Störung von Stimmung und Ablauf #internetkommunikation

zurück zu Tricksen, täuschen, stören: Betrachtungen zur Internetkommunikation

Die Störkommunikation des Internets zeigt sich nicht als Störung durch Trolle, schon gar nicht durch Personen oder als Beobachtung von digitalem Schrift- und Bildmaterial, aus dem hervorgeht, dass die Beteiligten konfliktuell in Kommunikation verstrickt sind. Die Störkommunikation scheint vor allem durch die Unterscheidung von Stimmung und Ablauf erkennbar zu sein.
Im Lauf ihrer Entwicklung hatte die moderne Gesellschaft gelernt, auf Unruhe und Störung von Stimmungen durch ihre Funktionalisierung zu reagieren, indem sie die Abläufe entwickelte, die ihre Zuständigkeit für die Betreuung von Stimmungsstörungen erklärten. Der wichtigste, vielleicht entscheidenste Schritt war das Zugeständnis demokratischer Freiheit. Die Legitimation des Staates gelang durch eine Selbstunterwerfung des Staates unter seine nicht mehr aufzulösenden Widersprüche. Das Recht auf Herrschaft wurde wieder legitim, indem es niemand mehr hatte. Das setzte nicht die staatliche Gewalt außer Kraft, sondern überließ ihre Inanspruchnahme allen Bürgern, sofern diese wiederum die so begründete Legitimation akzeptierten. Daraus entwickelten sich hoch komplexe Abläufe, deren störungsfreier Ablauf nur an wenigen Bruchstellen gefährdet war. Man denke dabei an die Terrorismusbekämpfung der 1970er Jahre, die deutlich machte, dass die Abläufe der Terrorbekämpfung in der Weise geregelt werden mussten, indem Abläufe der Staatslegitimation, also rechtsstaatliche Garantieen, wenn nicht außer Kraft gesetzt wurden, so doch fraglich werden durften. Aber auch darüber konnte noch offen diskutiert werden, was zeigte, dass trotz dieser Krisenszenarien die Abläufe, die auf Störkommunikation eingerichtet waren, enorm störungsfrei abliefen.

Mit diesem Beispiel kann aber auch gezeigt werden, woran dieser Terrorismus scheiterte. Dieser Terrorismus war ein Zupsitzungs- und Übertreibungsphänomen, und vielleicht könnte man dies für alle faschistischen Tendenzen generell erwägen, ein Phänomen, das sich zeigen musste, weil die Abläufe, auch die Abläufe des Kritisierens und Protestierens, auf Störung von Stimmung eingerichtet waren, weshalb notwendig die Verbreitung von Angst und Schrecken, ein, wenn nicht schöner, so doch im Eskalationsprozess der Stimmungsstörung notwendiger Schritt war, solange die Grenzen der Haltbarkeit dieser Abläufe noch nicht getest sind. (Der neuere Netzwerk-Terrorismus ist in dieser Hinsicht von anderer Art, weil er nicht nur die Stimmung stört. Man denke dabei an die sogenannte „asymmetrische Kriegsführung, Herfried Münkler).
Solange es also immer nur dabei blieb, dass Stimmung gestört wurde, solange konnten sich auch soziale Immunsysteme trainieren, indem sie auf Stimmungsstörung mit weiterer Stimmungsstörung reagierten. Die so ablaufende Kommunikation verlief relativ störungsfrei, weil alles, was sich ereignete, durch bekannte Unterscheidungsroutinen gedeckt war.

Für die Internetkommunikation dürfte das selbe nicht mehr gelten. Die Störung von Abläufen erweist sich als dämonisch, als unvorhersehbar und durch keine bekannte Unterscheidungsroutine gedeckt. Das heißt nicht, dass brauchbare Unterscheidungen unmöglich wären, sondern nur, dass sich noch keine Routinen in der Anwendung von Unterscheidung herauskristallisiert haben. Ich vermute daher, dass die Intenetkommunikation eine Form von Störkommunikation möglich macht, die bekannte Abläufe stört ohne auch Stimmung stören zu müssen, was insbesondere daher kommt, dass bei Internetkommunikation der Unterschied von Anwesenheit und Abwesenheit nicht eindeutig ist. Denn die Störung von Stimmung ist mindestens auf die soziale Beobachtbarkeit von Affekten und die Erreichbarkeit von Menschen angewiesen, auf welche die Stimmung zugerechnet, durch welche sie als verursacht angesehen wird.
Fortsetzung folgt