Differentia

Tag: Anonymität

Vortrag: Vom Adressbüro zur Suchmaschine #kzu

Hier findet man den Link zum Redemanuskript eines Vortrags, den ich am 16.09.20119 im Bamberg bei dieser Tagung gehalten habe.

Es geht in diesem Vortrag um das Thema Kommunikation zwischen Unbekannten. Anlass für die Themenwahl war, dass es in der Wissenschaft zulässig geworden ist, Maschinen und Büros zu verwechseln (1) und zu behaupten, dass es „Suchmaschinen“ seit dem frühen 17. Jahrhunderts gibt. Das stimmt natürlich nicht. Aber es kann sein, dass solche Feinheiten in der Wissenschaft keine Rolle mehr spielen.


(1) So bei Tantner, Anton: Die ersten Suchmaschinen. Adressbüros, Fragämter, Intelligenz-Comptoirs. Berlin 2014. Mir kam beim Nachdenken über diese Art des Verwechselns die Idee, ob man Dinosaurierer mit Ungeheuern verwechseln könnte um dann zu behaupten, Dinosaurierer und ihre Erforschung gibt es seit der Antike.

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Gibt es ein Medium für #kzu? 5

zurück / Fortsetzung:

Für die moderne Gesellschaft – und nur für sie – konnte die Tatsache relevant werden, dass Menschen die entscheidende Voraussetzung für das Gelingen von Gesellschaft sind. Man kann sehen, dass Menschen handeln. Und sonst sieht man angeblich nichts, jedenfalls nichts, das sich in einer sozialen Situation einmischen könnte. Daraus folgt, dass man, wenn man so fragt, so beobachtet, wenn man eine solche Problemsituation ernst nimmt, auf einmal nicht mehr wissen kann, was der Mensch eigentlich ist, weil die überlieferten Antworten auf diese Frage obsolet werden. Denn die alte Gesellschaft hätte es für ganz und gar abwegig gehalten, dass so etwas Debiles wie der Mensch, irgendetwas Entscheidendes zum Gelingen einer Welt des Zusammenlebens beitragen könnte,  weshalb sie folglich, wenn die Frage nach dem Wesen des Menschen gestellt wurde, ganz andere Antworten gefunden hatte; Antworten, die später nicht mehr einleuchten konnten, was zuerst daran lag, dass die alte Gesellschaft im ganzen nicht mehr einleuchtete. Die alte Gesellschaft hatte sich selbst längst schon ruiniert, aber heteroclitisch entfaltet. Sie hatte sich durch ihre Heteroclitizität erhalten und sich damit als nützliches Medium erwiesen, auf dessen Boden eine neue Gesellschaft wachsen konnte. Oder, wie Hegel gesagt hätte: sie hat sich aufgehoben.

Wenn nun die erlebare Welt nicht mehr durch Gottes Fügung erklärbar ist, sondern ein Menschenwerk sei, dann stellt sich ganz von selbst die Frage, was der Mensch denn ist, und später: wie macht er das, was er da macht und warum? Mit einer solchen Art des Fragenstellens sind viele Wissenschaften entstanden,  darunter auch Soziologie und Psychologie, die beide die Frage stellen konnten: Wer bin ich? – Wer bist du? Nebst hoffnungerweckenden Aussichten darauf, dass die fortwährende Vergewisserung über die Antworten, also eine politische Zoologie, eine artgerechte Menschenhaltung garantieren würde.

So ist etwa die ganze Habitusforschung der Soziologie der sehr aufwändige, aber letztlich doch erfolglose Versuch, die fortwährenden Maskenspiele der Menschen zu dechiffrieren, erfolglos deshalb, weil das theoretische Programm dieser Forschung, ihr Paradigma, das einer Gesellschaft ist und nicht zuerst das einer Wissenschaft, noch weniger zuerst das von Menschen. Mensch kümmern sich nicht zuerst um die Probleme der Gesellschaft, noch weniger um die der Soziologie. Welchen Erfolg könnte eine Habitusforschung also haben?

Wer bin ich? – Wer bist du? Müßten die Antworten auf diese Fragen irgendeine Garantie haben, gäbe es keinen wirklich überzeugenden Grund mehr, sich weiterhin für das Geschäft der Gesellschaft zu engagieren.

Fortsetzung folgt

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