Internet und Zettelkasten, Fortsetzung
von Kusanowsky
Internet und Zettelkasten, Teil 1 vom 25.11.2012
Hier der Beitrag von hackr
Hier das Video über die das Projekt der Zettelkastenphilologie in Bielefeld
Internet und Zettelkasten, Teil 1 vom 25.11.2012
Hier der Beitrag von hackr
Hier das Video über die das Projekt der Zettelkastenphilologie in Bielefeld
lieben dank.
kl. anmerkung zum ’schwachpunkt‘ dass jeder zettel genau eine stelle braucht und ansonsten verloren wäre:
das ist eigentlich nur dann ein schwachpunkt, wenn man einerseits ‚vollständigkeit‘ sucht (die sicherlich nicht notwendig ist, dann fehlt halt der passende verweis zu einem obskuren aufsatz von shannon und weaver… – nur war luhmann offensichtlich ungewöhnlich akribisch oder wollte nichts prozessierte ungenützt lassen) und es andererseits zu ‚teuer‘ ist, den kasten periodisch zu sortieren.
(der sortieralgorithmus ist trivial, man geht den kasten einfach von anfang bis ende durch und sortiert etwaige falsch eingeordnete zettel am richtigen platz ein).
die mit dem internet eingeführten komplikationen (zettel können verdoppelt, modifiziert, falsch kombiniert, falsch zitiert, etc. werden, sie können verschwinden, sie können von jedem erzeugt werden und sind also nicht mehr bürokratisch abgesichert) beschreibst du dann sehr schön – da vl. nur eine vermutung, nämlich dass sich die ‚autorität‘ resp. das ‚vertrauen‘ via indizes wieder einschleicht, wobei diese indizes mitunter auch verschiedene ’sichten‘ auf die gleichen zettel werfen können, es ihnen andererseits aber auch gänzlich egal ist, auf welchem server ein zettel wirklich liegt (solange er via URL erreichbar ist). wobei für die natürlich die frage sein wird, wie und entlang welcher achsen sie ‚bewertbar‘ werden.
„das ist eigentlich nur dann ein schwachpunkt, wenn man einerseits ‘vollständigkeit’ sucht … und es andererseits zu ‘teuer’ ist, den kasten periodisch zu sortieren.“
In Luhmanns Zettelkastne hat jeder Zettel einen bestimmmten Platz. Auf den Zettel 32/5g-2 folgten die Zettel 32/5g-3 und 32/5g-4 usw. Wenn in der Zettelreihe diese Folge gefunden wird 32/5g-1 / 32/5g-2 / 32/5g-4, dann weiß man dass der Zettel 32/5g-3 entweder nicht angelegt oder verlegt wurde und ist unauffindbar. Das gilt wenn folgende Reihe gefunden wird 32/5g-1 / 32/5g-2 / 32/5g-3 / 32/5h nicht. Ob ein 32/5g-4 angelegt oder verlegt wurde, ist nicht erkennbar, weil die Reihe auf der nächst höheren Gliederungsebene weiter geht. Der Zettel 32/5g-4 wird in diesem Fall nicht vermisst, es gibt ihn schlicht gar. Es sei denn, dass er durch Zufall gefunden würde. Das heißt: im ersten Fall ergibt aus der Ordnung der Reihe, aus der Linearität, dass ein Zettel fehlt, im zweiten Fall ergibt sich keine Störung der Ordnung und dann auch keine Vermisstenbeobachtung.
Tatsächlich wäre eine jährliche Komplettrevision des Zettelkasten algorithmisch sehr einfach, ökonomisch aber nicht durchführbar und wird theoretisch gar nicht gebraucht, weil die Menge fehlenden Zettel im Verhältnis zu den zuverlässig auffindbaren sehr gering ist. Das würde sich allerdings ändern, wenn mehrere Laute diesen Zettelkasten benutzen würden. Aber diesen Leute können nichts zur ökonomisch Rentabilität eines solchen Projekts beitragen. Aus diesem Grunde ist das Zettelkastenverfahren von Luhmann ein Verfahren, dass Genailität beobachtbar macht. Das wird in dem Video über die Zettelkastenphilologie deutlich. Darin heißt es, dass man gar nicht genau weiß, wie Luhmann es gemacht hat, wie Luhmann nur soviel Text prodzieren konnte, wenn es doch so umständlich war. Dass es aber gar nicht umständlich war, sondern dass Luhmann Zettelinformationen redundant angelegt hat, ist als Überlegung nicht so gut geeignet, weil damit das Genie-Konzept zusammenbrechen würde. Gäbe es irgendein Messverfahren, mit dem man die Entropie messen, dann würde man feststellen, dass sie sehr hoch ist. Und dass wiederum erklärt, warum das des Zettelkastens sehr einfach war. Aber: Luhmanns Zettelkasten war zwar an sozialem Handeln orientiert, aber war selbst kein soziales Medium. Auch ein Grund für die Genie-Vermutung. Man kennt den Zauberverkehr der Kommunikation nicht und meint, eine Genie gedacht und gehandelt. Das Genie ist nur das, was beobacthbarwird, wenn die Zauberei der Kommunikation unbeobachtbar bleibt. Dies gelingt durch Unterdrückung, Marginalisierung, Aussperrung oder Bagatellisierung des Zufalls. Eben dies gelingt durch die Macht der Organisation. Deshalb nennt Luhmann die fixe Stelle eines jeden Zettels eine Schwachpunkt. Der Schwachpunkti ist die Macht, die gebraucht wird, um das soziale Geschehen zu verdecken.
Wenn wir nun einen kollaborative Zettelkasten haben, der nicht mehr aus beweglichen Datensätzen (Dokumente oder dokumentarische Bezugsheinheiten) besteht, dann gibt es das Problem der fixen Stelle nicht mehr. Weil jeder Nutzer mit jeder Weitergabe eines Zettels nur eine Kopie verschicken würde, ohne damit zugleich jedem anderen einen Zugriff auf die eigene Datensammlung zu gestatten. Genau das funktioniert bei Twitter. Alle meine Follower erhalten meine Datensätze, aber keinen einen Zugang zu meinem Account. Keiner kann die Datensammlung eines anderen durcheinander bringen. Aber das Interessante wäre die Kommunikation der Datensätze, nicht ein individueller Bestand. Diese Kommunikation ist von enorm hoher Entropie geprägt.
Diese Entropie wäre gleichsam das soziale Medium der Kommunikation auf digitaler Operationsbasis.