Podcast: Radio ohne Professionalitätsmagie beim Sowi-Stammtisch @NilsDemetry
von Kusanowsky
Hier ein Podcast über’s Podcasten. Es geht um diesen Text von mir: Podccast – Radio ohne Professionalitätsmagie
Hier ein Podcast über’s Podcasten. Es geht um diesen Text von mir: Podccast – Radio ohne Professionalitätsmagie
Zur Ergänzung möchte noch etwas zum Punkt der Rücksichtslosigkeit sagen, die man bei Tilo Jung feststellen kann. Für alle, die den Podcast nicht gehört haben, eine kurze Zusammenfassung.
Tilo kann es sich erlauben, alle Rücksichtnahmen, die Journalisten gewöhnlich leisten müssen, zu vernachlässigen. Diese Rücksichtnahmen sind:
# Nachweise über Ausbildung, Komptenz und Werdegang gegenüber einem Cheferedakteur, Verleger oder allgemein gegenüber einem Arbeitgeber.
# Engagement für die Interessen eines Kapitalbesitzers, in der Regel sind das Konzerene, die alles publizieren, was Umsatz verspricht und alles nicht publizieren, das keinen Umsatz verspricht.
# Einfädelung, Beteiligung, Ein- und Unterordnung unter Gefälligkeitsstrukturen, sei es die Person, ihren Habitus betreffend, den Schreibststil, die Art zu reden, sich zu verhalten oder was immer man dem Journalisten zurechnen kann
# Beteiligung an Konkurrenz innerhalb einer Organisation, Kampf um Stellen, Karriere, Privilegien
# Beachtung von Verträgen und deren Bestimmung: Arbeitsverträge, Kreditverträge, Kaufverträge (Verträge über Abonnements)
# Beurteilung eines Werbeumfeldes und seine Gestaltung
# Erforschung, Ermittelung und Kenntnisnahme der Seh- Hör und Lesegewohnheiten des Publikums. Anpassungsbereitschaft an all das.
# Beständige Selbstreflexion darüber, denn Ansprüchen anderer zu genügen, ihnen gerecht zu werden
# Angst vor dem Scheitern, dem Ende der Karriere, Angst vor dem Bankrott des Unternehmens, Angst vor Arbeitslosigkeit, Orientierungslosigkeit, wenn der Prozess der schöpferischen Zerstörung den Journalismus tritt
Tilo muss auf all das keine Rücksicht nehmen. Streng genommen auch nicht auf ein Publikum. Mit Rücksichtlossigkeit ist hier keine moralische Rücksichtslosigkeit gemeint, im Sinne einer Geringschätzung, einer Verweigerung von Respekt und Achtung, sondern es handelt sich dabei um ein Verhalten, dass mit einer gewissen Notwendigkeit beobachtbar wird, wenn das Publikum sich selbst publiziert, wenn es die Konventionen einer Professionalitätsmagie abwerfen kann, wenn die Ausschaltung von Sender- und Empfänger für einander durch Internet selbst ausgeschaltet wird.
Diese beobachtbare Rücksichtslosigkeit von Tilo Jung wirkt auf der Oberfläche des Sichtbaren zunächst obszön, wirkt dilettantisch, amateurhaft, aber dies nur, wenn man das mit den Konventionen der Professionalitäesmagie vergleicht.
Tatsächlich macht diese Rücksichtslosigkeit nur die Strukturen dieser Professsionalitätsmagie beobachtbar, indem so gezeigt wird, dass die journalistische Professionalität nur gelingt, wenn all die oben genannten Rücksichtnahmen geleistet werden.
Da nun aber das Internet die Ausschaltung der Ausschaltung leistet, zeigt Tilo gleichsam nur die Grenzen des bekannten Journalismus auf, weil er all diese Rücksichtnahmen nicht leisten muss. Man könnte auch sagen: Tilos beständige „Krisenexperimente“ zeigen, was ein Journalismus leisten kann, der auf ein ausgeschaltetes Publikum angewiesen ist und was er nicht mehr leisten kann, wenn das Publikum selbst nur aus Publizisten besteht.
Davon kann der konventionelle Journalismus fast nichts lernen, denn auf die Gewohnheiten der Professionalitätsmagie zu verzichten hieße die gleichen Rücksichtslosigkeiten zu zeigen, was schlechterdings, schon wenn es darum geht, Umsätze zu garantieren und Kapital zu vermehren, nicht möglich ist.
Aber das heiißt nicht, dass Lernprozesse gar nicht möglich sind. Aber sie müssten sich an dieser Rücksichtslosigkeit selbst orientieren.
Diese Elemete der Rùcksichtslosigkeit sind auch bei Politiker oder Militärs wieder zu finden… Interessanter Kommmentar