Eine Bemerkung zu parasozialer Interaktion

von Kusanowsky

Parasoziale Interaktion ist etwas, das jeder kennt und ist mit Radio und Fernsehen entstanden. Die bekannteste Situation parasozialer Interaktion entsteht durch die „versteckte Kamera“. Die Opfer dieser Streiche werden in Kommunikation verwickelt ohne, dass sie eine Chance hätten dies herauszufinden. Es gibt nun keinen erkennbaren Standpunkt, von dem aus mit Treffsicherheit geklärt werden kann, ob in einer jeweiligen Verwicklungssituation Kommunikation stattfindet oder nicht. Dass man dies behaupten kann kommt daher, dass diese Fälle aufgedeckt und im Fernsehen gesendet werden. Durch Kommunkation werden diese Situationen wiederum bekannt, nur durch anschließende Kommunikation kann man wissen, dass die Opfer solcher Streiche auch hätten heraus finden können, dass Kommunikation aufgrund der unwahrscheinlichen Vorfälle stattfindet. Aber solche Diskussionen drehen sich unendlich im Kreis, weil von keiner Stelle aus gewusst werden kann, was passiert wäre, wenn etwas anderes passiert wäre.
Es kommt hinzu, dass man aus dem Fernsehen nur solche Fälle kennt, in denen die Opfer zugestimmt haben, dass dies gesendet wird. Was nicht immer geschehen muss. Denn diese Verwicklungen zeigen ja peinliche Situationen, die es auch zulässig machen, die Ergebnisse mit Geringschätzung zu bedenken. Denn schließlich entdeckt man als Opfer, dass man verarscht wurde. Da nun der Regisseur einer solchen Sendereihe damit rechnen muss, dass manche Opfer nicht über sich selbst lachen können, werden diese Fälle nicht gesendet, werden also nicht bekannt, weshalb man glauben kann, dass diese Streiche allesamt harmlos für die Beteiligten sind. Aber das ist gleichsam ein Selektionsirrtum. Alles, was aussortiert wird, kann nicht hinsichtlich seiner Harmlosigkeit beurteilt werden.

Die Verwicklung in Kommunikation durch Internetkommunikation erzeugt nun, dass alle mehr oder weniger oft in solche Zusammenhänge der parasozialen Interaktion verwickelt werden. Wobei der Schwierigkeitsgrad höher ist, weil es keinen Regisseur gibt und auch keine Opfer, weshalb es auch schwer wird, den Unterschied zwischen Absichten und Irrtümern zu erkennen. Und es kommt hinzu, dass die Aufdeckung parasozialer Verwicklungszusammenhänge selbst wiederum auf dem Wege der parasozialen Interaktion geschieht. Der Selektionsirrtum erzeugt weitere Selektionsirrtümer. Schwieriger geht es nicht. Ergebnis: die Wahrscheinlichkeit, dass Geringschätzung bei Aufdeckung des Irrtumszusammenhangs mitgeteilt wird ist mindestens so groß wie die Wahrscheinlichkeit der Wertschätzung. Geringschätzung ist sogar wahrscheinlicher, je berechtigter, je willürlicher und folgenloser man Absichten bei anderen unterstellen kann. Man  äußert dann Geringschätzung, weil Sanktion ohnehin nicht zu befürchten ist und bestenfalls bleibt es dabei. Nicht selten aber ist dann die Trollerei schon im Gange und setzt sich mühelos fort.

Die allergrößte Schwierigkeit besteht nun darin, aus diesem Irrsinn klug zu werden, weil es dafür gar keine Notwendigkeit gibt. Deshalb halte ich die Bekundung von Ratlosigkeit und Hilflosigkeit für einen bemerkenswerten Erkenntnisfortschritt. Dadurch wird nämlich am besten verhindert, dass der Irrsinn weiter geht. Und es eröffnet sich damit die Möglichkeit, sich auf Überraschung einzurichten und damit auf Lernbereitschaft.

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