Vortrag: Wie kannst du wissen wer ich bin? #ds14 @christorpheus
von Kusanowsky
Hier ist der Vortrag: „Wie kannst du wissen, wer ich bin?„, den ich im September 2014 bei den Datenspuren in Dresden gehalten habe. (Und hier findet man den Vortrag des letztes Jahre ebendort.)
Parasoziale Kommunikation gibt es nicht, vielleicht aber parasoziale Interaktion, also: Interaktion ohne Kommunikation, bzw. Interaktion, die die Beobachtung zulässt, dass vielleicht keine Kommunikation stattfindet oder vielleicht eben doch.
Um es kurz zu erklären. Kommunikation ist – darin folge ich Niklas Luhmann vollständig – nicht das, was Menschen herstellen können, wenn sie Geräusche mit dem Mund machen. Kommunikation ist eine soziale Operation, keine Fähigkeit, kein Vermögen von Menschen. Kommunikation geschieht als gleichzeitiger Zusammenfall aller Bedingungen der Kommunikation, die zustande kommt, wenn dieser Zusammenfall sich selbst zur Voraussetzung hat. Das heißt es handelt sich bei Kommunikation um einen sozialen Verstehenszirkel. Der Zirkel umfasst als basale Operation die Einheit von drei Selektionen, nämlich: Mitteilung – Information – Verstehen.
1. Selektion: Mitteilung, „A fragt: Wie spät ist es?“ Diese Mitteilung fällt für die Kommunikation deshalb auf, weil sie auch hätte unterbleiben können oder weil auch etwas anderes hätte geschehen können, z.B. ein Schrei, ein Schnalzen oder eine Geste mit der Hand. Es handelt sich um die Beobachtung einer Selektion, die ihre Kontingenz mitführt. Aber Mitteilungshandlung ist keine Kommunikation.
2. Selektion: Information, „A weiß nicht wie spät es ist.“ Diese Zurordnung von Information und Mitteilung hat keine Notwendigkeit. Die Information könnte auch lauten: A hat keine Uhr, oder: A hat es eilig, oder: A weiß wie spät es ist und will nur wissen ob B das auch weiß. Wie auch immer: Es gibt immer eine Differenz zwischen Mitteilung und Information, deren Zuordnung durch eine dritte Selektion mitgeteilt wird, nämlich:
3. Selektion: Verstehen, „B antwortet: Es ist 2 Uhr.“ Diese dritte Selektion bildet die Anschlusshandlung und kommunziert die Zuordnung von Mitteilung und Information und ist selbst eine Mitteilung, für die der Zirkel von Mitteilung – Information – Verstehen (als anschließende Mitteilung) gilt.
Das meint: Kommuniktion ist eine soziale Operation, die von keiner Seite aus durchgeführt werden kann. Sie muss von selbst entstehen; und wenn dies geschieht, wirft sie Strukturen aus, durch die die Fortsetzung und Differenzierung der Kommunikation gelingt.
Um es etwas genauer zu erklären: Die Geräusche, die du hörst, wenn du siehst wie jemand den Mund auf und zu macht, sind keine Kommunikation. Es sind für dich nur Sinn-Effekte deines Bewusstseins, die die Kommunikation in ihrer Umwelt (hier: Luft) hinterlässt und die für ein Bewusstsein deshalb irritabel werden, weil sie ordnungs- und strukturfähig sind.
Konventionelle Begriffe von Kommunikation und entsprechende Kommunikationstheorien akzeptieren nicht, dass es sich bei Kommunikation um einen selbstreferenziellen Verstehenszirkel handelt. Für konventionelle Kommunikationstheorien gilt stets, dass nur ein Hin- und Her (Senden- und Empfangen) von Mitteilungen geschieht, die intentional durch Handlung verursacht werden. Diese Kommunikationstheorien scheitern daran, dass sie die Unwahrscheinlichkeit des Gelingens von Kommunikation nicht in Rechnung stellen. Vielmehr gehen diese Kommunikationstheorien immer davon aus, dass Kommunikation sichergestellt, erwartbar und zuverlässig weiter geht. Für konventionelle Kommunikationstheorien gilt deshalb, dass sie sich gegen die Kommunikation selbst naiv verhalten. Diese Naivität ist sozial strukturiert und funktional garantiert, nämlich durch Kommunikation in und durch Organisationen, die als Machtapparate zuverlässig Anschlussfindung einrichten.
Deshalb bezeichne ist konventionelle Kommunikationsbegriffe als parasozial. Sie entsprechen sozialen Strukturen, die Rechtfertigung für Handlung in Organisationen funktional garantieren.
Das Sende-Empfänger-Schema der Kommunikation ist ein parasoziales Schema, das Kommunikation auf Mitteilungshandlung reduziert und sich damit all die theoretischen Defizite einhandelt, die daraus resultieren. Ein Kommunikationsbegriff, der sich nur auf Handlung als Ursache für Kommunikation bezieht, ist ein parasozialer Begriff von Kommunikation.
Tatsächlich ist es nun unter den ausschließlichen Bedingungen der Kommunikation, sofern sie Vergesellschaftung durch Organisation herstellt (z.B. auch Universität), sehr schwer bis fast unmöglich, einen Kommunikationsbegriff einzuführen, der Kommunikation als ausschließlich soziale Operation (und nicht als Austausch psychischer Zustände) erklärt. Nicht der einzige, aber ein wichtiger Grund für das Erschwernis ist die Behauptung der Unwahrscheinlichkeit von Kommunikation, die ja durch Organisationen wirksam und empirisch überprüfbar vermieden wird. Kommunikation findet sehr wahrscheinlich immer statt. Wie könnte man unter diesen Bedingungen erklären, dass Kommunikation unwahrscheinlich ist?
Fortsetzung folgt >
Vergesellschaft durch Organisation bedeutet, dass nicht etwa Menschen unterdrückt werden, wenn viele auch darüber Aukunft geben wollen, dass dies so sei. Wenn überhaupt irgendetwas von Organisationen unterdrückt wird, dann der Zufall, die Vermeidung seiner Beobachtung und – für den Fall, dass die Beobachtung der Beobachtung von Zufall dennoch gelingt – seine eventuelle Margnialisierung, Bagatellisierung, Dämonisierung oder auch Bewunderung und Affirmation. Historisch können sich Organisationale Regelwerke erst dann ausbilden, wenn für die Regelfindung der Zufall (früher: der Wille Gottes) als rechtfertigende Operation ausgeklammert wird. In diesem Fall entstehen nomologische (1) Rechtfertigungsstrategien, die für die evolutionäre Entwicklung von Organisationen von entscheidender Bedeutung waren. Soziale Nomologien schlagen sich dann in Direktiven der Beoachtung nieder, wie z.B. die Erforschung von Naturgesetzen, deren Ergebnisse in die technische Konstruktion von Apparaten einfließen und damit Notwendigkeiten der Behandlung dieser Appartate erzeugen. Aber auch die Soziologie entstand zunächst als Nomologie, als soziale Physik (2) Für Betriebswirtschaften gelten entsprechend nomologische Annahmen über Angebot und Nachfrage, für Familien die Vorgabe, sie seien der natürliche Ursprung der Gesellschaft usw.
Um diesen Punkt zu verkürzen: Organisationen als machtvolle Regelwerke können in dem Maße entstehen wie es ihnen gelingt, den Zufälligkeiten der Kontingenz jeder sozialen Ordnung mit der Reproduktion derjenigen sozialen Strukturen zu begegnen, die diese Ordnung hervorbringen und sie auch dann noch stabil halten können, wenn die Unsicherheit ständig zu nimmt. Organisationen sind monströse Immunisierungsapparate, besonders deutlich erkennbar am modernen Staat.
Organisationen scheitern also nicht notwendigerweise an der Zunahme von Unordnung, sondern werden immer mächtiger je mehr und je eher es ihnen gelingt auch die Unordnung ordnungsgemäß zu behandeln und ihre Struktur zu differenzieren. Dass dies zu Lasten einer Transparenz geht, dürfte klar sein. Mindestens zeigt dies aber, dass Organisationen in dem Maße machtvoll werden und hartnäckig bleiben, je besser und differenzierter sie Zufall absorbieren können.
Es ist aber auch klar, dass dieser Evolutionsprozess keine beliebigen Möglichkeiten hat.
Für eine Kommunikationstheorie gilt, dass, wenn sie unter Bedingung hoch stabiler und erwartungsicherer Organisationsverhältnisse entwickelt werden muss, die Organisation gleichsam zum blinden Fleck wird, weil sie vorhersehbar so viele Normalitäten, Selbstverständlichkeiten, Regelmäßigkeiten, inkl. der regelhaften Behandlung ständig anfallender Unregelmäßigkeiten erzeugt, dass sie damit die Notwendigkeit ihrer Notwendigkeit und darum viele Inkommunikabilitäten herstellt, die sich jeder Abwählbarkeit entziehen. Man kann ab einem hohen Maße an Verdichtung von Vergesellschaft durch Organisation und ihre voraussetzungsreiche Selbstreproduktion nicht mehr oder nur sehr schwer und selten erkennen, dass alles auch ganz anders gehen könnte als durch monströse Machtapparate.
Und was wäre nun, wenn sich tatsächlich eine Strukturalternative zeigen würde? Wenn die Ausschließungswirkung von Organisationen nicht mehr nur dazu führt, dass weitere Organisationen nach der selben Form der Differenzierung entstehen, sondern dass sich eine Strukturalternative infolge einer Differenzierungsalternative zu erkennen gibt, die ebenfalls eine Vergesellschaftungswirkung entfalten könnte?
Die Kommunikation durch digitale Datennetzwerke ist gegenwärtig weit davon entfernt, eine solche mächtige Vergesellschaftungsleistung zu erbringen. Aber: eine Entwicklung beginnt nicht mit der größten Wucht und der stärksten Form, sondern beginnt marginal, kümmerlich und schwach.
Meine Überlegung lautet: kann es sein, dass eine Vergesellschaftsleistung durch digitale Datennetzwerke erbracht werden kann, die nicht etwa Organisationen ersetzen könnte, indem sie oben genannte soziale Operativität der Kommunikation (das Zustandekommen des sozialen Verstehenszirkels) funktional besser leisten könnte, sondern im Gegenteil: dass nicht mehr die Sicherstellung sozialer Verhältnisse die Attraktivität der Verwicklung (und in der Folge eine Vergesellschaftungswirkung) darstellt, sondern die Fraglichkeit dieses Zirkels selbst. Dass also Vergesellschaft nicht deshalb gelingt, weil ein sozialer Verstehenszirkel gelingt, sondern dass Vergesellschaftung auch dann gelingt, wenn der soziale Verstehenszirkel nicht gelingt, nicht mehr so einfach gelingen wird oder nicht mehr gelingen muss, wenn sich also durch Netzwerkkommunikation parasoziale Beobachtungsverhältnisse ergeben. Im Zusammenhang mit #kzu bedeutet das, dass nicht nur Interaktion zwischen Abwesenden möglich wird, sondern auch Interaktion zwischen Unbekannten, die dauerhaft und verlässlich für einander unbekannt bleiben können.
Fortsetzung folgt.
(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Nomologie
(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Auguste_Comte#Seine_wissenschaftlichen_Theorien
Wenn man diese digitalen Datennetzwerke darauf hin betrachtet, ob und in welchem differenzierungsfähigen Umfang sie Kommunikation, also die Herstellung eines sozialen Verstehenszirkels, ermöglichen, wird man man feststellen, dass dieser Zirkel meistens meistens gar nicht gelingt (1). Denn zur Herstellung des oben beschriebenen Zirkels, den Niklas Luhmann treffend definiert hat, sind sehr viele Voraussetzung nötig. Dazu zählen
# Individualität der beteiigten Personen
# Validität der involvierten Adressen
# Reliablität der Beziehung
# Integrität der Struktur
# Selbstreflexivität der Referenzialität
Sind diese Voraussetzung nicht oder nur teilweise erfüllt, hat man es mit parasozialen Beobachtungen zu tun. Dies gilt etwa, wenn man nicht weiß ob ein Antwortgeber ein Mensch oder eine Maschine ist, wenn der Antwortgeber mehrere Adressen benutzt, die man nicht genau zuordnen kann, wenn nicht erkennbar ist, ob und wann überhaupt eine Antwort gegeben wird, wenn sich ein Verlauf von Mitteilungen als enorm inkonsistent erweist, wie z.B. bei einem chatbot, und wenn die Veränderung der Bedingungen zur Forsetzung nicht kommunizierbar werden, wenn sich die Beteiligten als nicht sanktionsfähig erweisen und wenn sich alle Informationen mehr oder weniger chaotisch – wie bei Twitter – der Wahrnehmung aufdrängen In diesen Fällen ist der soziale Verstehenszirkel nicht geschlossen und man weiß eigentlich gar nicht, womit man es zu tun hat. Findet Kommunikation statt oder nicht?
Nach Maßgabe der Erfahrungen, die man aus der Sozialisation durch Organisationssysteme mitbringt, erscheinen diese parasozialen Beobachtungszusammenhänge als abstoßend, irreführend, als zu vermeidende Wahrnehumg, weil angeblich keine echten Menschen verwickelt sind, weil es an Ernsthaftigkeit fehlt, weil man nicht weiß, ob Betrug geschieht, ob überhaupt verlässlich informiert wird. Werden an Kommunikation diese Erwartungen geknüpft, sind digitale Datennetzwerke eigentlich nur dummes Zeug, Spielerei, Spinnerei und Zeitverschwendung – sind also völlig überflüssig.
Auch aus diesem Grunde stößt das Web 2.0 auf Ablehnung, Misstrauen, auf Geringschätzung (2) und wird in seiner Bedeutung marginalisiert oder dämonisiert, je nachdem, mit welcher Laune die bekannte massenmedial Stimmungsmache unterhalten wird.
Fortsetzung folgt.
(1) https://www.facebook.com/Beobachter.der.Moderne/posts/142351065961944
(2) http://www.cicero.de/salon/feuilleton-das-dogma-der-neuen-netz-konservativen/58250
Für die Immunreaktionen, die sich gegen das Internet, bzw. gegen das Web 20. richten, kann man gewiss sehr viele Ursachen und Gründe nennen. Eines ist dabei aber wichtig: Immunreaktionen sind etwas ganz Normales und kommen mit jeder Innovation zustande, erst recht, wenn die Innovation in ein medienökologisches Gefüge eingreift. Diese Immunreaktionen haben eine gewisse Notwendigkeit.
Denn Ablehnung, Abwehr, Geringschätzung, Verteufelung, Marginalisierung, Bagatellisierung, Schmähung oder auch der Widerstand wird immer mit der Innovation vollzogen. Das heißt, dass Immunreaktionen gegen die Innovation immer auch ein Teil der Innovation sind. Erkennen kann man das daran, dass die Kommunikation von Ablehnung gegen das Web 2.0 über das Web 2.0 genauso verbreitet wird wie die Ablehnung dieser Ablehnung. (1) In Hinsicht auf massenmediale Schundkampfrituale, die man seit dem 18. Jahrhundert turnusmäßig feststellen kann, kann man das genau erkennen. Die anfänglichen Versuche im 18. Jahrhundert, das Lesen von Romanen zu verbieten, hat nicht etwa die Bedeutung des Romaneschreibens und -lesens behindert. Im Gegenteil. Diese Abwehrmaßnahmen trugen dazu bei, den Roman als literarische Gattung überhaupt erst zu thematisieren um dann eine entsprechende Ordnung finden zu können. (2)
Ein Grund für die aktuellen Immunreaktionen besteht darin, dass das medienökologische Gefüge, das sich seit dem 19. Jahrhundert eingespielt hat, an einer empfindlichen Stelle aus dem Gleichgewicht gebracht wird. Diese empfindliche Stelle bezieht sich auf die sozialen Vermeidungsstrukturen, durch welche die Beobachtungen einer sozialen Welt und mit ihr die Ausbildung einer Begrifflichkeit des Sozialen entstanden sind. Denn der Ausgangspunkt, durch den sich die moderne Gesellschaft empirisch machen konnte, bestand in der Frühen Neuzeit darin, ein Vertrauen in Menschenvermögen, also in Verstandesfähigkeit, Vernunft und später auch in Gefühle und Handlung gewinnen zu können, weil eben dies bis zum Ende des Mittelalters mit großen Vorbehalten, Einwänden und Vermeidungsroutinen behandelt wurde. Dass man sich seines Verstandes bedienen könne, dürfe und auch sollte war bis dahin keineswegs selbstverständlich, weil absolute Wahrheit, Autorität und Tradition beachtet werden mussten. In dem Maß wie ein Vertrauen in diese Monumente aufgegeben wurde, konnte sich ein neuer Vertrauensfindungsprozess einspielen, der dagegegen auf Fähigkeit, auf Vermögen, Könnerschaft und Leistung von Menschen ausgerichtet war und welcher dann auch die Beobachtung einer sozialen Welt ermöglichte, aber dies auf der Basis der Annahme, dass die soziale Welt aus Menschen und ihren Fähigkeit bestünde. So wurde die Welt des Sozialen als eine Eigenschaft und Fähigkeit von Menschen aufgefasst, die ihren Anfang bei Menschen findet. Entsprechende bildete sich ein Begriff des Sozialen heraus, der immer Identität als Voraussetzung nahm und nicht Differenz; ein Begriff des Sozialen, der auf die Vermeidungsstrukturen der modernen Gesellschaft angepasst war. Denn die Vermeidungssstrukturen der modernen Gesellschaft sorgen dafür, dass alles, was dem Vertrauensfindungsprozess in Menschenvermögen behindern könnte, behindert werden sollte. Auf diese Weise differenzierte sich das, was ich die Selbstentfaltung tranzendentaler Subjektivität nenne und welche nur einen parasozialen Begriff des Sozialen kennt, nämlich Identität als essentialistische und apodiktische Grundannahme.
Auf dieser Basis haben sich die modernen Vermeidungsstrukturen differenziert und hat sich ein medienökologisches Gefüge eingespielt. Und das Internet macht nun darauf aufmerksam, dass diese Vermeidungsstrukturen selbst vermieden werden können. Daher diese Immunreaktionen
Fortsetzung folgt.
(1) In diesem Video geht um die Aussage von Günther Grass: „Facebook ist Scheissdrck!“ http://www.cicero.de/videos/louisiana-channel-guenter-grass ein Video, das genauso per Twitter und Facebook verbreitet wird wie alles andere auch. Man erkennt auch an der Wortwahl, wie sehr sie derjenigen der Trolleien und Pöblereinen ähnelt, gegen die ebenfalls Ablehnung via Internet verbreitet wird.
(2) http://www.exzellenz-netzwerk-arw.uni-halle.de/personen/barthel.htm
Die Immunreaktionen der Medien sind gemacht. Die Macher und Macherinnen oder auch Entscheidungsträger in den Medien sind ausgebildet für und wurden präpariert für das Jahr 2000. Alles schön und gut mit dem Internet … Doch ein Interview Magazin Focus, DER Spiegel, oder bei Jauch im Fernsehen ist deren Ziel. Dann kamm 2001, dann kam Google, dann kam 2004 Facebook, dann kam 2006 Twitter, dann kam 2014 Netflix. Ich sehe da leider kein medienökologisches Gefüge, sondern das Problem der Generationen, dass von Mannheim beschrieben wurde. Die Journalistik und Medienwissenschaften, die Kommunikationswissenschaften und die Ausbildung, die ich kenne und genossen habe, die soziologieresistente PR Ausbildung ist auf dem Stand der 50 er Jahre „hängen geblieben, hier und da noch etwas Luhmann und Habermas, ansonsten Managerstrategien der 60-er, 70 er Jahre, etwas Mintzberg, etwas Porter, dann das strategische Haus bauen und wenn man im richtigen Netzwerk ist, eine Karriere an der Seite der Tothlzverleger, der Intendanten, der Parteipolitik oder eines Konzernes – Polit – Wirtschafts PR. Beim Bourdieu, Das wird noch lange so weiter gehen, bis eine soziale Innovation diesen Bildungs ADEL und seinen HABITUS in seinen Grundfesten erschüttert, aber noch sitzt das Ancien Regime sehr fest im Sattel. Doch wie der ADEL hat auch diese Elite ein Verfallsdatum, gelle? Ich denke dass wir derzeit eine Intellektuellendämmerung erleben, so wie in den 20-er Jahren – sehr schön beschrieben von Wolfgang Schivelbusch anhand der Lage der Frankfurter Intelligenz, des Institutes für Sozialforschung, des Frankfurter Rundfunks, der Frankfurter Zeitung,wo man wie unter einem Vergrößerungsglas, die FAZ, den HR und andere Niedergänge und Dekadenzphänomene erkennen kann, auch die Nichtreformierbarkeit von Medien, sondern nur die Kontrollmechanismen und ihr Endsieg im Faschismus und der Zwangs – Volksempfänger, doch der Weg dahin ist viel mehr von den Organisationen und ihrer Selbstkontrolle selbstverschuldet. Gerade die Frankfurter Zeitung und der Frankfurter Rundfunk zeigen, wie das Ideal des neuen Mediums (Rundfunk, Reportage, freie Formate, wenig Streitgespräch,) 1924 verkörpert in der Sendung „Gedanken zur Zeit“ schon 1928 – also vier Jahre später zu einer rein parteipolitischen Debattensendung verkam. Die Erweiterung im Formalen, neue Partner, Geldgeber, aber auch staatliche Kontrollgremien führte dazu, dass aus einem freien Intellektuellenforum sehr schnell eine Sendereihe wurde, die den bestehenden Institutionen für ihre Selbstdarstellung zur Verfügung gestellt wurde. Der Weg dahin führte über ein rundfunkgeschichtlichem Unikum, Die eigenen Programmrichtlinien wurden von einem eigenen politischen Überwachungsausschuß ad absurdum geführt. Es kam zu merkwürdigen Allianzen und Seilschaften zwischen Universität, Frankfurter Zeitung, Staat, und Industrie in der Rundfunkprogrammpolitik. Das passiert gerade auch im Internet Idealisierung, Kommerzialisierung, Ausschluß und Reglementierung. Der Todeskampf des alten und das erwachsenwerden und die Zurichtung der neuen Medien und alles in Echtzeit. Walter Benjamin:“ Hier quatschen alle Universitätslehrer durch den Rundfunk“(1924) Internet dient wie in den 20 er Jahren das Radio auch heute der verbeamteten Intelliigenz als Forum und Nebenverdienst, für Mitarbeiter von Zeitungen und Verlags- Schriftsteller, auch wenn deren Follower Zahlen und Likes in den sozialen Medien meist in ei nem eigentümlichen Mißverhältnis stehen. Doch die Betreiber, die nun am Aktienmarkt einer Kontrolle durch real existierende Gewinnerwartungen kontrolliert werden, arbeiten ja daran, diese foren freien austausches durch Änderung von Algoritmen im Hintergrund und durch staaltliche Eingriffe im Vordergrund so langweilig zu machen, wie es das Fernsehen, die Pressemitteilung und die PR- Konzepte von Konzernen heute schon sind. Wenn man so will, entsteht hier ein neues Gefüge, dass medienökologisch zu nennen ich mich sträube, sondern hier ist eher retrofuture am Werk, die Beharrungstendenzen und die Rückwärtsgewandtheit, die jede Innovation als unerkannten Kern in sich trägt, oder al unerkannte Nebenfolge produziert. Doch der kreis schließt sich nie, so richtig ökologisch ist das Ganze Social Media und der ganze Rest eher nicht.
Hat dies auf fuhriello macht Fuhrwerk bekannt rebloggt.
Der gesellschaftliche Entfaltungsprozess transzendentaler Subjektivität (bei Luhmann beschrieben als funktionale Differenzierung) behandelt soziale Realität mit einer parasoziologischen Begrifflichkeit, die in tausenden Varianten ventiliert wird. (1)
Zurückliegend hatte ich schon angemerkt, dass die moderne Wissenschaft – egal um welches Fach es sich handelt – sofern sie Kommunikation problematisiert, eigentlich um das Problem der Kommunikation einen großen Bogen macht. Die Wissenschaft behandelt Kommunikation als menschliche Handlung der Mitteilung. Das scheint mir deshalb von besonderer Attraktivität zu sein, weil für die Wissenschaft Kommunikation über Kommunikationstheorie in Organisationen stattfindet, deren wichtigste Funktion die Inklusion von Personen (ihre Vergesellschaftung) ist. Wird eine solche Funktionserfüllung garantiert, erwachsen daraus Notwendigkeiten der Partizipation, denen sich niemand so einfach entziehen kann. Und die wichtigste Notwendigkeit ist die Vermeidung der Vermeidungsalternative Exklusion (2). Das bedeutet, dass Organisaitonen, das gilt auch für Universitäten und angeschlossene Forschungseinrichtungen, Machtapparate sind, die Inklusion über die Androhung von Exklusion garantieren, was um so besser gelingt, wenn diese Drohung gar nicht expliziert wird und alle Personen mit Rechten ausgestattet werden, wodurch Organisationen als Gebilde von pluralen Rechstbefugnissen sich gleichsam parasitär dadurch differenizieren, dass Berechtigungen aller Art nirgendwo beantragt werden können. Stattdessen entstehen sie durch Selbstermächtigungen, Selbstdarstellung und das Recht all dies zu bestreiten, inkl. der Notwendigkeit, jede Handlung auf ihre Möglichkeit der Rechtfertigungsfähigkeit zu beurteilen und entsprechend vorausschauend zu betreiben.
Rechtfertigung für Handlung geschieht jedoch über die lineare Verfolgung von Kausalitäten innerhalb terminierter Zeitverhältnisse, die als Rahmung gleichsam jede Art des Zustandekommens von Gedächtnis strukturieren. Daher kann innerhalb sozialer Funktionszusammenhänge Kommunikation nur parasoziologisch definiert werden. Alle daraus resultierenden theoretischen Komplikationen können dann die Funktionserfüllung der Organisation strukturieren, weil jeder Versuch, Kommunikation theoretisch zu fassen als ein Versuch von bestimmten Menschen beobachtbar wird, die mit allem, was sie mitbringen, genügend Defizite hinterlassen, die jederzeit die Kritik gemäß der gleichen parasoziologischen Begrifflichkeit steuern.
Man könnte auch sagen: das soziale System der Organisation erfordert parasoziologische Begrifflichkeiten, damit es durch das Scheitern an solche Begrifflichkeiten seine Autopoiesis umso besser fortsetzen kann.
Die Inklusionsleistung von Organisationssystemen ist bislang noch weitgehend alternativlos. Die Inklusion (Vergesellschaftung) der meisten Menschen gelingt fast ausschließlich durch Organisationen. Aber es gibt auch eine andere Form der Vergesellschaftung, die allerdings nur für einen geringen Teil der Menschen relevant und wirksam ist, nämlich eine Art „schwache Vergesellschaftung“; eine Art der Inklusion, die nur für sogenannte Prominente, berühmte, durch Massenmedien bekannte Personen geeignet ist. Künstler, Pop-Stars, Schauspieler, Schrifsteller usw. „Schwach“ ist diese Art der Inklusion deshalb, weil diesen Personen ein schützender Machtapparat fehlt, durch den sie überhaupt als Personen in Rollenmustern beobachtbar und damit auf Ansprechbarkeiten festgelegt sind. Denn wo Ansprechbarkeiten strukturell festgelegt sind, sind auch Nichtansprechbarkeiten, Indifferenzen aller Art festgelegt. Bei der Erwerbsarbeit gilt, dass der Angestellte darauf hin beurteilt wird, ob er seine Arbeit zufriedenstellend erledigt. Und wenn das der Fall ist, dann geht es den Chef nichts an, dass der Angestellt am Wochenende besoffen seine Frau verprügelt. Der Machtapparat der Betriebswirtschaft, der jeweiligen Organisation schützt auch die Privatssphäre der Angestellten (aka Tennung von Haushalt und Unternehmung.)
Bei Prominenten ist das nicht der Fall. Jedenfalls können sie ihre Schutzberechtigungen nicht so leicht gegen Massenmedien durchsetzen, weil sie gerade durch Massenmedien zum großen Teil vergesellschaftet werden. Sie sind auf Massemedien angewiesen und können sich darum den eigenwilligen Zudringlichkeiten von Journalisten nicht so leicht entziehen. Prominente erleben gleichsam die Gesellschaft als soziale Wildnis. Das nenne ich „schwache Vergesellschaftung“ und vermute, dass diese Art der Vergesellschaft entmarginalisiert wird.
Fortsetzung folgt.
(1) Hier der neueste Verkaufsschlager, der nach dem immer selben Muster versucht, Kommunikation als Handlung von Menschen zu erklären http://systemagazin.com/kommunikation-als-lebenskunst/
(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Macht
Liebe alle, wir sollten ein Lehrgedicht wie Parmenides schreiben, aber das hat der fuchsschlaue Systemtheoretiker Peter Fuchs ja schon getan. Mist. Aber wenns nischt wird mit der Kusanovuela Soap Opera Finanzierung bleibt ja immer noch der gute alte Briefwechsel oder die Sammlung aller kommentare. ein ganzes Lehreich.über Parasozialität. Hrtig ran also, denn . wie der obige Text erlesen lässt, ist noch in der Nacht der Totalität der Sprachgewaltwelt das Licht der Erkenntnis nicht wirklich aufgesteckt, gelle?
Also auf noch ne Runde durch den Parasozialitätsbegriffs Dschungel robben, eine bodenerkundung , Erdarbeiten , back on the Ground der Kommunikationsursumpf, der aber ventiliert gehört, gemäht und gemulcht werden muss, dann sollten tausend darauf tausende Blumen von Stil und edlem Sprachgeblüte gesetzt werden und bitte schnell aufblühen. Es werden sie Prominente pflücken, während im Hintergrund Professoren im Rundfunk quatschen (W. Benjamin) darüber was hier gerade so läuft, warum und wieso wir gerade jetzt und nicht schon früher, diesen weitgehend vernachlässigten Grundlagen der Parasozialität und der Internetkommunikation nachspüren.
Bourdieu Kritiker haben seine Versuche der Erforschung von Medien, Kultur im allgemeinen und speziell des Fernsehkonsum und anderer Geschmacksstille ja als „De te fabula narratur“ betitelt. Lepennies kam ganz von Kant herabsteigend zu Kurzschlußdefinitionen, dass es a) viel zu komplexe und b) deshalb leider viel zu unverständliche Begriffe in der Kommunikation gäbe, und darum die Kommunikation notabene mit denen, die über, aber leider nicht Ihm und damit mit Expertise die Kommunikation mit den Lesern kommunizieren würden, halt einfach fehl schlagen müsse. Er habe da in seinem Buch deutlichere Bilder und eine klare sprache für das dahinter liegende Problem gefunden. Auch in der Frage der Parasozialität ist Der bekannte akademische Rat einfach und mit der Buchpeisbindung und dank Urheberechten billig: „Machs dir einfacher, dann hast du auch Erfolg“. “ Ich rede vor meinen Studenten und werde von Ihnen so lange verstanden, wie ich Ihnen einen Schein erteilen darf. Danach schweige ich öffentlich lieber, da es meiner Reputation nicht förderlich ist.“ zitat eines Prof. Ach ja. Kommunikation mit Unbekannten. Mit den Menschen da draußen oder gar im Internet – muss heute ja sein, aber es reicht wenn ich schreibe, wo ich was esse, das muss genügen. sonst verliere ich ja wertvolle Zeit in der ich besser schweigen und lesen kann, statt mit Unbekannten den Diskurs zu suchen, es sind ja meist auch gewöhnliche Menschen. Da soll sich doch die Assistentin drum kümmern. Wers kann, der lässt ja heute mit Unbekannten kommunizieren, auch der marginalisierte Prominente übrigens, da keine Sau wirklich kontrollieren kann ob Jan Josef Liefers es selbst oder seine PR Frauist, die jetzt gerade twittert.. Auch das ist ja parasozial – also unklar- also der Weg zurück ist ohne Adresse wirklich sinnlos, solange ich nicht sicher bin, dass es wirklich der Adressat ist, dem ich mein parasoziales vertrauen schenke.
Wer ist eigentlich hinter diesem Account und diesem Blog, wer kennt Kusanowsky. Ich nicht. Ich höre, dass es Menschen gibt, die ihn kennen, aber deren Identität ist mir auch gänzlich unbekannt. Kommunikation mit unbekannten. Unorganisiert. Frei. Voll mit Imaginationen. Und das ist was mich antreibt. Arbeit am Mythos. Verschwendung von Zeit, Kommunikation mit Unbekannten weil ich es kann.
Schwache Vergesellschaftung heißt, die Gesellschaft als soziale Wildnis zu erleben. Die damit verbundenen Erfahrungen sind von massenmedialer Prominenz bekannt. Insbesondere Schauspieler und Pop-Stars reflektieren die Widersprüche und Ausweglosigkeiten, auf die sie sich einlassen müssen, wenn sie ihren Lebenunterhalt durch eine Unterhaltungsmaschine sicher stellen müssen, in der diese prominenten Personen zwar sehr wohl als Rechtssubjekte vorkommen. Dennoch aber gilt für „Personen des öffentlichen Lebens“ andere, und nicht nur in juristischer Hinsicht andere Regeln. Prominente können etwas, das dem größten Teil aller anderen versagt bleibt, aber sie müssen sich auch sehr viele Dinge gefallen lassen, die sich kaum ein Menschen sonst gefallen lassen würde.
Meine Betrachtung möchte ich in dieser Hinsicht mit folgender Überlegung abschließen:
Kommunikation wurde als Problem irritabel, nachdem sich infolge der Industrialisierung niemand mehr der Notwendigkeit zur Inklusion durch Organisationen widesetzen konnte. Und da, wo Inklusion nicht gelingt, kann man sehen, welcher Vorausssetzungsreichtum (Referenzzirkel) erbracht werden muss, damit Inklusion gelingt. Kann dieser Zirkel an entscheidender Stelle nicht zustande kommen, ist Inklusion beinahe unmöglich (Beispiel: Obdachlose, illegale Einwanderer oder selten: wenn irgendwo einzelne Menschen auftauchen, die ihr Gedächtnis verloren haben.)
Gleichzeitig kann man aber auch die Monstrosität von Organisationen feststellen, die den dort vergesellschafteten Menschen immer mehr Zumutungen auferlegen: Karriere-Risiken (wie z.B. an der Universität), Arbeitslosigkeit, Mobbing, Bournout und Krankheiten aller Art.
Was wäre nun, wenn die Inklusion durch Organisationen gar nicht mehr alternativlos ist? Wenn sich auf der Basis einer schwachen Form von Inklusion (Kommunikation durch digitale Datennetzwerke) Kommunikationen bündeln und trotz der steigenden Unsicherheit einen Attraktor ausbilden könnten? Wenn also die seltenen Erfahrungen weniger, gemeint die von Super-Prominenten, immer häufiger von immer mehr Menschen geteilt werden? Wenn eine Lebensweise, die vor dem Internet nur für wenige erreichbar wird, für immer mehr Personen interessant und relevant wird. Wenn also nicht etwa immer mehr Sicherheit gesucht, sondern immer mehr Unsicherheit akzeptiert werden kann?
In dem Fall bilden sich parasoziale Beobachtungszusammehänge heraus, die dazu führen kann, dass die Unwahrscheinlichkeit von Kommunikation noch einmal bis zur Grenze der Unmöglichkeit gesteigert wird, ja sogar, dass Interaktion zwischen Abwesenden so normal wird, das die daraus resultierenden Probleme viel interessanter werden als die bekannten und gewohnten Routinen der Vergesellschaftung.
Wenn in diesem Zusammenhang parasoziale Beobachtungsverhältnisse mit dem Mitteln parasozialer Begrifflichkeiten kognitiv erfasst werden sollten, landen solche Kommmunikation in der größten anzunehmenden Dummheit (was man gegenwärtig bei Twitter beobachten kann.) Aber das muss ja nicht so bleiben.
Fortsetzung folgt.
(1) Die Interaktion zwischen Abwesenden gelingt vor allem durch die Nutzung mobiler Interfaces, wie z.B. eine Datenbrille.