Die Wahrheit über die Welt #philosophie #wahrheit #welt
von Kusanowsky
Hier gibt es noch einmal einen Vortrag von Markus Gabriel, der die These vorträgt, dass es erstens die Welt nicht gibt und dass man zweitens darüber die Wahrheit sagen könnte.
Ich habe diesen Vortrag bis zum Ende verfolgt und war einigermaßen beeindruckt, wie das viele tausend Jahre alte Problem der Wahrheit noch einmal problematisiert wird. Der Optimismus ist beneidenswert. Interessant zu sehen ist, wie wenig dazu gehört, um sich auf diese Aussichtlosigkeit noch einmal einzulassen. Inwischen geht es gar nicht mehr ohne Witze und ohne Ironie, weil alles andere die Traurigkeit des Problems sehr viel schneller erkennbar machen würde.
Vielleicht wird mir Markus Gabriel irgendwann mal eine andere Frage beantworten. Man kann sehr viel darüber sagen, was die Wahrheit ist und wie man sie rechtfertigt. Was mich interessieren würde ist, woher eigentlich die vielen Irrtümer kommen. Meine Vermutung ist: sie entstehen, sobald die Kommunikation über Wahrheit beginnt.
.@frachtschaden: Es ist ja nicht so, dass es keine Wahrheit gibt, sondern nur: sie ist banal, fraglich oder unbekannt. Das wars.
@kusanowsky: Kann ich für jedes ein Beispiel haben?
@frachtschaden: Erster Satz: Banal ist Wahrheit dann, wenn sie stimmt. Zum Beispiel, wenn ein Kreis rund ist oder wenn Zeit relativ ist. Zweiter Satz: Fraglich ist Wahrheit dann, wenn behauptet wird, dass sie wahr sei. Wenn zum Beispiel jemand behauptet, es sei wahr, dass ein Kreis rund sei oder es sei wahr, dass Zeit relativ sei. Fraglich wird die Wahrheit nämlich dadurch, dass jemand etwas als Wahrheit behauptet, das unter anderen Umständen niemand bestreiten würde, aka philosophische Diskussion. Dritter Satz: Die Wahrheit ist unbekannt, wenn zum Beispiel weder der erste noch der zweite Satz wahr ist oder auch nicht.
Ich finde diese Dreierunterscheidung von „Wahrheit“ interessant. Und die Frage von @Frachtschaden nach Beispielen umso mehr 🙂 Beim Drübernachdenken komme ich aber nicht über die Unterscheidung von Heinz von Foerster hinaus, die da entscheidbare von unentscheidbaren Fragen unterscheidet (Und so in gewissem Sinne Klaus’s Kategorien „Fraglich“ und „Unbekannt“ zusammenfasst.) In einem kleinen Kapitel in „Foerster, H.v. (1993) KybernEthik“ das mit Metaphysik überschrieben ist erläutert er diese Unterscheidung sehr beispielsreich. Wenn man die Frage nach „Wahrheit“ stellt, dann sollte man evtl. diese Textstelle nicht ganz ungelesen belassen. Ich habe mir mal erlaubt diese auszuschneiden 🙂 Siehe: http://goo.gl/z9ZN5M
„wenn der Kreis rund ist (Satz1) behauptet das doch auch jemand?“
Ja, das stimmt. Der erste Satz gilt für den normalen Fall, dass man sich Naivitäten leisten kann. Der Satz: „Du hast eine Nase im Gesicht!“ ist in Hinsicht auf seine Wahrheit banal, wenn es keinen Grund gibt, die Wahrheit zu bezweifeln oder zu bestreiten. Wenn der Satz stimmt, dann stimmt er. Jedenfalls ist nicht erkennbar, warum die Wahrheit dieses Satzes irritabel ist.
Das gelingt im Fall des zweiten Satzes, nämlich dann, wenn etwas nachdrücklich mit einer Wahrheitsreferenz versehen wird, wofür es gar keine Notwendigkeit gibt, etwa: „Es ist wahr, dass du eine Nase im Gesicht hast!“ Denn wenn diese Nachdrücklichkeit der Wahrheit auffällt, dann fällt auf, dass dies „nur möglich“ ist. Es ist möglich, Wahrheit zu behaupten in Hinsicht auf Sätze, die ohne diese Nachdrücklichkeit gar nicht bezweifelt werden würden. Das bedeutet, dass, wenn diese Möglichkeit relevant werden kann, dann auch eine andere, nämlich die Möglichkeit, die genauso wenig notwendig und darum genauso zulässig ist, relvant sein kann, die lautet: „Es ist ein Irrtum, dass dies eine Wahrheit ist.“ Und schon kann die philosophische Diskussion losgehen, solange ignoriert wird, dass es sich um bloße Möglichkeiten handelt, deren Irritabilität keine Notwendigkeit hat.
Es geht also um die Frage, worin sich die Beobachtungssituationen, die den ersten und den zweiten Satz umfassen unterscheiden. Der erste Satz beschreibt den naiven Fall: es stimmt, wenn es stimmt. Der zweite beschreibt den Fall, der entsteht, wenn diese Naivität fraglich wird, wodurch zugleich jede Art von Wahrheit fraglich wird, weil man aufgrund der nicht notwendigen Behauptung der Wahrheit genauso gut Irrtum behaupten kann. Und je angestrengter im philosophischen Gespräch die „Nur-Möglichkeit“ (die Nichtnotwendigkeit) des Gesprächs ignoriert wird, um so irritabler wird das Problem, das man nicht hätte, würde man es nicht mit viel Aufwand herstellen.