Harald Lesch über die Parasoziologie der Kommunikation
von Kusanowsky
Dieses kleine Erklärvideo zeigt ganz deutlich, wie die Wissenschaft sich aus ihren selbstgemachten Widersprüchen befreit. Der Trick ist, das durch Wissenschaft empirisch gemachte Wissen, also objektiviertes Wissen, wieder abzufragen und die objektiven Ungereimtheiten auf die Umwelt, also auf Menschen zuzurechnen.
Der Soziologe – mag der gezeigte Professor auch ein Physiker sein, darauf kommt es nicht an, es kommt allein darauf an, wie er unterscheidet, nämlich wie ein normaler Soziologe – begreift Kommunikation als Resultat von Handlung, weshalb Kommunikation auf Handlung zurück geführt wird, Handlung wird auf Motive zurück geführt; Motive werden auf Bewusstseinsfähigkeit zurück geführt, welche auf Verstandesfähigkeit zurück geführt wird und diese wiederum auf das „Wesen des Menschen“. Die letzte Paradoxie lautet dann: der Mensch ist seiner natürlichen Natur nach ein soziales Wesen. Diese Paradoxie wird durch empirische Methoden der Objektivierung aller Elemente, aus denen dieses Wissen generiert wird, verdeckt. Sichtbar werden stattdessen bizarre Phänomene unaufgeklärter Menschen, welche auch wieder als objektive Realität erscheinen.
Der Mensch verursacht Kommunikation durch Handlung, sagt uns der Para-Soziologe. Nur, wenn man einen solchen parasoziologischen Ansatz wählt, kann man die Ergebnisse objektivieren, sie für „wahr“ halten. Diese Wahrheit wird dann gelehrt, unterrichtet, abgeprüft, also sanktioniert und damit verbreitet. Ist dieses so empirisch gemachte Wissen gesellschaftlich verbreitet, dann verbreiteten sich zugleich die parasoziologischen Begrifflichkeiten und Vorannahmen dieses Wissens, welche in der Kommunikation selbst wiederum reflexiv werden: Die Wissenschaft hält es für wahr, dass Kommunikation von Menschen verursacht wird, objektiviert es und prüft mit den selben Verfahren der Objektivierung das so objektiverte Wissen wieder ab. Sie bekommt wieder auf den Tisch, was sie anderen auf den Tisch gelegt hat. Das führt zu Reflexionsproblemen, die wiederum mit den selben Methoden der Objektivierung umgangen werden. (Das ist wunderbar in diesem Video zu verfolgen.)
Ergebnis: die Menschen müssen offensichtlich über sich selbst im Irrtum sein, denn die objektive Realität (also die Wahrheit über die Kommunikation) wird wieder und wieder bestätigt.
Lösung des Problems: Appell an ethisches Handeln. Das scheitert vorhersehbar, aber egal: die Wissenschaft, das ist die Summe der Methoden zur Objektivierung aller Sachverhalte, ist wieder einmal bestätigt und damit gerettet.
Eine jede Theorie von Kommunikation, die Kommunikation vollständig auf Handlung zurück führt, ist immer nur eine Parasoziologie. Sie objektiviert das Nichtobjektivierbare; und bleibt damit unschuldig an ihren selbstgemachten Widersprüchen.
(Das einzige, was Lesch hier zu objektivieren (empirisch zu fundieren) sucht, ist die Häufigkeit der Annahme, die eigene Meinung sei faktisch/einschätzungsmäßig gut, die des Gegners/Mitdiskutanten schlecht.)
Der (Sozio-)Biologe würde sagen: unterschiedliche Tierarten haben unterschiedliche Kommunikationsmengen, -arten und -zwecke. Die allgemeine Schulbuchmeinung zum Menschen als sozialem Wesen ist in etwa: Der Mensch kann als einziger symbolisch kommunizieren, er lebt kommunikationsintensiv (verglichen mit, z.B. einem Bären) und ist ein Gruppenwesen (die „Peer-Group“).
Es gibt natürlich auch sozial lebende Säugetiere mit einer viel geringeren Kommunikationsmenge, spontan würde ich sagen „Kühe“.
die wissenschaft ist gerettet ?? hm, eher das interesse an dieser art der wissenschaft wird (in naher zukunft in breiten schichten) gesättigt (sein) ? oder das interesse an appellen ? oder beides ? #utopisch ?
Es gibt z.B. Kommunikation eines Computers mit einem Drucker. Da ein (heutiger?) Computer keinen „Willen“ hat, ist dies keine Handlung.
Derartige Vorgänge werden jedoch weithin als „data communication“ bezeichnet, was ohne zu Widersprüchen zu führen, in Schriften der Informatik verwendet wird.
Automatisierte Kommunikation ist allgegenwärtig, z.B. die Anzeige auf einem Fahrkartenautomaten. Oder die Wolke, die dem Spaziergänger mitteilt, dass es bald regnen wird. Der Magen, der mitteilt, dass ein zweites Frühstück anzuraten ist etc.
Während der erste Fall noch indirekt auf menschliches Verhalten zurückgeführt werden kann (die Mitteilung wurde schließlich programmiert), sind die anderen beiden Beispiele Beispiele von Wahrnehmung als Kommunikation. Klassischerweise ist jedoch Kommunikation eine spezielle Wahrnehmung, die von einem Agenten ausgeht.
Es geht wohl darum, dass zwischenmenschliche Kommunikation etwas „autonomes“ ist. In etwa so, wie der Baum im Wald umfällt, auch wenn niemand ihn hört. Falls das den Autor beruhigt: diesem Post liegt kein Wille zugrunde, es sollte lediglich Zeit vergeudet werden.
Aber zum Glück gilt eben auch: Wenn schlaue Menschen in dieser Art über Hasskommunikation kommunizieren, führen sie gleichzeitig vor wie Kommunikation tatsächlich kommuniziert, nämlich ohne Menschen.
Das würde ich gern etwas genauer wissen wollen: „Wenn schlaue Menschen in dieser Art über Hasskommunikation kommunizieren …“
Gerne.
Ich will nur sagen, daß wenn man von Dir hier darauf hingewiesen wird, dass sich bestimmte Selektionen, Schemata und Scripte beim Thema Hasskommunikation typischerweise ständig wiederholen, dann kann man das nicht mehr wegsehen.
Diese Schemata verweisen auf die Eigenwerte von Kommunikation und damit auf die operationale Ebene, also das „immer weiter“ von Kommunikationen. Und man sieht: Dieses „immer weiter“ braucht eben keine Bestätigung aus seiner Umwelt, also z.B. von „Schlaumeier“, oder dem schlauen „Harald Lesch“.
Und so beobachtet man wie Harald Lesch einen parasoziologischen Kommunikationsbegriff hervorzaubert, während man gleichzeitig, mit Hilfe des kusanowkschen Rüstzeugs, auf der Ebene der tatsächlichen Operationen etwas völlig anderes beobachten kann.
In einer Sache folge ich Dir jedoch nicht ganz. Die „Zuordnung auf den Menschen“ ist nicht typisch wissenschaftlich, sondern das ist typisch massenmedial. Ich würde Herrn Lesch hier nicht der Wissenschaft zuordnen, sondern eher in die Richtung: „Experte in den Massenmedien“. Und zwar genau in dem Sinne wie Du Experten schon in Deinem Vortrag dazu analysiert hast. Ich glaube zwar auch, dass Wissenschaftler selber das immer mehr verwechseln, aber ich hoffe doch sehr, daß es den Elfenbeinturm noch gibt.
Überhaupt gibt es auf dieser Welt scheinbar nur einen, der versucht Hasskommunikation wirklich soziologisch zu behandeln und das ist Kusanowsky. Ja, das ist heftiges Hinterngekrieche, aber ich meine das auch todernst – zum Glück bin ich anonym hier.
„Die „Zuordnung auf den Menschen“ ist nicht typisch wissenschaftlich, sondern das ist typisch massenmedial.“
Man kann die Zuordnung von Mitteilungshandlungen auf Menschen auf zwei verschiedene Weisen vornehmen, indem man die Differenz von Information und Mitteilung aufasst als die Frage „Was wude gesagt?“ und „Was ist damit gemeint?“ Die Wissenschaft würde letztere Möglichkeit bevorzugen, Massenmedien die erstere. Der Grund dafür liegt im unterschiedlichen Code der Kommunikation. Weil Massenmedien sich an Differenzen der Quantität orientieren, bleibt ihnen die Person egal und damit auch die Frage, ob ihren Ansprüchen Genüge getan wurde oder nicht. Denn im Zweifelsfall ist die Stimmungsmache zu bevorzugen, damit die Abläufe der Kommunikation verdeckt bleiben. In der Wissenschaft ist das genau umgekehrt. In der Wissenschaft sollen die Abläufe der methodischen Behandlung sichtbar werden, weshalb die Strategien der Seduktion verdeckt werden müssen. Deshalb sind in der Wissenschaft immer sehr schnell Peinlichkeiten im Spiel, wenn diese Verdeckungsleistung nicht immer gelingt.