzuschalten, wäre dann nicht der Weg frei für das, was gegenwärtig theoretisch hilflos zum Thema „Künstliche Intelligenz“ diskutiert wird? Denn Versuche, künstliche Intelligenz zu erfinden sind etwa genauso hilfos wie die Versuche, ein Perpetuum Mobile einzuschalten. Alle Technik muss eine Kausalkette in Gang setzen, die einen Anfang kennt. Intelligenzfähiges Bewusstsein, das sich sinnverstehend auf sich selbst bezieht und nur dadurch zustande kommt, kennt aber keine zeitliche Ursache. Gleiches gilt auch für Kommunikation und für die soziale Realität, die sie erschafft. So bliebe für das Funktionieren einer KI nur übrig, dass sich Computer gegenseitig ein- und ausschalten, ohne, dass dieser Vorgang zu stoppen wäre. Und erst dann würde sich die Frage der Zurechenbarkeit von Kommunikaiton auf Menschen gar nicht mehr stellen, weil alle Kommunikaiton immer auch auf Computer zugerechnet werden muss, weil ohne Computer keine Kommunikation mehr möglich wäre.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Gedanken ganz verstanden habe, aber ich würde sagen dass die Vernetzung der Computer (und ihrer Kommunikation) bereits jetzt eine soziale Realität erschafft, die irrevesibel von dieser abhängig ist. Kasualität wird durch Vernetzung ja zu einem nichtlinearen Determinationszusammenhang. Deshalb wird die Vorstellung von Kausal“ketten“ m.E. als theoretische Reflexionsfigur obsolet. Denn ein Ereignis innerhalb des Netzes ist nicht mehr auf eine einzelne Ursache (den Anfang der Kette) zurückführbar. Als pragmatische Denkfigur bleibt sie wiederum unentbehrlich, um Sequenzen zu analysieren, Störgrößen zu identifizieren, Zurechnungen vorzunehmen, neue Akteure einzuschalten, etc. Mit dieser Spannung zurechtzukommen ist sicherlich ein grundlegendes Problem der #nextsociety (oder auch ein Grund ihrer Überforderung).
Ein weiteres Problem sehe ich tatsächlich auch darin, dass soziale Entscheidungen zunehmend von Computer-Kommunikation abhängig werden. Komplexität wird nicht einfach nur durch Unter- und Entscheidungen reduziert, sondern simuliert und berechnet. Auf solchen Berechnungen beruhende Entscheidungen stiften wiederum eine soziale Realität, z.B. eine bestimmte Energie-, Renten- und Sicherheitspolitik. Letztlich geschieht dies auch durch solche Großprojekte wie den LHC-Teilchenbeschleuniger, der mit einer Urknallsimulation das wissenschaftliche Weltbild legitimieren soll, das ja auch eine Bedingung der Möglichkeit moderner Politik ist.
Vielleicht muss man also von der Frage der Zurechenbarkeit auf einzelne Akteure (welcher Mensch? welche Maschine?) generell abstrahieren, weil sich die Computer und ihre Netze bereits jetzt nicht mehr abschalten lassen (wenn man es denn faktisch wollte und könnte), ohne dass die Netzwerkgesellschaft resp. nextsociety zusammenbrechen würde. Ob die vernetzten Rechner dadurch bereits etwas Intelligentes oder Intelligenz-Ähnliches sind, weiß ich nicht. Aber soziale Akteure sind sie dadurch in jedem Fall. Oder mit anderen Worten: Sie sind nicht mehr nur Umwelt, sondern Teil des Systems.
„Sie sind nicht mehr nur Umwelt, sondern Teil des Systems“ – eben dies wäre das zu Bezweifelnde. Ein Kommunikationssystem hat kein Anfang und kein Ende. Das schließt nicht aus, dass innerhalb eines Kommunikationsssystems Sequenzen gebildet werden können, durch die Anfang und Ende erkennbar werden, aber das geht nur, wenn weder Anfang noch Ende möglich sind. Denn jeder Anfang lässt die zu beantwortende Frage zu, was zuvor war und jedes Ende die Frage, was dann kommt. Entsprechend wäre ein Kommunikationssystem eine emergente Ordnung, die, um Sequenzbildung zu ermöglichen, selbst keine solche Sequenz ist, also weder Anfang noch Ende hat. Das heißt, dass weder Computer noch Menschen Teile dieses Systems sein können, weil sowohl Menschen als Computer als Sequenzen beschreibbar sind, die durch Anfang und Ende begrenzt werden. Auch besteht das Kommunikationssystem nicht aus einer Verkettung solcher Sequenzen, weil auch die Verkettung nur eine Sequenz ist, die in weitere Sequenzen gegliedert wäre. Eine nächste Gesellschaft müsste also Erfahrung bringen, dass sie keine Bestandsgarantien hat, die von Menschen oder Computern geliefert werden können. Aber das das wäre vielleicht nur die halbe Miete. Die andere Teil wäre die Frage wäre, ob dann noch überhaupt anschlussfähig von Gesellschaft gesprochen werden kann.
Zur Erläuterung des vorhergehenden Kommentars: Ein Perpetuum Mobile ist deshalb nicht möglich, weil es schon funktioniert: die Universum als ganzes ist ein Perpetuum Mobile, das den Energieerhaltungssatz einschließt. Man kann innerhalb eines solchen PM kein weiteres in Gang setzen, weil keine Sequenz angestoßen werden könnte, die sich unendlich fortsetzt; in einem Kreis findet sich keine Ecke, die ein Anfangspunkt. sein könnte. Analoges gilt für eine KI. Eine jede technische Apparatur findet ihren Anfang durch Einschalten, aber der daraus resultierende Prozess ist nicht unendlich. Intelligenz, die aus sich selbst heraus neues findet, müsste immer schon funktionieren, und zwar indem sie sich als emergente Ordnung auf sich selbst beziehen kann; und nur durch diese Selbstreferenz Neues ermöglicht, weil sie zwar selbst determiniert, aber nicht kausal funktioniert. Denn alle kausale Determinierung würde auf ein Ende zusteuern, das keiner erleben kann, weil ja am Ende nichts mehr funktioniert; auch kein Erleben. Man könnte also sagen: die künstliche Intelligenz funktioniert bereits; und zwar als sinnverstehende Systeme, die sich gegenseitig zur Umwelt haben.
@Kusanowsky: Worauf m. E. zu achten wäre? Dazu hole ich etwas aus:
Luhmann hatte Kommunikation noch als Synthese von Information, Mitteilung und Verstehen verstanden. Es könne sich nur Kommunikation an Kommunikation anschließen, wenn verstanden (=eine Veränderung von Bewusstseinszuständen erreicht) wird. Das ist bekannt. Hier ist das interessant, weil Luhmann damit ja implizit mindestens zwei Bewusstseine voraussetzt, die überhaupt erst verstehen können. Computer spielen in diesem Gedankengebilde noch gar keine Rolle, da sie nicht verstehen können. Sodass die Frage gestellt werden muss: Ist Luhmann’s Kommunikationsbegriff der „nächsten Gesellschaft“ angemessen? Sind damit einseitig bewußt operierende Kommunikationssysteme abbildbar? Ich denke, ja. Doch ich möchte mich nicht in begrifflichen Debatten verzetteln, sondern die Frage als Brille oder Suchmaske umformulieren: Ich finde es lohnend zu beobachten, wie Kommunikation fortgesetzt wird, obwohl man es (auch) mit Computern zu tun hat. Man könnte meinen, dass es doch schrecklich langweilig ist, sich mit Maschinen zu unterhalten. Wie kommt es, dass damals ELIZA wie heute Computerspiele (natürlich gibt es viel mehr Beispiele) in der Lage sind, uns so zu fesseln? Offensichtlich haben wir es mit Kommunikation zu tun (denn es finden Verstehensprozesse statt), doch ebenso offensichtlich ist, dass für das Gelingen von Kommunikation andere (oder einfach mehr?) Faktoren eine Rolle spielen.
Das sind natürlich sehr grundsätzliche Gedanken, aber wenn man diesen Faktoren auf die Schliche käme, könnte man, denke ich, erste Strukturmerkmale die nächste Gesellschaft ausmachen.
@Kusanowsky: „Ein Kommunikationssystem hat kein Anfang und kein Ende. … Das heißt, dass weder Computer noch Menschen Teile dieses Systems sein können, weil sowohl Menschen als Computer als Sequenzen beschreibbar sind, die durch Anfang und Ende begrenzt werden.“
Das scheint mir eine Frage der Definition zu sein, die dem Sprachspiel der Systemtheorie angemessen sein mag. Aber auch das lässt sich durchaus bezweifeln. Wenn Kommunikationssysteme beobachtbar sein sollen, müssen sie der Zeitlichkeit unterliegen. Dann aber haben auch sie ein Anfang und ein Ende. Oder sie sind nicht beobachtbar, also nur reine Theorie oder metaphysische Abstraktionen. Ich bin wirklich kein Luhmann-Experte (auch kein Systemtheoretiker), aber ich habe Luhmann immer so verstanden, dass er letzteres gerade ausschließen wollte („Es gibt Systeme“).
Weiterhin ließe sich bezweifeln, dass Menschen und Computer als Sequenzen beschreibbar sind. Ich stimme darin zu: das, was sie tun oder erleiden, ist sequentiell beschreibbar. Aber mit welcher Sequenz würde man beide abschließend beschrieben haben? Durch die vollständige Auflistung aller beobachtbaren Ereignisse zwischen Geburt und Tod bzw. Entwurf und Verschrottung?
Entweder scheint mir die absolute Unterscheidung also, so wie ich sie verstanden haben, entweder auf eine Art Positivismus hinauszulaufen, oder darauf, dass man nach den Existenzbedingungen von Systemen fragen können muss. Selbst, wenn sie emergente Phänomene sind, müssen sie doch irgendwann entstanden sein, und können also auch enden. Etwa, indem sie aus irgendeinem Grund kollabieren oder zu etwas ganz anderem werden. An sozialen System sollte das ja in den Prozessen der Differenzierung und Ent-Differenzierung beschreibbar sein, oder?
@stromgeist – das sind alles sehr berechtigte Einwände, die zu disktutieren mehr erfordert als nur einen oder mehrere Kommentare. Zur verkürzenden Erläuterung könnte man die Selbstreferenz der Kommunikation anführen. Das Ende einer Kommunikation kann man nicht beobachten, denn wenn die Kommunikation endet, dann endet sie; kann man aber ein Ende, mithin das Ende einer Sequenz beobachten, dann geht die Kommunikation weiter. Das heißt, dass Kommunikationssysteme in diesem Sinne nicht existieren, weil sie kein Ende haben; auch haben sie keine Zeit, unterliegen nicht der Zeitlichkeit und gerade das sind die notwendigen Ausgangbedingungen dafür, dass Existenz (Sein) und Zeit beobachtet werden können: weil ein Unterschied zwischen Unterscheidbarkeit und Nichtunterscheidbarkeit immer möglich ist. Daher überlege ich, woher die gegenteilige Auffassung stammen könnte, also die Annahme, dass das Modell, mit dem eine Wirklichkeit beschrieben wird, mit der Wirklichkeit dieses Modells identisch sein müsse, damit es haltbar wäre. Dass man also von Identität ausgeht und nicht von Differenz. Die Gründe dafür – so meine These – liegen in der Ausdifferenzierung der Dokumentform begründet, die eine Welt erfahrbar macht, die genauso sein sollte, wie das Schema, durch das sie beschreibbar wird.
@kusanowsky – es ist richtig: um Probleme dieser Art zu diskutieren sind Blogkommentare wohl nicht die richtige Dokumentform. Da ein Ende der Kommunikation indes nicht in Sicht ist, ergibt sich vielleicht an anderer Stelle die Gelegenheit auf eine differenzierte Fortsetzung. In diesem Sinne, mit besten Grüßen,
stromgeist
[…] zu „Es ist alles ganz einfach…“ 1Einer wichtigsten Gründe für die Ausbreitung der Trollkommunikation im Internet scheint mir in […]
[…] Das ist vielleicht nicht der entscheidende, aber ein sehr wichtiger Grund dafür, weshalb Universitätsprofessoren sich nicht so gern oder nur unter strengen Vorbehalten an Interkommunikation beteiligen. Denn sie setzen sich gleichsam ungeschützt der Störkommunikation aus und können sich nicht auf Sanktionierungen verlassen, die ihre Integrität im Voraus immer schon garantieren. Darum muss Internetkommunikation, insbesondere auch von systemtheoretischen Scholstikern entweder vermieden werden, oder, wenn doch akzeptabel, nur, wenn schon sicher gestellt ist, mit wem man es zu tun hat. Dies kann nur durch Organisationen, insbesondere durch staatliche Bürokratie geleistet werden, und nicht durch Internetanarchie. Denn die Bürokratie stellt durch Dokumentüberprüfungen als Zugangsvoruassetzung immer sicher, dass wiederauffindbare und damit sanktionierbare Adressen an der Kommunikation beteiligt sind. Das geht durch Internetkommunikaiton nicht so einfach. […]
„…dass die Vernetzung der Computer (und ihrer Kommunikation) bereits jetzt eine soziale Realität erschafft …“
Also: Vopas über Vopas !
Erstens: Was verstehst DU bitte unter REALITÄT (hier, in dieser Aussage)
Zweitens: Was verstehst du unter SOZIAL?
Drittens: was verstehst du unter einer SOZIALEN REALITÄT?
Viertens: Wie kommst du darauf, daß Computer „sozial“ agieren können? Bienen, Ameisen und Fische können das z.B., aber primitive Erschaffungen wie Computer, die geronnenen und in Blech gesperrten vergangenen Fertigkeiten von Mensch?
Baust du hier einen neuen religiösen Popanz „Götze Blechkiste“ auf?
Teppich, nicht Blechkiste, auf dem Teppich bleiben, der fliegt besser, als diese deine Überlegungen hier…
Soviel mal dazu, eventuell denkst du zu deinem Vorteil mal über diese Bemerkungen nach.
„Luhmann hatte Kommunikation noch als Synthese von Information, Mitteilung und Verstehen verstanden.“ –
Woher hast du das?
Kann man das so nachlesen?
Soweit ich weiß, hat er das genau eben nicht (verstanden)!
Oder hat er irgendwo gesagt, was denn Information sein soll, damit sie in diesem Sinne zur Mitteilung paßt und was beider Beziehung zu ihrem speziellen „öffentlichen Nahverkehrssystem“, der Kommunikation, genau sein soll?
Und wie ist das hiermit:
„Es könne sich nur Kommunikation an Kommunikation anschließen,“ – Sich? Wie das? Das kann wohl Kommunikation nicht. Das kann eventuell Mensch. Und schon ist die Aussage wertlos.
Und das:
„weil Luhmann damit ja implizit mindestens zwei Bewusstseine voraussetzt“ –
„zwei Bewusstseine“? Bitte was sollte das sein? Hat er das auch beschrieben?
Es würde, da ja auch „beschreibbar(?)“, schon reichen, wenn eines davon erst einmal beschrieben wird. Wo ist das nachzulesen?
Meister Luh operiert offenbar operational ziemlich geschlossen: Man kann nicht viel erkennen, wie z.B. hier: „einseitig bewußt operierende Kommunikationssysteme“ –
Es wäre zum Begreifen zuvor erforderlich:
Was ist „bewußt operierend“, „System“, „Kommunikation“, „Kommunikationssystem“ und „einseitig bewußt“ – danach bitte den Begriff oben wieder auf den Tisch, bis dahin ist das ein Schlagwort, das zum Schlagen nicht taugt, da zu „cremig“.
Denk mal nach über:
„Wie kommt es, dass damals ELIZA wie heute Computerspiele (natürlich gibt es viel mehr Beispiele) in der Lage sind, uns so zu fesseln?“ –
Bist du ernsthaft der Meinung, daß es „die Computerspiele“ sind, die dich fesseln?
Das ist nur geronnenes Gehirnschmalz von kreativen Leuten, die sich ihren Unterhalt verdienen müssen mit ihren Fähigkeiten, und die sind es, die (gekonnt vergegenständlicht), die allein dich fesseln, demnach menschliches Wirken und nicht „computer“ oder ihre „Spiele“.
Du sagst
„Offensichtlich haben wir es mit Kommunikation zu tun (denn es finden Verstehensprozesse statt)“ – Bitte was haben „Verstehensprozesse “ mit Kommunikation zu tun? Oder meinst du Decodierungen? Was sollte dann dabei von wem decodiert werden? Und wer kommuniziert da, der Computer oder das Spiel mit dir?
Und die
„nächste Gesellschaft“ würde ich einfach vergessen, wir haben jeden Tag eine andere, welch sollte davon gemeint sein?
Oder meinst du eine andere Struktur – oder andere Bestandteile – oder beides?
Das ist wie mit den Körperzellen in einem biologischen System: Von der Substanz, die du zu deiner Geburt hattest, existiert heute nicht eine einzige Zelle mehr, weil in einem dynamischen System sich ständig alles erneuert.
Gesellschaft ist solch ein dynamisches System, sie erneuert sich permanent in ihren Teilen und somit als Ganzes – dazu sollte man allerdings etwas über Systeme wissen, hat das niemand dem Luh erklärt?
Die „nächste Gesellschaft“ wird die unsrige sein, immer, das ist nur ein Marketingschlagwort, muß man nicht mit „kommunizieren“.
Empfehlung: Sich um die gegenwärtige Gesellschaft mühen, da kann man zuschauen, ob es wird …
„Aber soziale Akteure sind sie dadurch in jedem Fall. Oder mit anderen Worten: Sie sind nicht mehr nur Umwelt, sondern Teil des Systems.“ –
Ja, Ja, so ist das, wenn mann SYSTEM nicht exakt kennt und dann obige Feststellung trifft.
Bitte welches „System“ meinst du denn? Es sind alles Systeme – und Subsysteme.Auch „Umwelt“ ist nur System, entweder System oder Subsystem.
Soziale Systeme bestehen nur aus sozialen Akteuren (und den Strukturen ihrer Regeln usw.), und was ist das: Sozialer Akteur?
Vorschlag: Klären, was sozial ist, was Sozialakteur sein kann, und dann neu überlegen (das alte wegwerfen).
Am besten: Bei Kusanowsky mal „schonend“ saugen gehen, er sagt ja was dazu – bitte ernst nehmen.
Computer können weder Teil eines Sozialen Systems noch darin Akteur sein, das ist VulgärKybernetik oder Leiterplattismus.
@Kusanowsky / 9. Oktober 2011 17:42:
Kusanowsky zum Ausschneiden und Aufheben:
(und etwas klein-klein von Lusru dazu)
„Ein Perpetuum Mobile ist deshalb nicht möglich, weil es schon funktioniert: das Universum als ganzes ist ein Perpetuum Mobile, das den Energieerhaltungssatz einschließt“.
Es ist eben: Ein System aus Systemen, mit allen Merkmalen
„Intelligenz, die aus sich selbst heraus neues findet, müsste immer schon funktionieren, und zwar indem sie sich als emergente Ordnung auf sich selbst beziehen kann“
OK, das heißt: Kein Urknall, es war schon immer „alles“ da und wird es weiterhin sein.
(Wäre noch zu klären, was die Intelligenz systemtheoretisch nun ist, dann kann das evtl. so stimmen)
„Man könnte also sagen: die künstliche Intelligenz funktioniert bereits; und zwar als sinnverstehende Systeme, die sich gegenseitig zur Umwelt haben.“
Ja, besser: sollte man so sagen, es gibt keine (bekannte) Alternative dazu.
Ob es allerdings alles „Sinn“- verstehende Systeme sein müssen, bezweifele ich erheblich, da der Begriff „Verstehen“ aus einem anderen Kleiderschrank kommt (nämlich nicht nur „Sein“ sondern auch BewußtSein“ erfordert) und hier zu eng ist.
Es muß in / von einem System nicht Sinn „verstanden“ werden, es reicht, wenn Zustände erfaßt und ihre Unterschiede „kombiniert“ werden können, und das in vielfältiger Selbstorganisation, z.B. schließlich in Autopoiese.
Allein der Begriff „Künstliche Intelligenz“ ist nur ein taubes Schlagwort aus dem Marketingbereich bestimmter PopLit, da nach dieser obigen Sichtweise zum einen Intelligenz NIEMALS „künstlich“ sein kann und zum anderen in 2. Instanz stets nur das Produkt vorausgegangener „geronnener“ natürlicher sprich menschlicher Intelligenz ist, wie weit das auch gesammelt und komprimiert bzw. kombiniert wird.
„Wenn Kommunikationssysteme beobachtbar sein sollen, müssen sie der Zeitlichkeit unterliegen. Dann aber haben auch sie ein Anfang und ein Ende. Oder sie sind nicht beobachtbar, also nur reine Theorie oder metaphysische Abstraktionen. Ich bin wirklich kein Luhmann-Experte (auch kein Systemtheoretiker), aber ich habe Luhmann immer so verstanden, dass er letzteres gerade ausschließen wollte (“Es gibt Systeme”).“-
So ist das dann, wenn uklar mit dem Begriff System gewurschtelt wird, wie hier bei Luh.
Deine Frage ist stark verdächtig, berechtigt zu sein!
Es gibt ausreichende Systeme, auch Kommunikationssysteme, die gern auch auf Dauer auf „Beobachter“ verzichten können, zumindestens auf „soziale“ Beobachter. Nicht verzichten kann System auf die „Eigenbeobachtung“ und die „Beobachtung der Über-, unter- und nebengeordneten Systeme“.
Damit sind Systeme durch Systeme grundsätzlich beobachtbar, es ist so ihre Daseinsweise.
Ein System ENDET räumlich und zeitlich IMMER dort, wo ein anderes beginnt, es hat also Immer eine Grenze und damit Anfang und Ende, allerdings auch immer Schnittstellen zu den benachbarten und übergeordneten Systemen.
Gibt es das nicht, existiert das System nicht, es ist nicht identifizierbar, nicht mehr beobachtbar.
Wird auf ein System innerer oder äußerer Druck (oder andere Einflüsse) ausgeübt, entsteht Energie- oder Informationsengpaß, muß System mittels eigener oder zugeführter Energie selbständig Gegendruck erzeugen, gegensteuern, um die eigene Grenze und damit die eigene Identität nicht zu verlieren.
Ist der erzeugte Gegendruck bzw. Energie nicht ausreichend oder besteht Informationsstau (Sicherheitsproblem!), kommt es entweder zur Implosion oder zur Explosion des Systems in Abhängigkeit davon, von wo der Druck kommt und nicht kompensiert werden kann.
In beiden Fällen hat das System damit als das, was es war, ein räumliches und zeitliches Ende, verändert seine Identitäten zu einem neuen andersartigen System oder geht im übergeordneten oder benachbarten System spurlos auf oder „schluckt“ benachbarte Systeme zwecks Ressourcenergänzung und Neustrukturierung.
Ein „kleines“ Beispiel aus dem sozialen Bereich (Gesellschaft) dafür war z.B. die DDR als Staat und Gesellschaft:
Die inneren (eigenen) Ressourcen wurden aufgrund ungeheurer Aufwände für die Informationsbeschaffung, Verarbeitung, Speicherung und deren Verwaltung zur „Sicherung“ der eigenen Identitäten so sehr fehlgebunden, daß die normale Sicherung der weiteren Systemfunktionen zur Erhaltung und Entwicklung des Systems nicht mehr möglich war.
Innerer Druck konnte nicht kompensiert werden und aufgrund der „operationellen Geschlossenheit“ im Informationsbereich konnte kein normaler „Zufluß“ aus Nachbarsystemen erfolgen.
Der Druck auch von außen wurde unüberwindbar und überdeckte letztlich alles andere – Die DDR implodierte, fiel aufgrund der verloren gegangenen eigenen Identitäten in fast allen Bereichen und der informationellen „Verstopfung“ bis zum Stillstand und dadurch gestörten Selbstorganisation in sich zusammen, ermöglichte allen Kräften von innen und außen ohne Widerstand die für Implosionen typische chaotische Vereinnahmung.
Das ist das soziale Resultat eines zu lange (!) auf „operationeller informationeller Ebene geschlossenen sozialen Systems“ in Echtzeitbeobachtung: es muß (!) zugrunde gehen, sich in andere Systeme auflösen.
Ich denke mal, damit ist ausreichend Anregung gegeben, über eine Antwort auf die obige Eigangsfrage von Stromgeist
(„aber ich habe Luhmann immer so verstanden, dass er letzteres gerade ausschließen wollte (“Es gibt Systeme”).“-
und einiges mehr nach zu denken …