Die drei Medienepochen bei Herder
von Kusanowsky
Aus dem Jahre 1800 stammt ein Entwurf von Johann Gottfried Herder zu einer Abhandlung, die sich mit dem befasst, womit man sich immer noch befasst: mit der Einteilung der gesellschaftlichen Evolution in Epochen, wobei hier der Schwerpunkt auf Medienepochen liegt: Sprache, Schrift, Buchdruck.
Zwar hatte Herder diese Abhandlung niemals ausgefertigt, allein die Gliederung zeigt auf beeindruckende Weise, dass die von Dirk Baecker prominent vertretenen Thesen über eine Einteilung von Medienepochien einer Tradition entpricht, von welcher die Systemtheorie sich gern abwenden möchte, was aber nicht so einfach geht, weil die Tradition – und zwar deshalb, weil sie von der Wissenschaft mit besonderer Sorgfalt gepflegt wird, indem durch Zitationsroutinen nur das zitiert wird, was immer schon zitiert, aber nur selten gelesen wurde – nicht sehr gut bekannt ist.
Vom Einfluß der Schreibekunst ins Reich der menschlichen Gedanken.
I. Ehe an Schreibekunst gedacht ward, waren schon menschliche, und zwar die edelsten Gedanken;
a.) die vortrefflichsten Gedichte. Poesie war nicht Schrift, sondern Gesang, Tanz, Declamation, Vorstellung. 1. der Ebräer. 2. der Griechen. 3. aller ungebildeten Völker, z. B. Ossian;
b) die besten Reden und Thaten der Menschen;
c) die größten Erfindungen zum Nutzen der Menschen;
d) das Gedächtniß der Menschen war vor dieser Erfindung stärker. (Plato.)II. Die Erfindung der Schrift machte eine große Veränderung im Reich der menschlichen Gedanken.
a) Sie bestimmte und fesselte das Wort; dadurch empfing die Sprache, der Dialekt, der Ausdruck, der Gedanke Festigkeit und Ordnung.
b) Sie theilte es, auch ohne lebendige Gegenwart, mit. Große Einwirkung der Schreibkunst aus ganze Völker und Länder, z. B. Homer, Pindar, Horaz etc.
c) Sie erhielt es auch für die Zukunft.Blick auf das, was erhalten und verloren gegangen ist. Ohne Schreibkunst ist keine Geschichte, sondern Märchen und Sage; Chronologie; Astronomie und die Mathematik in den meisten Theilen; künstliche Philosophie, Naturgeschichte u. s. w.
III. Die Erfindung der Buchdruckerkunst machte eine tausendfache Schrift.
a) Zustand der Schriften vorher, wenig, mühsam, kostbar; verstümmelt, fehlerhaft; bis zur allgemeinen Vergessenheit vergänglich.
b) Große Veränderung mit der Erfindung. Alle Alten lebten auf; sie wurden allenthalben gelesen. Auch neue Schriften verbreiteten sich aufs Schnellste. Also allgemeiner Wettkampf. Reformation.
c) Allgemeine Vervollkommnung der Wissenschaften, weil alle Geister in allen Ländern gemeinschaftlich arbeiteten. Galilei, Baco, Cartes, Leibniz, Newton, Herschel u. dergl.
d) Verewigung der menschlichen Gedanken, daß keine allgemeine Barbarei so leicht mehr möglich ist.
e) Leider aber auch Schwächung der menschlichen Kräfte, Verderb der Zeit, Nachahmungssucht, Empfindelei aus Büchern, Schreibsucht ohne Gedanken, fast allgemeine Verachtung der Literatur.
Danke für den Hinweis auf Ihren schönen Fund, auch wenn ich Ihren unsinnigen Vorwurf, Systemtheoretiker würden nicht lesen, zurückweise.
Diesen Vorwurf habe ich nicht gemacht: ich habe geschrieben, dass man sich von einer Tradition, die man nur ungenügend kennt, nicht so leicht abwenden kann. Die Wissenschaft kennt diese Tradition nur deshalb ungenügend, nicht, weil sie ihre Texte nicht liest, sondern weil, wenn gelesen wird, nur gelesen wird, was immer schon zitiert wurde.
Das ist kein Vorwurf, sondern ein unvermeidlicher Systemprozess.
Diesen Systemprozess hat insbesondere Niklas Luhmann auf relativ intelligente Weise kommentiert, indem er inflationär zitierte. (Bei Herder: „Schreibsucht ohne Gedanken“) Gerade Luhmanns Fußnoteninflation, diese Übertreibung hat den Charakter einer Meinung, die lauten könnte: soviel zitieren kann nur jemand, der allenfalls einen geringen Bruchteil davon gelesen hat. Die Übertreibung macht auf Unhaltbarkeit des Dokumentierten aufmerksam; zeigt, dass es vielleicht auch mit weniger Aufwand gehen könnte. Aber so einfach geht es eben nicht.
Ein guter Text, danke für den Fund. Spannend auch Ihr Hinweis auf Zitationsroutinen. Sie führen zu einem beinahe kalenderspruchhaften Verständnis der Welt. Zitate werden mitunter vom vollständigen Text Lügen gestraft (wenn man ihn läse) und unterliegen einem kulturellen Verständnis, das nicht dem des Originaltextes entspricht. Leider ist das Thema wenig erforscht.
Was für ein Unfug! Sie machen es sich zu einfach. Jedes Zitat ist eine Möglichkeit, einen Beleg in ein Argument einzubauen, das mit einem anderen Beleg anders laufen und zu anderen Ergebnisse käme. Fussnoten haben insofern denselben Status wie Begriffe: Sie machen deutlich, was umzustellen wäre, wenn man woanders hinwill. Und sie machen den Aufwand deutlich, der dann zu gewärtigen wäre: die Suche nach anderen Belegen und die Arbeit an den Begriffen. Zu beidem darf man sich immer eingeladen fühlen
„Zu beidem darf man sich immer eingeladen fühlen“
Soll ich das als kompliziertes Argument werten, über das ich mehrere Wochen nachdenken müsste, um zu verstehen, dass man das alles auch ganz anders verstehen kann?
Fußnoten werden nur ganz wenigen Fällen dazu benutzt, um in der zitierten Literatur nachzulesen, worum es geht. Meistens wird bei Gefälligkeit nur abgeschrieben. (Plagiatsskandale!) Und wenn man prüft, stellt man nicht selten fest, was auch ohne Überprüfung jederzeit im Rahmen des Wahrscheinlichen liegt, dass nämlich mit jedem Zitat nur eine Verschiebung vorgenommen wird, weil alles, was zitiert wird, nicht kontextfrei und kontextkongruent zitiert wird. Und weil das der Normalfall ist, werden Fußnotenangaben gar nicht überprüft, sondern einfach abgeschrieben: Man dokumentiert also, was woanders bereits dokumentiert wurde, nur um mitzuteilen, was auch ohne diese Dokumentation jedem Anfänger leicht plausibel zu machen ist: dass ein Argument auch ohne einen Schwall an Fußnotenangaben, die keiner nachliest, verstehbar gemacht werden kann. Die Einsicht könnte lauten, dass es um Argumente geht, die ja nicht dadurch falsch werden, weil sie von jemand anders bereits dokumentiert wurden. Aber so einfach darf es nicht sein, es könnte ja sein, dass sich der Hokuspokus leicht heraustellt. Man schreibt ab, was andere schon abgeschrieben haben. Denn es geht in der Wissenschaft nur selten um Argumente, sondern meistens um Personen. Und für viele Personen hat die Wissenschaftsbürokratie keine Zeit, nur wenig Raum und sehr, sehr wenig Geld.
Die Funktion der Fußnoten besteht darin, Barrieren des Nachvolzugs zu erzeugen und sie durch Fortkopieren zu steigern um testbar zu machen, wer so fromm ist und sich damit ungebührlich lange aufhalten will. Denn wer dies tut, wer übergründlich nachdenkt und prüft, verliert im Konkurrzgeschehen an Geschwindigkeit und kann sich dann nicht so einfach mehr in Strukturen einfädeln, die Gefälligkeit erwartbar machen. Denn alle Prüfung macht Widerspruch wahrscheinlich, aber damit nicht zugleich bessere Chancen, im Konkurrenzgeschehen um Gefälligkeiten den besseren Schnitt zu machen. Wer mit Widerspurch auffällt wird mit der Argumentationslast beauftragt, was nur geht, wenn die Beauftragung an Machtverhältnisse gebunden ist.
Bei Taschenspielern gilt der Grundsatz: Geschwindigkeit ist keine Hexerei. In der Wissenschaft ist das genau umgekehrt. Wer möglichst schnell möglichst viele Fußnoten schreiben kann, könnte bessere Chancen herausarbeiten, um glänzen zu können. Wer prüft und Gründe für Widerspruch findet, bremst sich selbst.
Deshalb ist es opportun nicht zu prüfen. Übrigens: auch Professoren prüfen nicht mehr, bzw. nur in selten Fällen. Stattdessen wird durchgewunken, weil das Massengeschäft ohnehin keinen Einzelfall mehr kennt, sondern nur noch Serialität.
„… dass die (…) Einteilung von Medienepochien einer Tradition entpricht, von welcher die Systemtheorie sich gern abwenden möchte (…)“
Das kann ich nicht nachvollziehen oder ich hab’s nicht verstanden. Will die Systemtheorie sich von der Epocheneinteilung abwenden?
Es geht darum, dass Epocheneinteilungen ein Steckenpferd der Tradition sind. Zu erinnern wäre an die Epocheneinteilung archaische Gesellschaft – Antike – Mittelalter – Neuzeit, eine Einteilung, die vielfache Permutationen durchlaufen hat. Seit dem 16. Jahrhundert hat sich beinahe jede Gelehrtengeneration um Epocheinteilungen bemüht. Im 19. Jahrhundert kam bei Marx die Idee auf, die Epochenteilung in Urgesellschaft – Sklavenhaltergesellschaft und bürgerliche Gesellschaft vorzunehmen und zusätzlich von einer nächsten Gesellschaft zu sprechen: die sozialistische, bzw. kommunistische Gesellschaft. Das ist zwar nicht erst seitdem ein ganz großes Ding in der alteuropäischen Gelehrsamkeit, aber ein beständiges, ein sehr traditionelles Problem, das von Luhmann und anhängender Schola gern aufgriffen und noch einmal ventiliert wird.
Baecker und Mitschüler möchte sich gern glaubhaft von einer Tradition absetzen, auf deren Materialien sie unverzichtbar angewiesen sind. Aber nicht nur darauf. Auch die sozial-strukurelle Machtformation (Wissenschaftsbürokratie) bleibt unverzichtbar, um diese Absetzung von der Tradition zu rechtfertigen, und dies, obgleich die Absetzung von der Tradition seit dem 16. Jahrhundert auf allen Wissensgebieten schon immer der Gründungsmythos der modernen Wissenschaft gewesen ist und damit auch zur Herstellung dieser Machtformation gedient hat.
„Will die Systemtheorie sich von der Epocheneinteilung abwenden?“ Nein, auf keinen Fall! Sie will sich von einer Tradition absetzen, über die sie notwendigerweise schlecht informiert ist, weshalb es passieren kann, dass Quellen auftauchen, die zeigen, dass diese Absetzung selbst Tradition hat. Dieser Quellenbeleg dieses Blogartikels zeigt nur: was Baecker als neue Wissenschaft präsentiert, könnte genauso so gut auch 200 Jahre alt sein. Dass dies nicht so betrachtet wird, hängt nur damit zusammen, dass die Machtverhältnisse es nicht zugelassen haben, die Selektion nach Medienepochen mit Prominenz zu versehen. Jetzt aber, wo sich Prominenz zeigt, zeigt sich auch, dass alles sehr alt ist.
Nach meinen (auch persönlichen) Erfahrungen verbringen ernst zu nehmende (Geistes-)Wissenschaftler etwa ein Drittel ihrer Zeit in Bibliotheken, ein Drittel ihrer Zeit mit Zettelkästen oder ähnlichem und ein Drittel mit Schreiben. Interessanterweise muss hier die Einheit der Differenz dieser drei Drittel den Namen „Forschung“ erhalten; man sagt dann sicherheitshalber: Grundlagenforschung. Empirische Primärforschung findet nicht statt, man geht nicht ins Labor, man macht keine umfangreichen Interviews, man ist nur tagein, tagaus mit teilnehmender Beobachtung beschäftigt, indem man an der Gesellschaft auch teilnimmt, über die man forscht. Man kann das auch „Philosophie“ nennen. Aber der springende Punkt ist doch, dass sich mit den Fachwissenschaften die Forschung, auf die man Bezug nimmt, die Begriffe, die man verwendet, und die Probleme, mit denen man sich beschäftigt, arg ausdifferenziert haben. Eine nächste Wissenschaft nimmt bereits jetzt einen Gutteil dieser Differenzierung wieder zurück, etwa in der BWL, in den Kulturwissenschaften, aber auch in der Semiotik und Kybernetik, ohne jedoch so recht zu wissen, auf welche neuen Differenzierungen sie sich einlässt. Der Wissenschaftsbetrieb spielt dabei eine Rolle: Man weiß, mit wem man etwas zu tun haben möchte und mit wem lieber nicht. Aber das hilft nur den Vorsichtigen, um nicht zu sagen: Ängstlichen.
“ Man weiß, mit wem man etwas zu tun haben möchte und mit wem lieber nicht.“
Nach meiner Erfahrung ist genau dies der entscheidende Punkt, der den größten Teil der Zeit besetzt. Man weiß eben nicht genau mit wem man es lieber zu tun haben möchte, sondern muss es erst heraus finden. Das geht durch Strukturen, die Gefälligkeit erwartbar, enttäuschbar oder auch vermeidbar machen. Niemand kommt in der Wissenschaft auch nur einen Milimeter weiter, wenn man sich nicht auf ein soziales Geschehen einlässt. Das beginnt mit dem Studium, setzt sich mit der Doktorarbeit fort, geht weiter über Post-doc, über Kongresse, Tagungen, Assistenzstellen, Drittmittelanträge, Stellenvertretungen usw. Das fängt am Anfang bereits mit der Wahl eines Professors an. Es stellt sich schnell heraus, dass man als Studenten von einem Professor erwählt werden muss.
Ich erinnere mich als Student noch an das Verhalten von Professoren, von dem ich erst später feststelle, dass es ähnlich wie bei Rechtsanwälten, Unternehmensberatern oder Ärzten war. Einerseits können Professoren nichts dagegen machen, dass sie von Studenten aufgesucht werden und Fragen gestellt bekommen, die sie nicht so einfach beantworten können. Andererseits müssen sie sich etwas ausdenken, um die jungen Leute schnell wieder los zu werden und sie dazu zu bringen, sich woanders um die Lösung des Problems zu kümmern und dies im besten Fall ohne, dass der Student schlechte Laune bekommt.
Denn meistens handelt es sich um Fragen der Bürokratie. Der Trick von Professoren bestand darin, verschiedene Studenten bei einem bestimmten Gespräch in Nebenangelegenheit auszufragen, woher sie ihre Informationen über z.B. Modalitäten der Scheinvergabe haben. Aber auch, wenn es um Tratsch ging, um Auskünfte über Gespräche gebeten haben, die woanders geführt wurden. Diese Informationen wurden mehrfach verglichen und wenn sie etwas übereinstimmten als Wahrheit genommen und bei nächster Gelegenheit als Auskunft in seiner Hauptangelegenheit präsentiert. Wenn Fortuna gnädig war und sich die Auskunft als passend erwies, konnte der Professor mit seiner Kompetenz glänzen, aber nur solange keine weitere oder andere Frage gestellt wurde.
Ich musste als Student lernen, dass Fortuna in einer Wissenschaftsbürokratie die zentrale Steurungsinstanz war. Das bezieht sich aber auch auf Karrierebeziehungen, weil man nämlich schnell wieder in Ungnade fallen kann. Man muss nicht nur Freunde, sondern auch Gegner finden und man muss gelegentlich die Partei wechseln. Man muss erst heraus finden, wem man was sagen darf, zu welchem Zeitpunkt, bei welcher Gelegenheit oder wann es besser ist, auch in Gegenwart von Freunden zu schweigen. Außerdem muss man den Grad der Freundlichkeit genau bemessen, muss sich gelegentlich opportunistisch gegenüber möglichen Gegnern zeigen, muss clever darin sein, anderen irgendwas an Vertraulichkeiten mitzuteilen, das man anderen genauso erzählen würde. Man muss ständig Dinge tun, die man gar nicht tun will, nur um sich Gefälligkeitsstrukturen bewähren zu können, was nicht so einfach ist, weil Fortuna ziemlich eigenwillig ist. (Ist Karriere in der Wissenschaft ein Glücksspiel?
Die meiste Zeit der Wissenschaft besteht darin, eigenständig etwas zu lernen, was man nicht aus Büchern lernen kann, nämlich: die Fuktionsweise der sozialen Systeme, die sich für eine Wissenschaft eignen, zu erforschen. Und darin sind Soziologen systemtheoretischer Bauart nicht besser studiert. Denn das Lügen, Leugnen, Bagatellisieren, Verschleiern, Heucheln, Mobben und Arschkriechen können Systemtheoretiker nicht besser als alle anderen. Das glaub ich kein bißchen.
Herrlich! Ja, klar, auch die Wissenschaft ist Teil der Gesellschaft, wer hätte das gedacht?!
„wer hätte das gedacht?“ – schwer zu sagen. Wer könnte es gedacht haben können?
Das problem einer gewissen unvermeidbarkeit der epocheneinteilung ist ein spannendes, das mich lange immer wieder belästigt; der theoretische umgang ist nicht offensichtlich – denn das unterlassen ist nicht nur für systemtheoretiker anstrengend, sondern überhaupt für »theoretiker«.
Es gäbe keine epochen, wäre eine antwort, die kein problem hat – und sich desto schneller von der frage beeindrucken läßt, ob aber nicht die konstruktion derselben sinnvoll wäre. Man findet das zuhaus in literaturwissenschaft und -historik: elend lange beweise, so etwas wie epochen könnten so doch nicht gemacht werden… nur daß dann relativiert wird, ganz falsch wäre das nicht.
Wenn sich aber die epocheneinteilung nicht so leicht umgehbar ist – vielleicht ließe sie sich ›überstrapazieren‹(?). Bspw. habe ich Deinen versuch einer ›paranoischen archäologie‹ gerade in diese richtung verstanden.
Im Grunde ist gegen solche Epocheneinteilungen gar nicht viel einzuwenden, wenn sie nicht nur als Einordnungsschema dienen, sondern wenn mit ihnen auch etwas erkennbar und reflexiv wird, das bis dahin nicht oder nur schwer kommunikabel war. Aber dies wiederum ist abhängig von Theorie, von Unterscheidung und Beobachtung. Wenn aber nun auch diese Abhängigkeit wiederum ihre Abhängigkeit aus eben solchen Einordnungsschemata bezieht, dann kann sich sehr wohl der Verdacht aufdrängen, dass sich Häufung und Wiederholung als Versuche des Parodierens erweisen, die gleichsam als Provokationen eine Änderung empfehlen. Denn die Frage bleibt ja immer erlaubt: was will man denn damit noch sagen, zeigen, bezeichnen, das nicht bloß eine Variante von bereits dokumentierten Erkenntnissen ist? Wenn es also nicht darum gehen kann, Literatur zu verwalten?
In dieser Hinsicht ist deine Bemerkung zutreffend. Wenn man schon nicht mehr die Möglichkeit hat, Argumente zu widerlegen und wenn gleichzeitig die Verwaltung von Literatur immer leichter geht, weil sie ohnehin unüberschaubar geworden ist, dann könnte man versuchen zu gucken, wie auf Hyperbolisierung dieser parodistischen Praxis reagiert wird.
Der bisherige Titelträger in diesem Sport ist Peter Sloterdijk.