Verachtungsrede gegen das E-Book @ChristophKappes
von Kusanowsky
Das Erstaunlichste daran ist, dass solche Ablehnungen gar nicht dazu führen, die Akzeptanz der Ablehnung zu befördern. Viel eher bewirkt eine solche „Verachtungsrede“, dass diese Ablehnung selber eher abgelehnt wird womit ein nützlicher Beitrag zur Förderung digital basierter Kommunikation geliefert wird. Zwar mag diese „Verachtungs- und Empörungsrede“ in den Kontext gewöhnlicher massenmedialer Kommunikation zur persuasiven Steigerung von Irritation über Stimmung und Meinungsmache eingebettet sein, sie mag „Werbung“, Akzeptanz, Parteinahme für einen kulturkonservativen Standpunkt bezwecken wollen, aber die operative Basis ist die Fortsetzung der Kommunikation über digitale Netzwerke, ist die Verbreitung einer html-Datei via lizenzloser Weitergabe und Weiterverbreitung durch Verlinkung. Dadurch geschieht nicht nur die Verwicklung in dieser Art der Kommunikation, sondern auch ihre differenzierte Reflexion, die übrigens für die Stabilität von Erwartungen dringend benötigt wird. Denn tatsächlich wird für einen Lernprozess auch das Nachdenken darüber gebraucht, was infolge dieses Lernprozessses in Vergessenheit gerät, was auf dem Monitor der Reflexion dann als Nostalgie, als Schwärmerei über die gute alte Zeit erscheint. Sobald solche Romantisierung beliebt werden zeigt sich, dass der Gedächtnisverlust eingetreten, dass der Lernprozess im Gange ist.
Man könnte auch sagen: diese Verachtungsrede ist eine Beachtungsrede, die von einem stattfindenden Lernprozess kündet, der auch durch einen Widerstand gegen diesen Prozess mit determiniert wird.
Die Ungeduldigen (Friedrich Nietzsche)
Gerade der Werdende will das Werdende nicht: er ist zu ungeduldig dafür. Der Jüngling will nicht warten, bis, nach langen Studien, Leiden und Entbehrungen, sein Gemälde von Menschen und Dingen voll werden: so nimmt er ein anderes, das fertig dasteht und ihm angeboten wird, auf Treu und Glauben an, als müsse es ihm die Linien und Farben s e i n e s Gemäldes vorweg geben, er wirft sich einem Philosophen, einem Dichter ans Herz und muss nun eine lange Zeit Frondienste tun und sich selber verleugnen. Vieles lernt er dabei: aber häufig vergisst ein Jüngling das Lernens- und Erkenntniswerteste darüber – sich selber; er bleibt zeitlebens ein Parteigänger. Ach, es ist viel Langeweile zu überwinden, viel Schweiß nötig, bis man seine Farben, seinen Pinsel, seine Leinwand gefunden hat! – Und dann ist man noch lange nicht Meister seiner Lebenskunst – aber wenigstens Herr in der eigenen Werkstatt.
Quelle: Menschliches, Allzumenschliches
http://denkstil.blogspot.de/2014/02/die-ungeduldigen-friedrich-nietzsche.html
Und auch hier ein schönes Beispiel, dass Meinung eine brutale Komplexitätsreduktionsmaschine ist, in deren chromlackierte, kulturbubble-induzierte Falle der Schreiberling selbst getappt ist.