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Tag: Hypertext

Ramellis Bücherrad und Roussels Lesemaschine

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Bei Wikipedia findet man zum Stichwort Lesemaschine:

Ramellis Bücherrad ist eine Lesemaschine von Agostino Ramelli aus dem 16. Jahrhundert, die er in seinem Buch Le diverse et artificiose machine beschreibt.

Es handelt sich dabei um ein rotierendes Lesepult, das das nicht-sequentielle Lesen von etwa zwölf Folianten erlaubt. Die einzelnen Bücher befinden sich auf jeweils eigenen Pulten, zwischen denen durch einen Drehmechanismus gewechselt werden kann, so dass die Bücher „nicht fallen, genau so liegen bleiben, wie sie hingelegt worden sind, sie bleiben immer im gleichen Zustand und wann immer der Leser es wünscht, erscheinen sie so, ohne dass sie irgendwie angebunden oder befestigt werden müssen“.

Ob dieses Bücherrad jemals genutzt wurde, ist nicht bekannt; ein ähnliches Bücherrad findet sich allerdings in der Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel. Auch im Museum ‚Altes Zollhaus‘ in Hitzacker befindet sich ein ähnliches Bücherrad.

Die Lesehilfe bildet konzeptionell einen Vorläufer des modernen Hypertext-Konzepts, da das Verfolgen von Querverweisen und die Parallel-Lektüre mehrerer Bücher zumindest ansatzweise mechanisiert bzw. automatisiert wird.

Roussels Lesemaschine ist eine mechanische Lesemaschine, die Raymond Roussel in den 1930er Jahren als Lesehilfe für seine verschachtelten Texte entwickelte.

Bei seiner Lesemaschine ist der Text auf verschiedene Zettel wie bei einem Rundregister aufgebracht, wobei der obere Rand je nach Verschachtelungsgrad mit einer bestimmten Farbe gekennzeichnet ist. Zwischen den Zetteln wechselt der Leser mit einer Kurbel, so dass er die farblich als zusammenhängend gekennzeichneten Textteile gesondert lesen kann.

Roussel stellte seinem Verleger eine solche Lesemaschine 1932 vor, dieser lehnte es jedoch ab, sie herstellen zu lassen. Der Öffentlichkeit wurde die Roussel-Lesemaschine erstmals 1937 in einer Ausstellung präsentiert.

Siehe dazu auch: Die Simulation von Text- und Bilddokumenten im WWW 1

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Die Simulation von Text- und Bilddokumenten im WWW 2

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Tatsächlich beginnt die Beobachtung von Schrift unter den Bedingungen des Hypertextes Eigenschaften und Aspekte in sich aufzunehmen, die man traditionell Bildern zugeordnet hat. So ist das Lesen und Schreiben im World Wide Web von der visuellen Gestaltung, Performanz und ästhetischen Organisation bildhaft arrangierter Schriftzeichen nicht zu trennen. Ein Hypertext setzt sich aus fragmenntarisierten Texten zusammen, die durch Verschiebung auf andere Kontexte eine in sich sinnvolle Szene darstellen und zugleich signifikante Übergänge in andere Szenen und Kontexte anbieten, zu denen relevante Verweise bestehen. Die Situierung des Textes, die taktile Auszeichnung einzelner Zeichenkomplexe als anklickbare Links, die variabel gestaltbare Struktur des Texthintergrundes oder die Möglichkeiten, Buchstaben in Bewegung zu setzen und in graphische Szenen einzubetten – das alles sind Aspekte dessen, was hier zusammenfassend als Simulation von Textdokumenten bezeichnet wird.
Mit einer an das dokumentarische Beobachtungschema orientierten Unterscheidung von Hypertextualität und dem Virtualität könnte man außerdem die Möglichkeit einer medienspezifischen Transformation im Arrangement der Zeichen kaum noch verstehen. Einer solchen Unterscheidung zufolge zeichnet sich das Hypertextuelle durch den Vorrang der Schrift aus und das Virtuelle durch die Dominanz von Bildern. Mit der Enfaltung des World Wide Web entstehen aber zwischen Schrift und Bild komplexe Verflechtungsverhältnisse, die möglicherweise immer noch – gerade durch ihre konkurrente Koexistenz – als unterschiedliche Zeichensysteme erkennbar bleiben, indem sie miteinander um Aufmerksamkeitsrelevanz im Simulationsraum des vernetzten Computers kämpfen und so in ihren internen Basisbestimmungen unverändert bleiben. Natürlich ist dabei der Unterschied zwischen Hypertextualität und Virtualität nicht gleichzusetzen mit dem Unterschied von Schrift und Bildern. Anderseits aber bleibt doch festzustellen, dass selbst in Fällen, in denen Bilder etwa in Multimediapräsentationen als Zeichen fungieren, diese so beobachtbaren Zeichen immer noch als Zeichen erkennbar bleiben.
Auffällig ist dabei nur, dass die unter analogen Medienbedingungen eingespielte Evidenz der traditionellen Bedeutung von Begriffen wie Bild und Schrift relativert werden müssen, um die sich vollziehenden Veränderungen erklärbar machen zu können. Denn durch die Simulationsverfahren entstehenden Möglichkeiten der Verbildlichung von Schrift kommt noch eine zweite, die umgekehrte Möglichkeit in Betracht, die der Verschriftlichung des Bildes.
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