Lustig: „Ihr gehört nur mal ordentlich durchgevögelt“ #om13 #aufschrei
von Kusanowsky
Auf der #om13 gab es einen Vortrag von Jasna Strick über Hasskommentare anlässlich des sogenannten Twitter-Aufschreis. Ab Minute 4.42 zeigt das Video wie die Rednerin genüsslich Hasskommentare präsentiert, die zwar vom Publikum mit Gelächter goutiert werden, aber dem Kontext nach die Bedeutung des Degoutierens haben. Das Gelächter signalisiert Ablehnung und Abscheu.
Das Publikum bleibt von der Kamera ausgeblendet. Man kann nur die erregte und belustige Stimme der Rederin und ihr Gesicht sehen, aber nicht die Freude auf den Gesichtern des sonst schweigenden Publikums.
Die Kommentare der Rednerin sprechen von der Intention, die Unhaltbarkeit, die Abwegigkeit, die Scheußlichkeit dieser präsentierten Kommentare zu betonen und man kann ihr leicht jedes Wort glauben. Denn das, was sie sagt und das, was sie präsentiert, lässt wenig Spielraum für anderweitige Spekulationen hinsichtlich des intentionalen Gehalts der Rede.
Was ich mich aber frage ist, welchen trifftigen Grund diese Ausführlichkeit der Präsentation hat. Schon der zweite, dritte Beispielkommentar lässt gar keinen Zweifel mehr an der Abscheulichkeit und keinen Zweifel an der aufrichtigen Empörung der Rednerin zu, aber es folgen sehr viele weitere Beispiele, die für einen weiteren Erkenntnisgewinn in dieser Sache gar nichts beitragen. Die Show hätte, weil bei solchen Vortragsgelegenheiten ohnehin immer nur sehr wenig Zeit ist, um etwas wichtiges zur Sprache zu bringen, genauso gut auf ein oder zwei Minuten beschränkt werden können.
Das lässt die Vermutung zu, dass es um eine andere Sache geht. Aber um welche?
Kann man vielleicht argumentieren, dass es sich bei dieser Art der Vorführung, die eine Belustigung als Abscheu aufführt, gar nicht darum geht, die Unrechtserfahrung durch sexistische Kommunikation zur Sprache zu bringen, sondern – gerade weil der Wahrnehmung völlig widersprüchliche Signale übergeben werden, indem Abscheu durch freudiges Gelächter kundgetan wird, und die Wahrnehmung nur mit viel Konzentration und Aufmerksamkeit einigermaßen treffsicher die Intention des Mittgeteilten verfolgen kann, ohne auf einen anderen Gedanken zu kommen – es eher darum geht, die Unhaltbarkeit dieser Szenerie durch ihre Aufführung vorzuführen.
Der gemeinten Sache nach ist die Vielzahl der präsentierten Hasskommentare nicht dazu geeignet, einen anderen Erkenntnisgewinn herzustellen als einen, der sich schon nach sehr wenigen Beispielkommentaren einstellt. Auf der Ebene des Kommentierens der Kommentare wird die Unhaltbarkeit des Kommentierten mitgeteilt und es wird dabei übersehen, dass die beinahe unzumutbare Dauer der Präsentation darauf aufmerksam macht, dass sie selbst unhaltbar ist. Die Länge lässt einen ganz anderen Gedanken Aufkommen, der dann aber nicht mehr der Absicht des Mitgeteilten entspricht.
Wenn es der Sache nach um Unrechtserfahrung durch sexistische Kommunikation ginge, dann wäre es doch naheliegend, die psychischen Auswirkungen im Detail zu analysieren, also die emotionalen Schockwirkungen und widersprüchlichen Empfindungen, die Erfahrung der Angst, der Bedrängung, der Verstrickung in undurchaubare Gefühlssituationen.
Stattdessen werden in der Präsentation die Anlässse für solche Unrechtserfahrungen vorgeführt und der gemeinschaftlichen Abscheuempfindung überlassen.
Obendrein kommt hinzu, dass diese Vorführung keinen Aufklärungscharakter hat, sondern nur eine Unterhaltungswirkung entfaltet, indem die eigene Empörung zur Schau gestellt wird. In dieser Hinsicht ist sie genauso abscheulich wie das, was präsentiert wird, weil sie mit dafür sorgt, dass diese Hasskommunikation einfach immer weiter geht. Sie sorgt dafür, weil sie keine andere Unterscheidung vorschlägt als diejenige, durch die diese Hasskommunikation codiert wird.
Andere Artikel zum selben Thema:
Wie gut, dass es Hasskommentare gibt
Es geht wohl um die gleiche „Lust“, die einen befällt, bzw. auf die aufgebaut wird, wenn man Grusel-, Horror-, Schlächter- oder Psychofilme guckt: Das passive Teilhaben am Bösen, die einzige Möglichkeit, das Sanktionierte mitzuerleben, mitdurchzuleben, wenn auch nur medial vermittelt. Und zwar ohne, daß man an seinem eigenen Gutsein selbst zweifeln müßte und ohne daß man erkennen müßte, man könnte prinzipiell selbst „der Böse“ sein, denn: Homo sum, humani nil a me alienum puto, um hier mal den Bildungsbürger zu simulieren…
Ja, so ein ähnlicher Gedanke war mir auch gekommen: dass solche Vorträge die Möglichkeit liefern, die eigene Drecksau zu feiern, indem sie ausgestellt und vorgeführt wird, ohne sich selbst verdächtigen zu müssen, eine Drecksau zu sein – eine interessante Vermeidungsstruktur.
Indem die Hasskommentare zur Selbstbestätigung der Rednerin und des Publikums beitragen, erfüllen Sie also doch einen gewissen Zweck. So könnte man das Dilemma der Menschheit zusammenfassen: Auf Empörung folgt Empörung über Empörung usw. Dadurch hört die Empörung nie auf, es wird aber auch nie langweilig. Ein Dilemma, weil man versteht, was hier vor sich geht, und es doch nicht zu ändern vermag. Und weil man selbst davor nicht gefeit ist.
Was wäre die Alternative, wenn es denn eine gäbe? In seinem Artikel „Wrath and the gay question“ schlägt James Alison unter Berufung auf das Christentum vor „to be able to occupy the place of shame without being run by it“, weil darin die Botschaft der Passion Christi bestehe. „By refusing to acquire an identity over against evil-done-to you“ könne man – wenn überhaupt – der ungewollten Komplizenschaft mit empfundenem oder erlittenem Unrecht entgehen.
http://www.jamesalison.co.uk/texts/eng32.html
„Obendrein kommt hinzu, dass diese Vorführung keinen Aufklärungscharakter hat, sondern nur eine Unterhaltungswirkung entfaltet, indem die eigene Empörung zur Schau gestellt wird. In dieser Hinsicht ist sie genauso abscheulich wie das, was präsentiert wird, weil sie mit dafür sorgt, dass diese Hasskommunikation einfach immer weiter geht. Sie sorgt dafür, weil sie keine andere Unterscheidung vorschlägt als diejenige, durch die diese Hasskommunikation codiert wird.“
Hier die angekündigte Fortsetzung:
„Eine der in dem Vortrag genannten Personen hat sich an ein Mitglied des Orgateams gewandt und berichtet, sie werde auf Grund ihrer in dem Video zitierten Aussagen bedroht. Auch ohne das selbst nachprüfen zu können, nehmen wir das sehr ernst und empfehlen der Piratenpartei, bei der Bereitstellung des Videos auf einem offiziellen Kanal den Avatar dieser Person zu verpixeln. Gegen die Nennung ihres Nicknames und des Zitats selbst hat die betroffene Person keine Einwände, der Bitte um Verpixelung ihres Avatars wollen wir aber nachkommen, für den Fall, dass diese sie vor Bedrohungen schützen kann. Drohungen gegen Menschen sind niemals gerechtfertigt.“
Caroline Criado-Perez, britische Journalistin und Feministin, die unter anderem das Portal thewomensroom.org gegründet hat. Gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen setzte sich Criado-Perez dafür ein, dass nach der Ersetzung von Fry durch die neue Fünf-Pfund-Note mit einem Porträt von Winston Churchill im Jahr 2016 überhaupt noch eine Frau neben der Queen auf die Pfundnoten gedruckt wird. Mit Erfolg: Am Mittwoch teilte die Bank of England mit, dass die Schriftstellerin Jane Austen von 2017 an die Zehn-Pfund-Note zieren werde.
Eigentlich könnte die Geschichte mit diesem hübschen kleinen feministischen Happy End zu Ende sein. Criado-Perez wird überschwemmt mit Medienanfragen und Glückwünschen, sie freut sich über ihren Erfolg. Doch es kommt ganz anders: Gleichzeitig formiert sich bei Twitter eine Welle sexistischen Hasses. Man müsste ihr nur „ordentlich was in den Arsch rammen, dann geht’s ihr wieder gut“, schreiben ihr Nutzer. „Kommt alle mit im Vergewaltigungszug.“ Oder: „Hätte nichts dagegen, die Schlampe an meinen Herd zu fesseln.“
http://www.sueddeutsche.de/digital/droh-tweets-gegen-feministin-wie-zehn-pfund-auf-twitter-hass-schueren-1.1732428
Aufschrei-Kritikerin löscht nach Drohungen Blog
Eine 19-jährige Kritikerin der #Aufschrei-Kampagne hat ihr Blog gelöscht, nachdem sie als Reaktion auf ihre teilweise scharfen Kommentare zu „radikalisierten Ideologien“ in einem Vortrag der Piratin Jasna Strick (die Literaturwissenschaft mit Schwerpunkt Gender Studies studiert) als „Haterin“ angegriffen wurde. Der auf Video aufgenommene und online gestellte Vortrag hatte offenbar Reaktionen zur Folge, die den Vater der 19-Jährigen dazu brachten, sich einzuschalten. Wegen der „massiven Drohungen“, so der Kieler, werde sich seine Tochter in Zukunft zur #Aufschrei-Kampagne und zur Piratenpartei „nicht mehr kritisch […] äußern“. Und er fügt offenbar sarkastisch an: „Es ist ein echter ‚Gewinn‘ für die Meinungsfreiheit in diesem Land, wenn junge Menschen aus Angst vor einem Pranger und öffentlicher Scham nicht mehr sprechen!“
http://www.heise.de/tp/blogs/8/154874
Ach wie schade wäre es, hätte man keine Feindbilder mehr bzw. keine Leute, die den eigenen Erwartungen in dieser Richtung entsprechen. Denn was kann es schöneres für unausgereifte Charaktere geben als etwas, anhand dessen man relativ selbstzweifellos in Negation die Frage „Wer und was bin ich?“ beantworten könnten.
Erwachsene Charaktere wären schon vorher auf die Idee gekommen, die Namen der vorgeführtern Hater zu verpixeln. Aber hey, das sind ja die Bösen, die haben das gar nicht verdient.
“Alles, was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien ist einer der meist zitierten Sätze in der Soziologie. Und vermutlich will das heute auch niemand mehr bestreiten. Heute sind wir einen Schritt weiter, wir erfahren unsere Welt nicht mehr nur durch die Massenmedien, sondern neue Medien formen auch unseren Alltag. Das heißt wir sind immer öfter von immer noch mehr Bildern umgeben. Unser Alltag wird damit auch für künstliche Bilder immer durchlässiger. Wenn ich heute eine Straße entlang laufe und dabei in mein Smartphone schaue, was ziemlich oft passiert, sehe ich zunehmend künstliche Bilder statt realer Menschen.“
http://juliaschramm.de/2013/09/01/endlich-gibt-es-demos-gegen-diesen-scheis/
Wie geil das ist. Wenn ich jeden Tag und ständig sehr viele Bilder sehe von Menschen, die eine blaue Hautfarbe haben, dann schließe ich daraus, dass es normal ist jeden Tag viele Bilder von Menschen zu sehen, die eine blaue Hautfarbe haben. Ich schließe nicht daraus, dass die Bilder künstlich sind, denn ein natürliches Bild hab ich noch nicht gesehen. Ich sehe immer nur Bilder, die irgendwer gemacht hat und noch nie habe ich ein Bild gesehen, das keiner gemacht hat.
Und reale Menschen im Gegensatz zu nicht realen Bildern hab ich noch nie gesehen. Ich sehe immer nur reale Bilder und reale Menschen. Ich sehe, dass auf realen Bildern Menschen abgebildet sind, die ich ohne diese Bilder nicht sehen könnte, und ich sehe reale Menschen, die sich gegenseitig diese Bilder zeigen.
Auch diese Bilder könnte man nicht sehen, wenn sich die Menschen diese Bilder nicht gegenseitig zeigen würden.
Und die Menschen könte man nicht sehen, wenn man nicht hingucken würde.
Und wenn man nicht hinguckt, kann man nicht sagen, was man nicht sieht.
Und wenn man hinguckt, sieht man immer nur was man sieht.
Und wenn man etwas sieht, das andere nicht sehen, dann frag ich mich nicht, was an meiner oder anderer Wahrnhemung falsch ist, sondern wundere mich darüber, dass es offensichtlich möglich ist, Dinge zu sehen, die man nicht sehen kann.
Und wenn ich Dinge sehe, die auch andere sehen können, dann kann ich mich immer noch darüber wundern. Denn wie kann das sein, das jemand etwas sieht, das ich auch sehen kann, wenn niemand wissen kann, was ich sehen kann?
Und wenn ich mich wundern kann, dann ist alles in Ordnung, weil es nämlich normalerweise nicht so ist, dass alles sofort einleuchtet.
Meistens, fast immer, wenn ich irgendwas sehe, sehe ich Merkwürdiges. Nichtmerkwürdiges würdige ich keines Blickes.
Es ist also normal, Merkürdiges zu sehen.
Und ist das deshalb kein Grund, sich zu wundern?
@Dorotyna Spieka @laprintemps 2. September 2013 um 15:31
(zu Julia Schramm)
„Wie geil das ist. Wenn ich jeden Tag und ständig sehr viele Bilder sehe von Menschen, die eine blaue Hautfarbe haben, dann schließe ich daraus, dass es normal ist jeden Tag viele Bilder von Menschen zu sehen, die eine blaue Hautfarbe haben“
und:
„Und wenn ich mich wundern kann, dann ist alles in Ordnung, weil es nämlich normalerweise nicht so ist, dass alles sofort einleuchtet.
Meistens, fast immer, wenn ich irgendwas sehe, sehe ich Merkwürdiges. Nichtmerkwürdiges würdige ich keines Blickes.“
Das sehen wohl manche völlig anders, z.B. ein Tobias Raff
(angeboten unter:
http://tobias-raff.org/2013/08/29/open-mind-2013-video/#comment-1741 ):
„Nachdem die Video-Aufnahme von @Faserpiratins Vortrag (manchmal ist von „Faselpiratin “ die Rede, nur was ist richtig davon?) auf der Open Mind Konferenz 2013 über Sexismus und Hate Speech auf “privat” gestellt wurde, habe ich es hier online gestellt. Es kann NICHT sein, dass Maskutrolle und Hater genau das erreichen, was sie vor hatten. Die Täter/Opfer-Umkehr, die mal wieder ihre hässlichste Fratze zeigt,
… Dieses Video wird online bleiben. Solange, bis über eine evtl. Unterlassungserklärung richterlich entschieden wurde. Punkt.“
Wie wir sehen, „ist also normal, Merkürdiges zu sehen. Nichtmerkwürdiges würdige ich (@Dorotyna Spieka) keines Blickes.“
Nur welches ist nun das Merkwürdige, die „überall in der Stadt blauen Menschen“ der Julia Schramm, das ganz schnell mal unverpixelt hingestellte Video, oder das nun neu (hin)geraffte mit „Punkt“ und immer noch mit „wie die Rednerin genüsslich Hasskommentare präsentiert“ (Kusanowsky)?
Kann man sich eventuell einigen auf „Wir gehören alle mal richtig verpixelt“? – wäre aber wohl weniger Lust am Vor tragen, längst nicht so lustig, wie das „genüßliche“ Vögel Sing Sang, diese(!) etwas stutentischen Zwitscherei der Jasna Strick, war das nur ganz schön „blau“ am irgendwann einmal gemeinten Ziel vorbei (nicht mal drüberweg) geSchrammt? Eventuell ein selfhatering ? Eine nicht überblickte Nachwuchs-Pirateske?
Oder so schon der „Auf (drauf)Schrei 2.0“? – oder was war da so lustig für die Faselpiratin samt Publikum?
Wäre stattdessen geschrieben worden, dass manche Frauen weniger verdienen als manche Männer, manche Männern aber auch weniger verdienen als manch andere Männer, manche Frauen mehr verdienen als manche Männer und manche Männer mehr verdienen als manch andere Männer, und dass manche Frauen mehr verdienen als manch andere Frauen, ja, manche Minderjährigen sogar mehr verdienen als manche Erwachsenen, dann wäre alles ganz anders gekommen, vermute ich, weil das niemand gelesen hätte, weil das niemanden interessiert.
Stattdessen wird knallig, fetzig, undifferenziert geschrieben, was man ja machen kann. Denn manche Frauen schreiben genauso undifferenziert wie manche Männer, und alle möchte gern die Forderung erfüllt wissen, dass differenziert geurteilt werden sollte. Das wird dann aber nicht gelesen, weil das egal ist, weil das niemanden interessiert.
Also fliegen die Fetzen, weil alle das so wollen, damit sie sich hinterher als Opfer feiern können.
Alle Opfer sind gleich.
Mal was anderes. Es ist schon richtig, wenn so viele Zitate von der Rednerin gebracht werden, wenngleich manche redundant sind. Die sprachliche Weite ist enorm. Der Rationalisierungsgrad teilweise extrem für eine Art „Hass-“ oder „Brandrede“. Manches andere ist vom Niveau her eher Brüderle.
Der Rest ist irrwitzig mit Bloglöschen und so. Im übrigen finde ich, es gehöört absolut zur Meinungsfreiheit, dass man seine Gedanken in welcher Form auch immer in die Tat umsetzen darf – koste es was wolle. Marquis de Sade hatte dafür ein sehr gutes Gespür und ein bisschen lugt jetzt von seiner Philosophie auch durch das Netz ganz neu hervor. Es hängt aber einfach damit zusammen, dass die binären Logiken den Kampf um die Gesellschaft gewonnen haben.
„Es ist schon richtig, wenn so viele Zitate von der Rednerin gebracht werden, wenngleich manche redundant sind.“ – Warum ist das richtig, wenn es redundant ist? Mein Argument ist, dass die Redundanz nicht dazu führt, einen komplizierten Erkenntnsivorgang zu befördern, sondern scheint mir das Ergebnis von sozialer Urteilslosigkeit zu tun. Die Länge der Präsentation verführt dazu, einen anderen Gedanken zu suchen als dem mitgeteilten Gedanken zu folgen. Redundanz wäre dann angebracht, wenn es um einen komplizierten, wenig bekannten, nicht leicht eingänglichen Gedankengang gegangen wäre.
Diese Präsentation ist in sozialer Hinsicht eigentlich nur die Verifikation der Zulässigkeit von Hass- und Beleidungungskommunikation, weil darüber Abscheu in Form von Gelächter geäußert wird. Wenn das Gelächter als Abscheubekundung zulässig ist, dann auch Hass und Beleidigung. So ist es dann ja auch gekommen. Das Hamsterrad ging einfach weiter. Kein Wunder, dass unter dieser Vorausetzung die binäre Logik als die einzige Möglichkeit genommen wird, die Kommunikation auszuhalten, womit zugleich die Unzumutbarkeit gesteigert wird.
Die Differenzierung durch kontingente Beobachtungsmöglichkeiten findet dann keine Eingangsmöglichkeit.
Nun Redundanz ist doch recht hilfreich, wenn man Dinge verstehen will. Nicht immer. Aber doch dann und wann. In der Musik ist sie daher gar nicht so sehr verpönt, im Gegenteil. Die Idee des Sonatenhauptsatzes beruht darauf. (Und es gibt andere Poetiken wie bei Alois Haba, die Redundanz komplett ablehnen, wenigstens theoretisch.)
Ich kann es nicht belegen, aber es handelt sich bei dem Vortrag auch nicht um einen akademischen oder wissenschaftlichen. In diesen Fällen wäre da einiges zu kürzen, weil man ja nicht doof ist.
Andereseits ist es ein Vortrag, der so nur in der Gruppendynamik funktioniert und dessen Ziel es meines Erachtens eher ist, das Publikum hinter sich zu wissen und zu binden. Da ist es einfach ein Kick, den man sich jedes mal geben kann. Und in dem Moment, wo es still wäre, würde auch der Vortrag verstummen – es sei denn, Reste von Empathie wären flöten gegangen. Ich glaube, das hat weniger mit Hass und Beleidigung zu tun (das ist nur das Trägermedium) als mit der berühmten Gruppendynamik, wie man sie auch in Plots von zig amerikanischen Filmen kennt – Gruppenhänselei: Man beleidigt nach vorne und schaut dann immer links und rechts zur Seite, ob die Mannschaft noch hinter einem steht. Gegebenenfalls aufputschend.
Hier eben mal umgekehrt. Man kann diejenigen desavouieren, die einem in einer unabgeschlossenen Gruppe das Leben schwer machen, aber man dies immer allein auffängt. Nun hat man seine Mannschaft hinter sich und kann es zurückgeben (ohne dass es der andere merken muss, wenn die Öffentlichkeit klein genug bleibt.) Gegenlästerei. Wie erwähnt, zur objektiven EInordnung wären weder die „Klarnamen“ nötig noch die Wiederholung und die Wiederholung des Gesehehen durch das Gesprochene.
Und der Rest ist pure Vermutung: Man kann in Zitaten reden. „Ich zitiere nur.“ „Steht so in der Bibel.“ „Hat die Nachbarin gesagt …“ Das ist für mich eher weniger erträglich. Zitate sind prima, wenn sie etwas belegen – aber wenn das Bett vollbelegt. Muss das nächste Zitat auf dem Boden schlafen.
Zurück: Ja, die Sache ist nicht so kompliziert, dass man alles wiederholen muss. Und nein, es ist eine rhetorische Figur. Nein, der Vortrag verführt nicht zu etwas, das ist die Entscheidung des Zuhörers/Zusehers.
Zum Rest will ich gar nicht widersprechen. Hass. Gelächter. Beleidigung. Aber ich würde dies ebenfalls nicht in einer Kette aus „Wenn dies, dann das“-Formeln sehen, denn diese sind nur zufällig verknüpft und beliebig austauschbar.
@ Huflaikhan 3. September 2013 um 18:50 –
Verstehe etwas von dir, z.B.:
„… Manches andere ist vom Niveau her eher Brüderle. „, was die Vortragende da selbs uns zeigt.
und etwas anderes von dir keinesfalls:
„Im übrigen finde ich, es gehört absolut zur Meinungsfreiheit, dass man seine Gedanken in welcher Form auch immer in die Tat umsetzen darf – koste es was wolle.“ –
diese Sicht ist schadbehaftet, da sie sich selbstredend einordnet nicht nur in die Unfähigkeiten der Vortragenden und in die ihrer Anprangerungen sondern durch diese deine Sicht kreirt wird als legitim und legal, ja sogar als „wünschenswerte und zu schützende Meinungsfreiheit“ (eben nicht a la Sade) und damit als im „freien Event bis hin zur verbalen und gewalttätigen Ausschreitung (in welcher Form auch immer) gegen andere“, die diese Art von „freier Meinungsäußerung“ an sich selbst zu ertragen haben, so letztlich geadelt wird.
Mitnichten „gehört es daher zu irgendeiner Meinungsfreiheit, dass man seine Gedanken IN WELCHER FORM AUCH IMMER in die TAT UMSETZEN DARF, da das der direkten Aufforderung auch speziell zur kriminellen Handlung und immer nur zu Lasten Anderer entspräche, um (seine) Gedanken als angebliche „freie Meinung“ durchzusetzen.
Du hast dich wohl hier geirrt, vergalloppiert oder gehörst zu denen, die sich an solcherlei Vorträgen wie bei den Leuten in dem Video lediglich „frei lustigen“ …
Wenn das so wäre, und nur dann, „hängt das“ allerdings wohl „aber einfach damit zusammen, dass (diese deinige) binären Logiken den Kampf um die Gesellschaft“ bei dir „gewonnen haben“, dann wärest wohl nicht nur du arm dran…
Wolltest du das hier sagen? Im Sinne von „Ihr gehört alle mal mit euren Gedanken lustig in die diesbezügliche freie Tat durchge …, koste es was es wolle“?
ich kann mir vorstellen, daß du (und andere) in einer ruhigen Denkpause mal gleich vor mir bei @Kusanowsky 3. September 2013 um 20:05 studieren gehen:
„… Wenn das Gelächter als Abscheubekundung zulässig ist, dann auch Hass und Beleidigung. …
…dass unter dieser Vorausetzung die binäre Logik als die einzige Möglichkeit genommen wird, die Kommunikation auszuhalten, womit zugleich die Unzumutbarkeit gesteigert wird.“
Selbst für die Reife eines angehenden Gymnasiasten ist der eventuell sogar „gut“ gemeinte aber leider schlecht gemachte Vortrag in diesem Video Über- und Unterforderung zugleich:
Überforderung durch kollossale Verallgemeinerung auf unterem Niveau und Überforderung der eigenen moralischen Bewertbarkeit eines derartig Ursachen- und Konsequenz-befreiten Vortragens im belustigenden Anekdotenstil, das nur unwesentlich am Stile „lustiger“ schlüpfriger Witzerzählungen am mal selbst vorgegebenen Ziel des „Antisexismus“ vorbeischrammt.
Sag mal was, dazu, oder bist du nun bereits „(be)lustig – Ihr gehört …“
Wenn man einmal – statt über diese Beleidigungen und Hässlichkeiten zu lachen, womit Hasskommunikation weiter zulässig gemacht wird – die Sache von der ernsten Seite sieht, dann ergibt sich tatsächlich eine Asymmetrie der Kriegsführung, die sich aus der Codierung der Kommunikation ergibt und wodurch das Problem überhaupt erst erkennbar wird
Eine symmetrische Kriegsführung könnte von der Regel ausgehen: wie du mir – so ich dir. Das heißt: wenn durch Wortwahl Beleidungen zulässig gemacht werden, dann kann niemand verhindern, dass beide Seiten zum Mittel der Beleidigung greifen. Das gilt allgemein auch für Gewalt. Sobald Gewalt zulässig gemacht wird, allein deshalb, weil sie faktisch ausgeübt wird, kann man nicht mehr verhindern, selbst der Gewalt anderer ausgesetzt zu sein. Alles andere ist dann nur noch Rechtfertigungsrheotrik, die immer davon ausgeht, dass die Schuld auf der anderen Seite liegt.
Das selbe gilt auch für die Wahl der Gewaltmittel. Wenn Fäuste eingesetzt werden, ist es zulässig Fäuste einzusetzen und unzulässig, Waffen zu benutzen. Greift aber jemand zur Waffe, dann passiert nur eine Eskalation der zulässigen Mittel, bis hin zu Massenvernichtungswaffen. Dass diese Kommunikation als Gewaltkommunikation erkennbar ist, hängt damit zusammen, dass jede Seite die Mittel der anderen Seite übernimmt und selbst benutzt. So entsteht eine Codierung der Kommunikation, die keine Zweifel darüber zulässt, dass es um Gewalt geht.
Diese Logik der Eskalation von Gewaltmitteln greift bei sexueller Belästigung aber nicht. Frauen können nicht einfach mit einer sexuellen Gegenbelästigung anfangen. Deshalb ist es schwierig, sexuelle Belästigung als Gewalt zu qualfizieren, weil die Wahl der Mittel nicht beidseitig möglich ist und weil deshalb keine Eskalation geschieht. Denn im Fall der sexuellen Belästigung dürften ja bestenfalls Tritte oder Schläge folgen, aber damit wird die Art der Kommunikation geändert. Erst wenn eine sexuelle Gegenbelästigung möglich wäre, könnte man die Unhaltbarkeit der Mittel erproben und könnte erst dann in die Eskalation eintreten. Wenn das aber nicht geschieht, wenn keine sexuelle Gegenbelästigung geschieht, kann einfach ein Missverständnis als Ausrede benutzt werden, oder man kann bagatellisieren, verschleiern, vertuschen usw.
Das rechtfertigt nicht die sexuelle Belästigung, aber erklärt, weshalb es nicht so einfach ist, sie als Gewaltkommunikation zu codieren.
Deshalb wäre es besser, statt die Hass- und Beleidigungskommunikation fortzusetzen, die Probleme der Kommunikation, die an der Codierung hängen, zur Sprache zu bringen. Aber weil Beleidigung leichter fällt und egalitär eskalieren kann, belässt man es bei dieser Art der Kommunikation.
Natürlich ist das alles NUR eine Frage der Kommunikation_en !
Natürlich „wäre es besser, statt die Hass- und Beleidigungskommunikation fortzusetzen, die Probleme der Kommunikation, die an der Codierung hängen, zur Sprache zu bringen.“
Nur da es hier deutlich um zwei unterschiedliche, besser drei VERSCHIEDENE Themen geht, kann die Codierung der Kommunikation des einen Themas nicht mit der der anderen Themen zu Sprache gebracht werden – und DAS, nur das, ist das vierte und nirgendwo bisher als begriffen geschilderte und wahrhaft diskutierte Thema, das eigentliche bediente Thema der überwiegenden und heftigsten Kritiken gleich welcher Qualität und Intensitäts“ausgestaltung“.
Weil das eben so nur ist, gilt aus Unkenntnis, mangelnder Erfahrung und Bequemlichkeit am „nachgeordneten“ Objekt (nur die Piratenjugend, und davon auch „nur“ die „unwehrhaften“ Mädel)
dieses:
“ Aber weil Beleidung leichter fällt und egalitär eskalieren kann, belässt man es bei dieser Art der Kommunikation.“
Das ist nicht tragisch, aber es versaut die „guten (Kommunikations)Sitten“ für viele Beteiligte und benachbarte Problem- und Handlungsfelder.
Warum ergibt sich das so?
1. Das erste Thema aller Diskussionen und Postdiskussionen ist „Sexismus“, sexistische Anmaßungen, Dazu wurde eingeladen, das prägte die Erwartungshaltung für einen bestimmten Kommunikationscode.
2. Das tatsächliche Thema jedoch, und damit hier und in anderen Kommentaren gemeinte und angegriffene (und auch anzugreifende!) zweite Thema, wurde jedoch die alberne etwas pubertäre Präsentation durch die Vortragende, wodurch sich das Prekäre der Sexismus-Beispiele in den Eindruck schlüpfriger Anekdoten umdrehte, in der Folge auch teilweise durch das bereits „umcodiert“ kommunizierende anwesende Publikum.
Die Codierung dieser Kommunikation fremdbestimmte so zwangsläufig die des Einladungsthemas und verformte sie (offenbar nicht beabsichtigt) in eine Art PingPong zwischen Lustig und leidenschaftlicher Ablehnung, wie in einem Unterhaltungsevent für Halbwüchsige
3. Jedoch das 3. Thema ist das faktische Fehlen jeglicher analytischer fachlicher Überlegungen und Angaben zu den Ursachen und begünstigenden Umständen, die zu derartigen verbalen sexistischen Übergriffen führen in diesem Vortrag, der sich im wesentlichen auf die Vorführung der bekannten Beispiele beschränkte.
Mangel an Analyse der sexistischen Entgleisungen gepaart mit Mangel an fachlichem Bezug zu Betroffenen und dem jeweiligen Umfeld samt fehlender Anregung und Ideen zur Eindämmung solchen Sexismus prägten das Niveau – obwohl das Gegenteil der Bestand eines solchen Vortrags hätte sein müssen.
Dies bringt leider den endgültigen Verzicht auf eine solide Bearbeitung des Einladungsthemas und den dazu benötigten Kommunikationscode, der ja inzwischen längst den Code der Erwartungskommunikation verdrängt hatte hin zum Kommunikationscode des „lustigen Events der schlüpfrigen Zoten“, und das anschaubar bereits ab Beginn des Vortrags.
4. Das 4. und bisher unaufgerufene Kommentarthema, das hier eigentliche erforderliche, besonders aller Postpräsentation und Post-Diskussion nach Erst-Einstellung des Videomitschnitts ins Netz, ist nicht etwa eine „fehlende Verpixelung“.
Es ist vielmehr und grundsätzlich die ursprünglich in bester Absicht von einer studentischen Seminarleiterin in die Öffentlichkeit des Saales UND danach (dann auch von anderen) des Netzes didaktisch höchst dilletantisch und unpädagogisch geworfene soziale Problematik des Sexismus, ohne daß bisher auch nur irgend jemand die hierfür erforderliche Qualifikation eines solchen Kommunikationscodes, mit der dies erfolgreich möglich ist, beachtet, hinterfragt oder vermißt hat und hätte.
Das wirkt sich schädlich für das erste Thema und alle damit Konfrontierten aus, besonders aber für die davon Betroffenen .
Dies ist somit das eigentliche Problem, das – wenn unbeachtet – durch solche Ereignisse in dieser mangelnden „lustigen“ Laienspielanekdoterei öffentlich Sexismus erst recht belebt, provoziert und allgemeinen (wie als „üblich“ möglichen) Eventcharakter verleiht – wie das ja auch die Gesamtheit aller nachfolgenden Ereignisse teils traurig aber unstrittig dokumentiert.
Wenn es den (allen beteiligten !) Akteuren ernst ist mit dem Verdrängen von Sexismus (anders geht es leider nicht), sollten diese die erforderliche Ernsthaftigkeit VOR und WÄHREND einem solchen öffentlichen Auftritt erweisen und die dafür benötigten Kommunikationshinweise (codes) aus der Fachwelt holen und sicherstellen, anstatt hinterher sich zu beschweren, daß andere nur den tatsächlich hier vermittelten Event-Code erkannten und auch (aber nicht nur) gegen diese Veranstaltung samt Video und Akteure weiter benutzten, es ist der Code:
„Ganz schön lustig – Ihr gehört alle….“