Überzeugung und Besserwisserei
Wie kann es sein, dass ich von etwas überzeugt bin, obwohl ich das, wovon ich überzeugt bin, gar nicht besser wissen kann als diejenigen, die anderer Meinung sind oder die vielleicht vom genauen Gegenteil überzeugt sind, ja, die sogar Beweise dafür haben, dass ich mich irren könnte? Warum lasse ich eine Überzeugung auch dann nicht so leicht fallen, wenn es einleuchtende Gegenargumente gibt? Das hat nichts mit Sturheit zu tun oder mit Besserwisserei, sondern mit Ordnung. Ich will das an einem Beispiel erklären:
Warum bin ich eigentlich davon überzeugt, dass es keine Außerirdischen gibt, die mit UFOs die Erde besuchen? Die naive Antwort würde lautet, dass es dafür keine überzeugenden Beweise gäbe. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Es gibt nämlich keinen überzeugenden Grund, die Menge der Beweise, Sichtungen von UFOs, Fotografien, Videoaufnahmen, Augenzeugenberichte, Prüfungen, Recherchen, Forschungen und was es alles mehr geben mag, mit einem Handstreich vom Tisch zu fegen. Es ist nämlich ein ziemlich ermüdendes Geschäft, all das nur als Täuschungen, Manipulationen, Verrücktheiten, Verschwörungen, Irrtümer oder Dummheiten zurück zu weisen. Und die Erfahrung spricht dafür, dass diese Zurückweisung von Beweisen gar nicht dazu führt, die Beweisproduktion aufzuhalten. Im Gegenteil ist es so, dass immer mehr davon kommuniziert wird, je emsiger versucht wird, dagegen zu halten, was daran liegt, dass auch die Beweise zur Entkräftung von anderen Beweisen gar nicht einwandfrei sind.
Auch lässt die Vielzahl der Beweise gar nicht den Schluss zu, dass sie falsch sind. Vielmehr kommt man auf einen anderen Gedanken, wenn man die Überlegung zulässt, dass sie richtig sein könnten. Denn dann stellt sich die Frage nach der Genauigkeit der Informationen, ihrer differenzierbarkeit, also nach ihrer Ordnungsfähigkeit: Wie sehen die Außerirdischen aus? Sehen sie gleich oder ähnlich aus? Welche Sprache sprechen sie? Wo kommen sie her? Wie riechen diese Leute? Mögen sie Kaugummi? Warum haben sie so viele verschiedene Raumschiffe? Was wollen die hier? Und dergleichen Fragen mehr. Prüft man nun die Beweise in Hinsicht auf ihre Ordnungsfähigkeit, ergibt sich nur ein wirres Durcheinander von Spekulationen, Vermutungen, Meinungen, aber nichts, das sich in eine integrative Ordnung bringen ließe. Denn gerade die Vielzahl der Beweise müsste doch irgendwann zu einer Ordnung führen. Es ist aber nirgends eine zu finden. Zu finden sind Beweise, die nur weitere Beweise erforderlich machen, die aber immer nur Irgendwas beweisen, aber nichts, das sich verlässlich ordnen ließe.
Aus diesem Grund bin ich davon überzeugt, dass Außerirdische nicht mit UFOs auf der Erde landen. Ich bin nicht davon überzeugt, dass die Gegenbeweise alle falsch sind. Jeder, der mit ein Foto zeigt, um mich vom Gegenteil zu überzeugen, würde von mir nicht verdächtigt werden, manipulieren, täuschen oder mich belügen zu wollen. Vielmehr würde ich den Beobachter in ein Verhör nehmen und ihn solange ausfragen, bis irgendwas, das nicht bloß bloß wirres Zeug ist, als Ergebnis heraus kommt.
Wer versucht, mit Rede und Gegenrede irgendjemanden von irgendwas zu überzeugen, lässt sich auf eine Ordnung der Kommunikation ein, die jede Überzeugungsfähigkeit zersetzt, indem sie etwas anderes ordnet, nämlich nur dieses Spiel von Rede und Gegenrede. Deshalb gibt es keine Argumente mit Überzeugungskraft, sondern nur Ordnung, die sich so stabil erhärten kann, dass sie Beweise nicht nur zulässig, sondern stimmig macht. Beweise stiften also nicht die Ordnung ihrer Überzeugungsfähigkeit, sondern Ordnung stiftet Beweisfähigkeit und wirft Überzeugungen ab.