Vortrag: Mein Hund und sein Postbote – RaumZeitLabor – #trollcon13
von Kusanowsky
Empfehlen möchte ich auch den Vortrag von Tom Poljanšek – Ich weiß, wo du wohnst.
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An diesem Kommentar von @gorgonobserver https://www.facebook.com/Beobachter.der.Moderne/posts/180905815439802 kann man sehr genau ablesen, wie stark transzendentaltheoretische Vorbehalte gegen die Kommunikation in der Kommunikation eingeschliffen sind und auf Beharrhlichkeit dringen und dabei die Trollkommunikation performativ erzeugen. Der Kommentar lautet:
„Trolle sind Personen, die im Spiel der Kommunikation allein dadurch auffallen, dass die einzige Information, die sie mitzuteilen haben, darin besteht, dass sie gar nicht am Spiel teilnehmen wollen. Trolle sind, mit anderen Worten, Spielverderber. Sie stehen an der Seitenlinie und können nur zuschauen, aber nicht mitmachen. Die einzige Möglichkeit trotzdem mitzumachen, sehen sie ausgerechnet darin, ihre Unfähigkeit oder Unwilligkeit am Spiel teilzunehmen öffentlichkeitswirksam vorzuführen. Da es aber ziemlich dämlich aussehen würde, wenn man im Spiel mitteilt, dass man gar nicht daran teilnehmen möchte, geht man stattdessen auf die Mitspieler los. Aber wie heißt es so schön: don’t hate the player, hate the game. Daraus folgt: If you hate the game, stay out of the game. If you hate the game and can’t stay out of the game, you will look like an idiot. Da Trolle das Spiel vermutlich nur hassen, weil sie früher irgendwann mal verloren haben, sind sie einfach nur schlechte Verlierer. Aber anstatt sich ein anderes Spiel zu suchen oder versuchen ein besserer Mitspieler zu werden, lassen sie ihren Hass auf das Spiel immer wieder an den Mitspielern aus, weil sie glauben die Mitteilung, dass sie nicht teilnehmen wollen, wäre eine Form, wie man am Spiel teilnehmen kann. Während die Mitspieler das sehr schnell durchschauen, sind die Trolle die einzigen, die das nicht verstehen und auch nicht registrieren, dass die anderen schon längst verstanden haben, was der Troll noch nicht verstanden hat.“
(Die Kopie geschah, um zu zeigen, dass die evtl. Löschung des Kommentars die Diskussion nicht vermeiden kann.)
Transzendentaltheoretisch könnte man sagen, dass Subjekte in einem langen gesellschaftlichen Evolutionsprozess gelernt haben, sich selbst als bereinigt, ge- und aufgeklärt zu betrachten, sich für sich selbst als normal und durchsichtig zu beschreiben und diese Auffassung durch soziale Bedingungen zu bekräftigen. Dem widersprechen nicht die Einwände der Psychoanalyse, die ja selbst nur eine Erweiterung, einen Beitrag zur Diversifizierung und Differenzierung transzendentaltheoretischer Annahmen geliefert hat.
In transzendentaltheoretischer Hinsicht erfährt sich das Subjekt infolge seiner vertrauenswürdigen Wahrnehmung, deren Vertrauenswürdigkeit durch Wahrnehmungstäuschung gar nicht eingeschränkt wird, weil ja die Wahrnehmungstäuschung transzendentaltheoretsich behandelbar ist, als in der Kommunikation, wenn auch kontingent, vorausgesetzt und lässt diese Voraussetzung auf gleiche Weise für andere gelten. Der empirische Anfangspunkt findet sich entsprechend darin, dass doppelt kontingent unterstellbare Klarheiten, Plausibilitäten, Normalitäten, Selbstverständlichkeiten für die Kommunikation als Voraussetzung gelten, was tatsächlich auch stimmt, solange die Kommunikation nicht beginnt.
Beginnt sie aber, so zeigt sich bald aufgrund der durch Kommunkation erzeugten Widersprüchen, Unklarheiten, Ungereimtheiten, Irritationen aller Art wie sehr solche transzendentaltheoretischen Annahmen, wie trivial sie auch immer verbreitet und akzeptiert sein mögen, auf Vermeidungsstrukturen angewiesen sind um eben diese Postulate zu retten. Eine entscheidende Struktur ergibt sich aus der Rechtfertigung für Exkludierung, wenn Störkommunikation unzumutbar wird. Es wird exkludiert und dies folgenlos gerechtfertigt, weil sich durch Exkludierung schon alle entscheidenden Folgen ereignet haben.
Die Netzwerkkommunikation lässt aber keine Exkludierung zu, weshalb auch Entscheidungen nicht getroffen werden können. Wenn unter dieser Voraussetzung nun wieder transzendentaltheoretische Voraussetzungen als Vorbehalte gegen die Kommunikation die Kommunikation fortsetzen, so hat die Trollerei immer schon begonnen. Eben dies kann am Kommentar von @gorgonobserver erkennen. Es wird eine Position des „Besserwissens“ behauptet, was auch zulässig ist, aber es gibt keine endliche Entscheidung, wer etwas besser weiß, weil an keiner Stelle erkennbar ist, wer was weiß, wann, wie, warum, woher usw. Es ist ein Spiel, aber es gibt keine Gewinner mehr. Die Selbstorganisation der Netzwerkkommunikation funktioniert chaotisch-irritativ. Sie schließt keine Subjekt ein, weil im „Internet“ keiner drin ist; es ist keiner da, den man ausschließen kann. Es ist ein Spiel ohne Konkurrenten.
Deshalb sind Trolle keine Subjekte und auch keine Personen, die man ausschließen kann, sondern paranoische Phantome, die man allenfalls verschweigen könnte. Aber das geht nicht, solange das nicht geschieht.
Mit diesem Artikel http://mspr0.de/?p=3986 ,der in seiner Länge kaum lesbar ist, kann man einen hübschen Eindruck davon bekommen auf welche Idiotien sich die Leute einlassen, wenn sie Kritik via Internet fortsetzen wollen. Die Referenzierungsprobleme sind so undurchschaubar, dass man immer dümmer wird, je intensiver und konzentrierter man sich damit befasst.
Seemann, DonAlphonso et al. verlangen immer noch, sich durch Zweifel kontrollieren zu lassen, weil sie – niemand weiß warum – auf irgendeine Wahrheit hoffen, die niemand mehr glauben kann oder will. Oder, wenn doch, dann ist irgendeine Wahrheit immer schon mit Überzeugung im Spiel, egal wie viele Beweise, Hinweise, Indizien, Verdächtigungen, Vorwürfe, Entschuldigen und Rechtfertigungen auch immer ins Spiel gebracht werden. In dem Maße, wie sie gegen jede empirische Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit daran hängen bleiben, ihre Urteilsfähigkeit durch Zweifel kontrollieren zu lassen, können sie nicht bemerken wie sehr sie durch Verwirrung kontrolliert werden.
Den Widerstand aufzugeben und sich stattdessen gleich durch Verwirrung kontrollieren zu lassen kann nu durchhalten, wer ideologisch stur und lernunfähig verharrt. Diese Lernunfähigkeit, diese Ideologie ist das Hindernis, an dem man vorbei muss, nicht die Trolle. Die Trolle sind nur diejenigen, die auf das Hindernis aufmerksam machen ohne es herzustellen.
Was ist ein Spiel? Ein Spiel besteht aus einer erwartbaren Koordinierung von Handlungen, die Folgewirkungen haben können, denen sich die Spieler nur schwer wieder entziehen können. Sollte die Unterlassung der Fortsetzung aber erfolgen, hat diese Unterlassung keinerlei Konsequenzen. Spiel ist etwas, das Folgen haben kann, aber nicht haben muss, und das bei Unterlassung notwendig keinerlei Folgen hat. Spiel ist im sozialen Zusammenhang eine doppelt kontingent informierte Situation darüber, dass alles, was im Spiel geschieht, keinerlei Notwendigkeit hat und jederzeit unterlassen werden kann, ohne, dass die Unterlassung sanktioniert werden könnte. Das ist Spiel.
Spiel ist also nicht einfach nur interesssenlose Handlung, unschuldiges herumtappen, fantasieren, zweckloses Geschehen. Spiel ist die wechselseitig informierte Situation der Kontingenz seiner Fortsetzung. Das heißt, ein Spiel geschieht erst dann, wenn die Beteiligten von einander wissen, dass sie jederzeit aufhören können.
Das Interessante daran ist die Frage, wie die Forsetzung motiviert wird? Was muss im Spiel geschehen, damit die Beteiligten etwas tun, das sie genauso gut unterlassen könnten? Wie bringen sie sich gegenseitig dazu, weiter zu machen? Mit Zwang, mit Gewalt, mit Drohungen geht es nicht. Denn wenn es auf diese Weise weiter gehen würde, handelt es sich definitionsgemäß nicht mehr um Spiel. Aber auch mit Versprechungen geht das Spiel nicht weiter, auch nicht mit Hoffnung- oder Angstkommunikation, weil damit immer Notwendigkeiten in Aussicht kommen, die das Spiel beenden würden: Ein Verprechen muss eingehalten werden, Angst- und Hoffnungspropaganda erzeugt, wenn nicht Gewalt und Entsetzen, so zu mindestens die Reflexion über eigene leibliche Verwicklung und damit Unsicherheit, gefolgt von weiterer Angst oder Hoffnung aus Gründen der notwendigen Verminderung dieser Unsicherheit.
En Spiel lebt von der Aufrechterhaltung, von der Wiederbelebung, von der Reprodduktion der Unsicherheit. Ein Spiel vermindert nicht die Unsicherheit seiner Fortsetzung, sondern stellt sie immer wieder anheim, lässt sie zu, macht sie erwartbar und nicht selten sogar steigerbar.
Aber wie kann das Spiel dann trotzdem weiter gehen, wenn Abbruch, Ende jederzeit möglich und folgenlos bleiben?
Was macht das Spiel faszinierend?
Fortsetzung folgt
Was macht das Spiel faszinierend?
Ein ablaufendes Spiel normalisiert sich durch die Verkettung überraschender Ereignisse, die nicht nur deshalb keine Notwendigkeit haben, weil sie nicht geschehen müssen, sondern auch, weil, wenn sie geschehen, den sozialen Fall der Kommunikation enorm stark reflektieren. Denn Kommunikation hat genauso wenig Notwendigkeit wie das Spiel. Die starke Reflexion wird durch Fairness geleistet. Fairness ist eine sehr eigentümliche Handlungsansweisung, weil mit keinem überzeugenden Argument verständlich gemacht werden könnte, was denn gemeint ist und worauf es ankommt, wenn Fairness erwartbar gemacht werden soll.
Was soll man tun, wenn die Anweisung lautet: Zeige dich fair? Denn: was wäre, wenn es dir das nicht gelingt, egal, ob Absicht, Unwissenheit oder Nichtinformiertheit zugrunde liegt? Das Interessante ist ja, dass das Spiel auch dann weiter gehen kann, wenn der Anweisung „zeige Fairness“ nicht gefolgt wird, weil ja definitionsgemäß das Spiel auch beendet werden könnte. Also: auch beobachtbare Unfairness könnte noch geeignet sein, das Spiel fortzusetzen. Aber warum?
Nennen wir Fairness irgendeine paranoische Fiktion, die sich an Gerechtigkeit, Nachgiebigkeit, Rücksichtnahme, Selbstlosigkeit, Großzügigkeit, Verzicht eines Vorteils zu Gunsten eines anderen oder was auch immer heftet, also irgendetwas, das mehr oder weniger imaginativ plausibel ist. In allen Fällen wird immer nur eine schwache Defintion von Fairness möglich, eine schwache Meinung darüber, was Fariness ist, eine Schwäche, die eben nicht dazu führt, sich nicht auf Fairness einzulassen. Im Gegenteil. Fairness macht gerade aufgrund der Tatsache, dass es nur eine paranoische Fiktion ist, darauf aufmerksam, wie interessant es werden könnte, wenn man das Spiel fortsetzt. Das selbe gilt nämlich für Unfairness auch. Unfairness ist genauso schwer definierbar und kann mitunter auch nicht so leicht gezeigt werden, weil auf Unfairness mit Fairness, mit Geduld oder was auch immer reagiert werden könnte. In einer Definition von Fairness könnte könnte also auch noch der Fall der Unfairness enthalten sein. Das nenne ich eine paranoische Fiktion: irgendwas, das ununterscheidbar ist und irgendwas besagt, das genauso gut auch dummes Zeug sein könnte.
Wird aber Fairness im Spiel als anschlussfähige Differenz erkannt, dann spreizen sich Kontingenzen auf, die die paradoxe Folge haben, dass Überraschungen auch dann geschehen können, wenn sie erwartet werden.
Normal ist das nicht. Überraschung kann man genauso wenig ankündigen wie Neues. Und trotzdem kann, auch wenn sowas angekündigt wird, Überraschung geschehen.
Fortsetzung folgt.
Was macht das Spiel faszinierend?
Ich möchte vermuten, dass im Spiel gerade durch die soziale Aufspreizung von Kontingenz enorm viel Nichwissen kommunikativ behandelbar wird. Denn es gibt zwei Fälle zu beurteilen:
1. Was geschieht, wenn das Spiel weiter geht? Und 2.: was geschieht, wenn es nicht weiter geht? Dieser zweite Fall ist für das Spiel völlig uninteressant, weil er eine vollständige Informationssituation erzeugt: Vorbei ist vorbei! Da ist nichts mehr und es kann nichts mehr kommen. Eine vollständig informierte Situation lässt alle Reflexivität sofort zusammenbrechen.
Also bleibt der erste Fall interessant. Aber: die Faszination kann nur dadurch motiviert werden, dass die Fortsetzung, egal was aus der zurück liegenden Spielhistorie auch immer im Gedächtnis geblieben sein mag, unter Bedingungen gestellt wird, die sich aus der Spielhistorie ergeben. „Wenn weiter machen, dann …!“ In diesem Fall geschieht Ordnungsfindung durch Regelbildung. Wichtig ist, dass für die Regelfindung eine Ordnung notwendig ist, die Ordnung selber aber keine Notwendigkeit hat und im Fall des Spiels selbst als paranoische Fiktion fungiert, für die etwas ähnliches gilt wie für Fairness: die Ordnung könnte auch als heteroclitisches Chaos erkenbar werden, das allerdings durch Regelbildung eingeschränkt wird. Durch Regelbildung wird Erfahrung strukturiert und für das Gedächtnis verfügbar gemacht. Und erst dann können – aber nicht müssen nicht – Regeln Notwendigkeiten erzeugen, die aber nicht die Kontingenz der Fortsetzung betreffen, sondern nur die Differenzierungsfähigkeit der Regeln, was jedoch nur geht, wenn das Spiel fortgesetzt wird. Regeln werden durch Akzeptanz differenzierbar, was umso weniger nötig wird, je stärker und aufdringlicher durch Fairness eine Nichtinformiertheit über die Situation erzeugt wird.
Das heißt: Regeln bilden sich nicht aufgrund von Informationsdefiziten, sondern immer dann, wenn Entropie verringert wird, wenn einerseits Nichtwissen beiseite geräumt wird und andererseits Fairness als Generator für weitere Nichtwissenprdouktion erhalten bleibt. Man muss ja immer bedenken: Regelbildung kann Notwendigkeiten gerade dadurch erzeugen, dass auch Regelverletzungen nicht verhindert werden. Entscheidend ist immer, ob sich der „paranoische Farbstoff“ der Fairness gleichsam auf die Informationssituation abfärbt. Das kann dazu führen, dass selbst grobe und wiederholte Unfairness immer noch nicht dazu führt, das Spiel zu zerstören, um so weniger, wenn erkannt wird, dass die Diskussion um Handlungsmotive für die Fortsetzung des Spiels selbst einen Direktionswert erhält, das heißt, wenn im Spiel eine Beobachtung zweiter Ordnung eingeführt wird, wenn eine Kommunikation über Kommunikation die Informationssituation trotz gut etablierter und funktionierender Regelbildung verschlechtert.
Ich würde das so formulieren: Je mehr Regeln gefunden werden, um so mehr Notwendigkeiten ergeben sich im Spiel. Dadurch macht sich das Spiel komplizierter, aber interessanter, insofern die ungeregelten Fälle auch ohne Regel behandelt werden können, nämlich durch Fairness.
Was hat das ganze mit social media zu tun?
Fortsetzung folgt.
„Das Interessante ist ja, dass das Spiel auch dann weiter gehen kann, wenn der Anweisung ‚zeige Fairness‘ nicht gefolgt wird …“ Die einzigen komplexeren Sportregeln, die ich etwas kenne, sind die des Fußballs. Im Fußball geht das Spiel NICHT weiter, wenn jemand starke Unfairness zeigt – er wird entweder sofort und nach zweimaliger größerer Unfairness vom Platz gestellt, anschließend wandert der Fall sogar vor ein „Gericht“, dass eine weitergehende Bestrafung vorsieht. Von daher hat gerade in definierten Spielen (Spielen mit Regeln im Gegensatz zu ungeregelten Spielen wie zum Exemplum der Künstler, der mit den Farben „spielt“, oder der Twitterer, der mit Worten spielt) Unfairness einen bestimmbaren Kern, nämlich den Regelverstoß. Dabei ist der Regelverstoß selbst nicht unbedingt unfair. Unfair ist, wenn der Verstoß entweder nicht anerkannt wird („Sorry …“) oder wenn das Eigeninteresse einen Spieler dazu bringt, einen groben Regelverstoß mit entscheidenden Folgen für den Spielverlauf bewusst zu begehen. Von daher ist Fairness gut bestimmtbar als Vermögen, die eigene Interessenslage zu relativieren und ggf. gegen die eigenen Interessen zu verstoßen, damit andere ihr Recht bekommen. Die Krönung der Fairness ist daher immer, wenn ein Spieler einen nicht bemerkten Regelverstoß selbst zugibt. Profis geraten dabei in Punktspielen in ein Dilemma, eine „Double-Bind“-Situation, weil sie auch moralisch verpflichtet sind, für Verein und Mitspieler sich einzusetzen („alles zu geben“). Das führt zu einer erhöhten Unfairnessbereitschaft bei Profispielern im Vergleich zu Hobby-Mannchschaften, zuweilen zu einem Unfairnesszwang – der Spiel opfert sich dann für die ganze Mannschaft, um ein Tor des Gegners zu verhindern, was unfair im Hinblick auf den Gegner, aber „fair“ gegenüber seinen Mitspielern sein kann.
Die Erhöhung der Unfairnessbereitschaft durch differierende Verpflichtungen findet sich auch in der gesellschaftlichen Kommunikation, wo ein Sprecher oder Schreiber einer „Mannschaft“ angehört, z.B. einem Unternehmen oder einer Partei. Das ist genau der Punkt, den die „Hobbyspieler“ (die Bürgerinnen und Bürger draußen im Lande) nicht verstehen und nicht akzeptieren können, dass nämlich Profipolitiker nicht immer einfach „fair“ („aufrichtig und wahrheitsgemäß“) sagen können, was sie denken bzw. was hinter den Kulissen der Fall ist, ohne Gefahr zu laufen, sich an den gemeinsamen Interessen von Partei, Koalition oder Ministerialbeamten zu vergehen. Deshalb kommunizieren Politiker tendenziell immer „unfair“, sobald ein Mikro oder eine Frage an sie gerichtet wird. Interessant vielleicht, dass das Politik-Spiel nur weitergehen kann, soweit die „Spieler“ bereit sind zu Unfairness und absoluter Parteilichkeit. Wer nicht bereit ist zu einer gewissen „Dreckigkeit“, zum Gebrauch von fadenscheinigen Argumenten, mehr oder minder lässlichen Unwahrheiten, Mobbingstrategien etc etc etc , der sollte kein höheres Amt anstreben, er würde nämlich schwerlich eines bekommen können. Politik ist, wo es ums Durchboxen geht. Es ist per se ein unfeines Spiel, in dem das versteckte Foul Teil der Praxis ist und als „Mittel zum guten Zweck“ unter Umständen sogar seine moralische Würde haben kann.
Spiel ist die hoch unwahrscheinliche Kommunikation von Fairness, die auch dann gelingt, wenn niemand einfach bestimmen kann, was Fairness bedeutet. Fariness ist hoch unbestimmt und kann trotzdem kommuniziert werden. Das ist erstaunlich. Sport wäre ein Spielkontext, der eine bestimmte Art der Fairnesskommunikation in die Gattung eines bestimmten Regelsystems bettet. In mancher Hinsicht, was jedoch nicht so einfach zu argumentieren wäre, könnte man auch das naturwissenschaftliche Experiment als ein Spielkontext auffassen, in welchem es darum geht, sich durch die Ergebnisse von Experimenten von Überzeugungen zu befreien, wovor es keine Notwendigkeit gibt, weil auch wissenschaftliche Experimente gerade weil sie differenzierungsbedürftig sind, Kontingenzen stets ausweiten, weshalb niemand so einfach dazu gebracht werden kann, Überzeugungen fallen zu lassen. Das Experiment wäre dann der Versuch, sich trotzdem darauf einzulassen, was heißen könnte: Fairness zu zeigen, indem man sich zum eigenen Irrtum bekennt, ohne dass man dazu gezwungen werden könnte. Aber das nur nebenbei.
Ich möchte nun vermuten, dass das Überraschungsmoment des Web 2.0 darin besteht, dass es alle beobachtbaren Handlungszusammenhänge unter die Prämisse stellt, dass nichts davon notwendigerweise passieren muss. Ja, die ganze Erfindung des WWW seit den 80er Jahren erfolgte nicht nach Kriterien der Notwendigkeit, sondern entstand durch Differenzierung technischer Spielereien, die zunächst nur innerhalb eines Diskurses von Technikern, Informatikern, Softwarentwicklen und Hackern eine Faszination ausübten. Die Ausweitung geschah dadurch, dass immer mehr Knowhow entstand, das immer mehr Personen in die Kommunikation verwickelte. Etwas vergleichbares passierte am Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Ausbau eines Telekommunikationsnetzes. Ein Telefon war zunächst völlig nutz- und wertlos, weil man niemanden anrufen kann, wenn keiner oder kaum einer ein Telefon hat. So haben sich die Bastler gegenseitig angerufen, aber nur um sich Dinge zu sagen, die völlig unwichtig waren, weil sie die wichtigen Dinge nur verbindlich besprechen konnten, wenn sie nicht telefonierten. Und es dürfte für den Ausbau eines Telekommunikationsnetzes was den technischen Voraussetzungsreichtum betrifft das selbe gelten wie für das Internet: die ganze Gesellschaft muss etwas dazu beitragen, dass sich die Voraussetzungen erweitern. Entsprechend dauerte die Entwicklung des Netzes sehr lange, weil parallel dazu ja auch die technische Voraussetzung der Verbesserung von Rechnerleistung und die Vereinfachung der Softwarebenutzung geschehen musste, damit bald auch technische Laien an der Kommunikation teilnehmen konnten.
Wie auch immer. Mindestens zeigte sich infolge der Popularisierung des Netzes in den 90er Jahren, dass auf einmal die Frage auftrat, wie man damit Geld verdienen kann – eine Frage, die bis heute keine verlässlichen Antworten geliefert hat. Es gibt zwar Versuche wie #sobooks, aber es ist gegenwärtig nicht gut erkennbar, wie durch eine social app Zahlungsverpflichtungen implementiert werden können, da das Überangebot an Lesestoff kaum zulässt, den größten Teil davon zu ignorien um nur einen geringen Teil davon der Rezeption zuzuführen, sofern man dafür einen Dienstleister bezahlt. Aber mindestens zeigt dieser Versuch wie auch viele andere, irgendwelche Notwendigkeiten, Verpflichtungen, Verbindlichkeiten zu implementieren, was auf der anderen Seite dieser Versuche die Beobachtung auswirft, dass die Suche nach Notwendigkeiten keine Notwendigkeit hat.
Das Web 2.0 entstand grundlos, ist überflüssig und man kann damit kaum irgendwelche bestimmten Zwecke verfolgen, was man an den Überwachungswahn der Geheimdienste feststellen kann. Die Zwecke, die die Geheimdienste selbst angeben, erreichen sie nicht. Und das, was sie erreichen, ist zum größten Teil Verwicklung in die Probleme, die sie bekommen, wenn sie sich auf die Probleme einlassen, z.B. durch Whistleblowing.
Das Web 2.0 ist nutzlos und überflssig. Jedenfalls sind alle bekannten Nutzanwendungen nur Optimierungen bereits bekannter Routinen und Verfahrensweisen infolge der Einsparung von Transaktionskosten. Irgendwelche spezifischen und entscheidenden Innovationen sind durch das Netz noch nicht entstanden, was sich sicherlich bald ändern wird, insbesondere, wenn es darum geht überflüssge Kapazitäten und freie Ressourcen durch Selbstorganisation verfügbar zu machen.
Der Fall Uber scheint genau auf dieser Grenze zu balancieren. Einerseits sind Mitfahrzentralen keine Innovation des Netzes, aber es zeigt sich andererseits, dass jetzt, weil der organisationale Aufwand sehr gering ist, die Chancen der Selbstorganisation neue Ressourcen und Kapazitäten aufschließen.
Fortsetzung folgt.
„… Der nächste Schritt in meiner favorisierten Spielstrategie wäre, das Spiel und seine Regeln zu analysieren. Ich weiß nicht, ob du das mit „verstehen“ meinst, hinterwald. Aber man wird davon ausgehen können, dass eine ganze Reihe von Teilnehmern an dem Spiel auch ein Interesse daran hat, die Funktionsweise und die Regeln des Spiels für andere zu verschleiern, die dann eben nicht so gute Spielergebnisse erzielen können …“
http://hinterwaldwelt.blogspot.de/2015/05/ist-ja-nicht-wahr.html?showComment=1433080725896#c513000313113461468