Dass sich #Soziologie auch lohnen muss … @DGSoziologie #wissenschaft
von Kusanowsky
Im SozBlog der Deutschen Gesellschaft für Soziologie hat Jo Reichertz einen sehr bemerkenswerten Artikel veröffentlich zu der Frage, ob und wie der Belohnungsverfahren in die Wissenschaft eingeführt werden könnten, die dafür sorgen, dass Blogschreiben auch für die Soziologie attraktiv werden könnte:
Es fragt sich erst einmal, wie sich die Kultur (und das Gratifikationssystem) der Soziologie ändern müssten, damit sich Bloggen für Soziologen/innen lohnt und wie sich solche Änderungen herbeiführen lassen. Nur wenn man ‚Gewinne’ plausibel machen kann oder besser: wenn diese Gewinne für Blogger/innen und auch für Leser/innen praktisch erfahrbar sind, wird sich (vielleicht) auch die Kultur der Soziologie ändern.
Mein Kommentar dazu, der dort erst verspätet frei geschaltet wurde:
Die Erfolge der modernen Wissenschaft beruhten insbesondere im 18. Jahrhundert auf der Maxime, das Gute auch dann zu tun, wenn man dafür nicht belohnt wird. Das Gute, um das es ging, waren die Bemühungen um Aufklärung, die um so relevanter wurden, da allenthalben die Klage über die feudale Fürstenwillkür so groß geworden war, dass kritische Geister seiner Zeit schon trotzig, ja beinhame selbstbewusst mitteilen konnten, für vernünftige Vorschläge bestraft worden zu sein.
Nachdem die Wisssenschaft sich diese Erfolgsgrundlage durch die Bürokratisierung im Laufe des späten 19. Jahrhunderts selbst entzogen hatte, gilt nunmehr, aufgrund der Intransparenz des bürokratischen Apparates, dass man nichts Gutes mehr tun kann, es sei denn, man wird dafür belohnt. Es muss sich lohnen, sonst geht auch in der Wissenschaft nichts.
Kein Wunder also, dass Unternehmensberater an den Universiäten eindringen und den ganzen Betrieb unter ökonomischen Effizienzienkriterien aufmischen, um zu versuchen, eine leistungsgerechte Evaluation der Wissenschaft zu installieren.
Es handelt sich dabei um eine Fortschrittsentwicklung, um eine Entzauberung der sog. Aufklärung. Da über Wissenschaftlichkeit kaum noch geurteilt werden kann, aufgrund des Risikos, bei negativem Urteil in unhaltbare und undurchschaubare Diskussionen, Intrigen und Karriereblockaden verwickelt zu werden, wird der Code der Wissenschaftlicheit durch den Code der Reputation ersetzt.
http://www.soziale-systeme.ch/hefte/2010_2_zus.htm
Das zeigt auch, dass diese bislang überführten Plagiatoren, eigentlich gar nicht aus dem Rahmen fallen. Plagiieren ist zwar nicht erlaubt, aber effizient und könnte sich angesichts der Intransparenz lohnen. Und gerade das Internet sorgt nun für die Aufdeckung dieses berechnenden Prinzips.
Und warum sollte das Internet nur in dieser Hinsicht die berechnenden Beurteilungsweisen von Wissenschaft aufdecken können? Denn Wissenschaftlichkeit wird in diesen Plagiatsaffären auf die Frage des richtigen und falschen Zitierens reduziert, alles andere lässt sich überhaupt nicht kommunizieren, schon gar nicht die die Rede von der “guten wissenschaftlichen Arbeitsweise”, weil niemand mehr erklären kann, worin das Gute besteht, es denn – wie gesagt – man würde dafür belohnt.
So ist es eine durchaus erfreuliche Entwicklung, wenn nunmehr ungeschönt und (wenn ich so formulieren darf) ganz unverschämt die Frage nach der Belohnung aufgeworfen wird. Wenn nun auch in der Wissenschaft akzeptiert wird, dass sich Wissenschaft lohnen müsse, dann kann nicht mehr gut die Einsicht verhindert werden, dass sie sich nicht nur für Wissenschaftler lohnen müsse, sondern auch für den Staat, die Gesellschaft, die Wirtschaft, den Steuerzahler usw.
Und wenn die Frage so gestellt werden kann, dann könnte sie auch verneinend beantwortet werden. Oder es kommt zu einer Differenzierung, die besagen könnte: eine bürokratisch gemaßregelte Wisenschaft lohnt sich eigentlich nicht. Man müsste dann Wege finden, Wissenschaft kostengünstiger ohne Bürokratie zu betreiben.
https://differentia.wordpress.com/2013/01/11/vroniplag/
Aber das wäre wiederum eine Frage der Forschung. Wie könnte Wissenschaft auch ohne Büroktraie funktionieren? Niemand weiß es, aber niemand kann das erforschen, weil, nunja, niemand dafür belohnt wird.
Insofern haben die in dem Artikel aufgeworfenen Überlegungen einen aufklärerischen, entzaubernden, illusionslosen und nüchternen Charakter.
Ohne Blogartikel dürfte es etwas schwerer sein, solche Überlegungen überhaupt zu verbreiten.
@Kusanowsky: „Man müsste dann Wege finden, Wissenschaft kostengünstiger ohne Bürokratie zu betreiben.“ Wenn Fühlen zum Denken gehört, dann denke ich gefühlt, sozusagen im Bauch, wie man so sagt, genau hier liegt der Hund begraben. Ich will versuchen, ihn zum Bellen zu bringen, und zwar mit Hilfe nur mäßig gezügelter Assoziologie, auf die Gefahr hin, für paranoid eingestuft zu werden oder selbst paranoide Anwürfe auf mich zu ziehen:
Ausgehen möchte ich von der sich immer mehr ausbreitenden und in immer mehr Köpfen verfestigenden schönen sozialen, fast sozialistischen, gewiss aber solidarischen Idee des BGE, des bedingungslosen Grundeinkommens:
Bitte, liebe Leserin, gehen sie mutig und gelassen davon aus, das BGE sein bereits eingeführt, jedermann sei es zufrieden, jeder tut das, was er am besten kann und versucht auf diese Weise, das an sich durchaus für ein faules Leben ausreichende Grundeinkommen auf diese angenehme Weise zu erhöhen. Mit ein wenig Phantasie, mit einem Gran Geduld und unter Ausnutzung aller ja immer irgendwie und irgendwo bestehenden privaten Netzwerke soll also ein jeder den Ort im Gesamtsystem gefunden haben, wo alle froh sind, dass er jeweils gerade an diesem Ort tätig wird und all sein Können für gutes Zusatzgeld der für alles bedürftigen Gesellschaft zu Verfügung zu stellen.
Wenn bei dieser Basissachlage die universitäre und akademische unnütze und somit überflüssige Bürokratie verschwunden ist, dann haben zunächst einmal auch alle Professoren, alle fest etablierten Assistenten, alle Doktores und Doktoranden und selbstverständlich ja auch alle Studenten das ihnen zustehende BGE. Damit sie alle sich nun forschend und findend in Bewegung setzen, werden nun für eine jede Problemstellung, genauer: für die erfolgreiche Lösung einer solchen Problemstellung persönliche Belohnungen ausgesetzt: Geld dazu wäre ja vorhanden aus dem Topf der eingesparten Bürokratie. Es wird also für Forschung und für die Organisation neuer Methoden eine klar definierte und jedermann bekannte Prämie ausgesetzt. Der Wettlauf, die wahre und ethisch einwandfreie Konkurrenz kann beginnen. Die besten Köpfe werden anfangen zu rauchen, man wird schnell finden was man sucht, denn es locken ja gewaltige Prämien.
Ich denke, an dieser Stelle kann ich zunächst einmal ganz ruhig aufhören, mir und Ihnen hier weitere Details dieser – wie ich meine – geradezu genialen Lösung für das Lösen auszumalen. Dass kann nun ein jeder auf seine Weise für sich weiterspinnen.
Bin gespannt. wie die science Community diesen Gedanken aufnimmt und konstruktiv, plausibel und weiterhin anschlussfähig auf konsistente, kohärente und konkludente Art und Weise hier anzuschliessen in der Lage sein wird.
Rudi K. Sander alias dieterbohrer aka @rudolfanders aus Bad Schwalbach
Das ist ein hübscher Einwand. Der Einwand bezieht sich beobachtbarer Weise darauf, dass ohne diese Verwechselung eine Anschlussfindung soziologischer Kommunikationen an Internetkommunkationen gar nicht oder nur schwer gelingen kann.
Diese Soziologie, wie übrigens alle anderen Fachwissenschaften auch, braucht spezifische Fortsetzungsbedingungen, die insbesondere durch die Intransparenz eines Karrierenetzwerkes gegeben sind. Karriernetzwerke machen Gefälligkeiten erwartbar und vermeidbar. Beides strukturiert die Ermutigung zur Fortsetzung der Kommunikation auch dann, wenn die Kontingenz der Leitdifferenz beinahe vollständig entfaltet ist. Wenn „Wissen“ immer leichter zu erfassen, zu berurteilen ist, dann muss immer noch irgendetwas übrig bleiben, durch das immer noch Engpässe entstehen, für die es sich lohnt, die beobachtbare Kontingenz mit Hoffnungen zu belasten. Was könnte das sein, wenn nicht Karrieren, Reputation, allgemein: bessere Chancen zur Vergesellschaftung?
Das Interessante ist doch. dass diese Konkurrenzkämpfe um bessere Chancen nur von den allerwenigsten gewonnen werden können. Die allermeisten werden exkludiert und wurden bislang in die publizistische Sprachlosigkeit entlassen.
Das kann sich jetzt ändern, aber diese Änderung wird nicht von denen zuerst vollzogen, die nach altbekanntem Muster ihre Schäflein ins Trockene gebracht haben, sondern von Pionieren und von Anfängern.
Hat dies auf Der blog fuhriello macht das Fuhrwerk bekannt rebloggt.