Warum #bzv? Selbstorganisation beobachten! #kzu 1
von Kusanowsky
zurück / Fortsetzung: Warum Twitter und Blogs nutzen um Bücher zu verschenken? Warum nicht einfach öffentliche Bücherschranke aufsuchen, um dort Bücher, für die man keine Verwendung mehr hat, an andere Nutzer weiter zugeben? Zumal die Einrichtung von Bücherschränken bald auch jedes Dorf erreicht hat und man inzwischen überall welche findet.
Ja, das kann man machen. Dagegen spricht gar nichts. Übrigens ist es auch nicht sehr schwer, selber einen öffentlichen Bücherschrank einzurichten. Wer eine geeignete Lokalität kennt und beim Sperrmüll irgendwann ein passendes Bücherregal findet, kann so etwas schnell und kostengünstig aufstellen.
Der Nachteil dieser Bücherschränke ist, dass es sich nicht um Bibliotheken handelt, weshalb Bücherfunde rein zufällig möglich sind. Die Aufstellung solcher Bücherschränke erfordert nur einen geringen Organisationsaufwand, das Führen eines Katalogs ist dabei nicht möglich. So etwas geht bislang nur mit einer kapitalaufwändigen und zugangsbeschränkten Organisation, also eine städtische Bücherei, eine Universitätsbibliothek und andere öffentliche Institutionen. Da nun dieser Kapitalaufwand erwirtschaftet werden muss, ohne dass diese Institutionen selbst etwas dazu beitragen können, entstehen komplizierte Organisationszwänge, die die Eröffnung solcher Bibliotheken streng limitieren. In jedem Dorf geht es nicht. Und in jeder Stadt nur eine. Wenn man außerdem den Kostendruck auf die öffentlichen Haushalte mitberücksichtigt, kommt man sehr schnell zu der Einsicht, dass öffentlich zugängliche Bibliotheken in der Auswahl ihres Bestandes durch Rechtfertigungszwänge darauf festgelegt sind, in erster Linie den Erfolg der Organisation zu gewährleisten, weshalb sich, aufgrund der selben Organisationszwänge, diese Bibliotheken wie alle anderen Organisationen auch, gegen ihren Untergang wehren solange es nur geht, was auch daran liegt, dass Alternativen so einfach nicht gefunden werden können. Denn dass öffentliche Bibliotheken gebraucht werden, bestreitet niemand. Aber wie sollte es sonst gehen, wenn nicht durch Organisation?
Lieber Christoph,
Selbstorganisation kann man nicht organisieren. Braucht man auch nicht. Man muss nur Geduld haben und darauf warten, dass sie sich ereignet. Selbstorganisation zu beobachten heißt: auf Antwort warten, was eben nicht heißt, andere von irgendetwas zu überzeugen, andere zum mitmachen zu überreden oder zu drängen, zu drohen oder sonst irgendwie zu sanktionieren.
Diese #bzv-Geschichte ist mir deshalb in den Sinn gekommen, weil ich schon früher immer mal wieder an solchen Büchertauschplattformen (wie diese http://www.tausch-buecher.de/ ) teigenommen hatte und nach einiger Zeit immer wieder die gleiche Erfahrung gemacht habe. Eigentlich funktionieren diese Plattformen sehr gut, solange sie nur mäßig erfolgreich sind. Erfolgreich können sie nur werden, weil das Angebot kostenlos ist, werden sie dann aber erfolgreich, sobald also mehrere tausend Nutzer Datensätze schreiben und kräftig aktiv werden, dann steigert sich der Organisationsaufwand. Das geht dann soweit, dass dann entweder doch Gebühren eingeführt werden, was dazu führt, dass der Organisationsaufwand immer weiter wächst aufgrund der Reklamationen, die dann kommen, oder aber, das habe ich nun schon drei mal erlebt, die Plattform stellt ihren Betrieb wieder ein. Es dauert zwar nicht lange, bis wieder eine neue aufmacht, aber dann muss man alle Datensätze neu schreiben, weil mit der Schließung der alten Plattform zugleich alle Datensätze verloren sind.
Das hat mich so genervt, dass ich es schließlich gelasssen habe.
Umso mehr fasziniert mich der Gedanke, dass man solche Plattformen gar nicht braucht. Was man braucht ist Twitter und ein geeignetes Verfahren, um hashtags und Suchfunktion zu verwenden. Mehr nicht.
Jeder schreibt eine eigene Datei, ob als Foto, ob als Tabelle, als html-Datei, als etherpad, als Wiki oder Blogtext oder sogar als einzelne Tweets pro Buch und schickt es einfach rum. Man muss nur einen gemeinsamen hashtag benutzen.
Mehr braucht es eigentlich gar nicht. Alles andere geschieht dann von selbst. (Und wenn nicht, dann nicht.)
Jede Art, das Zustandekommen von #bzv zu organisieren, stößt immer wieder auf Schwierigkeiten, Einwände, Vorbehalte, Empfindlichkeiten, ungebetene Ratschläge, Besserwisserei, Reklamationen usw usf. Aber für was?
Interessant wird doch erst, wenn man die Kosten für Organisation auf diejenigen verteilt, die sich daran beteiligen, welche dann nämlich für jeden einzelnen sehr, sehr gering sind. Jedenfalls geringer als den Aufwand, den man zum Erfolg einer organisierten Plattform beitragen müsste.
Meinst du nicht?
Gruß KK
Moin Klaus.
klar, Selbstorgansation kann man nicht (fremd) organisieren, sonst wäre es keine Selbstorganisation. …
Dann schreibst Du: „… was eben nicht heißt, andere von irgendetwas zu überzeugen, andere zum mitmachen zu überreden oder zu drängen, zu drohen oder sonst irgendwie zu sanktionieren.“… Hast Du den Eindruck, dass ich so ticke? … Sowas liegt mir eigentlich eher fern.
Ich bin für eine Zeit begeistert, wenn ich ein Problem sehe, dass man mit meinem System grob überbrücken kann, und dann schreibe ich ein paar Leute in meiner Umgebung dazu an und frage, ob sie sich das mal ansehen. — Ich hoffe, dass ich diese nur begrenzt damit nerve.
Klar ist auch, dass es auch ohne eine solche Plattform funktioniert. Ein Index katalysiert eben das Geben und Nehmen aber. Ich kann auch meine zu verschenkenden Bücher in einen Fahrradkorb an meinen Gartenzaun hängen, mit einem Schild „Zu verschenken“. Irgendwann ist der leer. Dann basiert das Geben und Nehmen auf Zufall. Ok, kann man machen. Ein lokaler öffentlicher Bücherschrank versucht dann sozusagen schon den Zufall etwas zu zinken, indem etwas Auswahl an einem öffentlichen Ort gebündelt wird. Finde ich sinnvoll. Und so – als ich Eure Aktivitäten sah – lag mir der Gedanke nahe: Ein http://www.öffentlicher-Bücherschrank.de wäre online nun die konsequente weitere Reduzierung des Zufalls und würde Gebenden und Nehmenden in dem Sinne einen Vorteil verschaffen.
Was die Kosten betrifft: Auch bei mehreren tausend Benutzern, würden dadurch keine zusätzlichen Kosten entstehen. Und dadurch, dass das eh ein Nischending ist – denke ich – brauche ich mir auch keine Gedanken zu machen, was bei mehr als 10 Mio. Benutzern nötig wäre. Aber selbst dann könnte man meines Wissens – wenn es dann überhaupt nötig wäre – für ein paar wenige Euro im Monat einfach einen „fettere Server“ mieten.
Naja, und Reklamationen wird es wohl bei einem „Geschenkten Gaul“ eher weniger geben … Es reklamiert ja auch keiner bei einem lokalen öffentlichen Bücherschrank irgendetwas. Zumal so eine Plattform ja nichts anbietet, ausser Angebote von Benutzern zu kommunizieren. Was soll man da also bei der Plattform reklamieren? Dass eine Kommunikation nicht funktioniert hat? Das kann natürlich sein. Das würde die Betroffenen dann unzufrieden machen und sie würden die Plattform dann verlassen. Wenn viele Nutzer da wären, dann würden bestimmt auch irgendwann Nutzer auftauchen, die man einfach sperren muss. Also Probleme kann es geben, klar. Aber die hat man immer, wenn man sowas macht. Entscheident finde ich, dass es quasi keine Kosten erzeugt und ein öffentlicher Bücherschrank einfach eine gute Idee ist. Wieviele Bücher, die mißachtet irgendo in der Ecke liegen oder in einem Bücherschrank in Hintertupfigen ohne Aufmerksamkeit verkümmern könnten ein neues Zuhause mit einem freudig-interessierten Leser finden? .. So musst Du das auch mal sehen 🙂
Vielleicht ist dieses #bzv aber auch für manche so ein Selbstdarstellungsding. Man zeigt die Bücher, die man gelesen hat und dazu seine Generosität. Dann ist man evtl. ganz froh, wenn nicht allzuviel passiert und nicht so viele gezielt suchende Interessenten da sind. Könnte auch sein. Wär‘ ja auch ok, sowas z.B. als kleines Bonbon auf seiner Webseite exklusiv den eigenen Lesern anzubieten.
Ich weiß es nicht … Also ein http://www.öffentlicher-Bücherschrank.de online wird bestimmt nicht das nächste große Ding und auch nicht das nächste winzigste Ding. Aber egal, auf einer bestimmten Ebene ist das was ich mache auch parasoziale Kommunikation. Ich tue einfach so, als ob ausreichend Interessenten da wären. Ich beobachte ein Problem, dass ich überbrücken könnte, bastel etwas, dass das kann und stelle es online und freue mich dann, wenn es einfach nur technisch funktioniert. Wenn es sozial nicht funktioniert, bin ich weniger betroffen, weil ich sozusagen meinen Spaß schon hatte das kleine Maschinchen zu bauen … Ich freue mich natürlich mega, dass Du und andere ein paar Eurer Bücher bei mir reingestellt habt. Damit macht Ihr mir eine sehr große Freude! . … weil ich dann kurz Luftgitarre spielen .. äähhh … mir vorstellen kann wie es wäre, wenn viele Leute ein, zwei Bücher reinstellen … und wie das die Kommunikation auf Twitter triggern würde 🙂 … So vollständig absolut absurd, finde ich den Gedanken auch nach wie vor nicht, dass das für ein paar tausend Benutzer sehr interessant sein kann. Ein öffentliches Bücherregal ist einfach eine charmante Sache. So oder so. Es macht mir auf jeden Fall Spaß. Und da ich mit Internetkram kein Geld verdienen muss (weil ich einfach einen vernünftigen Beruf habe 🙂 mache ich einfach das was mir Spaß macht.
Allerbeste Grüße und Danke nochmal für Deine lieben Reaktionen
Christoph