Von Wurstmaschinen für Wurstmaschinen @vanforte @latent_de
von Kusanowsky
Hallo Stefan,
hier habe ich gerade einen Text gefunden, der deutlich zeigt, wie schwer es gegenwärtig immer noch fällt, mit dem Internet zurecht zu kommen:
Feedkommunikation – die Praktik des zweifachen Desinteresses
… Somit wird eine publizistisch-reaktive soziale Kommunikationspraktik eingeübt, die dann pathologisch wird, wenn sie – eben weil gut eingeübt – auch auf andere Kommunikationssituationen übertragen und dort praktiziert wird. Was durchaus zu befürchten ist, zumal sie hervorragend zur sich gegenwärtig immer weiter ausbreitenden egozentrisch-konsumistischen Grundhaltung paßt.
Hier wird ein Beobachtungsschema angewendet, das das Internet als Massenmedium betrachtet und seine entsprechenden Folgewirkungen beklagt und verwirft. Es wird gleichsam Datenmüllproduktion festgestellt und als defizitär, als unangemessen zurück gewiesen, weil eine Instanz der Rücksichtnahme unterstellt wird, nämlich: ein Mensch und seine Wahrnehmungsfähigkeiten, auf welche nicht verzichtet werden könne und dürfe.
Diese hier vorgebrachte Klage macht auf diesen modernen tranzendentalen Vermeidungsirrtum aufmerksam: Um Fähigkeiten und Vermögen von Menschen hevorzubringen, zu trainieren und zu steigern bedarf es einer kritischen Disziplin, die ein soziales Verhältnis von gegenseitiger Rücksichtnahme etabliert, um auf diesem Wege Menschenvermögen von Menschenunvermögen zu trennen und eine Steigerung der Vertrauensfindung in Menschenvermögen zu ermöglichen, wohingegen das so in Erscheinung tretende Unvermögen von Menschen zu minimieren und zu disqualifizieren sei.
Diese Praxis der kritischen Diszplin ist typisch angepasst auf die Entwicklung von Massenmedien: die Adressierung von Dokumenten aller Art an ein Publikum, das selbst keine Adresse hat und darum die Notwendigkeit erzeugt, dass nur diejenigen, die massenmedial adressierbar sind – was zurück liegend immer nur ein kleiner Teil der Bevölkerung war – Verfügungsrechte über Dokumente erhalten, durch welche wiederum Lebensrisiken besser behandelt werden können (z.B. durch Prominenz). Alle anderen unterliegen einer generellen Schutzbedürftigkeit, weil sie selbst keinen Zugang zu massenmedialer Adressierbarkeit erlangen können und gleichsam durch Machtinstanzen eine Art Patronat erhalten: Parteien, Staat, Unternehmen, Gewerkschaften, Interessensverbände, Vereine und was auch immer.
So entsteht die Beobachtung, dass wenige, aber mächtige Menschen über viele ohnmächtige Menschen herrschen, die aber von dieser Herrschaft, damit sie legitim ist, fordern dürfen, dass ihre Mittel in den Dienst der Beherrschten gestellt werden solle. Und alle anfallenden Zuwiderhandlungen dieser „Herrschaft“ bewirke das Recht der Vielen, weil kein einzelner massenmedial adressierbar ist, in der Masse dagegen zu protestieren.
Die Entwicklung dieser kritischen Diszplin stellt nun das sozial-epistemologische Programm dieser Gesellschaft in Frage, indem sich diese Transzendentalität (i.e.: Vermeidungspraxis zur Steigerung von Menschenvermögen und Gewinnung von entsprechendem Vertrauen) als Irrtum herausstellt: jetzt, wo jeder massenmdial adressierbar ist, ja, sich adressierbar für andere macht, fällt diese Instanz der Rücksichtnahme weg.
Denn: worauf soll man noch Rücksicht nehmen, wenn aufgrund der je individuellen Bildschirmfesselung (die ständig erratische Faszination verlangt) ein Gegenüber wegfällt, das selbst noch Rücksicht nehmen könnte?
Das soziale Verhältnis der kritischen Diziplin zerfällt. Und damit erweisen sich alle Versuche, es trotzdem noch aufrechtzuerhalten als trivial. Die zugeordnete Epistemologie wird naiv. Es wird nicht von Menschen für Menschen produziert – diese Selbstbeschreibung der Gesellschaft kann nicht mehr überzeugen.
Die moderne Gesellschaft hat sich über die vollständige Differenzierung ihrer Probleme in Erfahrung gebracht und dafür gesorgt, dass die Problembehandlungsroutinen fraglich werden.
Deine Forschungen betrachte ich als den Versuch, andere Probleme herzustellen, deren Behandlung die Möglichkeiten der Internetkommunikation in Erfahrung bringen.
Weil es mir selbst in dieser Hinsicht an Erfahrung fehlt, bleibt mir vorerst nur die Vermutung: es geht, indem Wurstmaschinen Datenmüll produzieren, den andere Wurstmaschinen in anderen Datenmüll recyceln.
Der geeignete Abfall für Menschen könnte darin bestehen zu lernen, auch in das Unvermögen von Menschen Vertrauen zu gewinnen.
Wurstmaschinen – völlig korrekt. Meine Frage ist nur, ob die Wurstmaschinenpraxis abfärbt auf die ja doch noch vorhanden Gesichts- statt Bildschirmfesselung.
Haben andere Medien in der Vergangenheit auch abgefärbt? Buchdruck-next-society-Litanei…. Hm, oder nur eine weitere harmlose Differenzierung der Kommunikationspraxen, die nebeneinander existieren können und die die Menschen auch mit Leichtigkeit in Praxis differenzieren können. Was man daran sieht, daß man zumindest eine Augenbraue hebt, wenn jemand in „Schriftdeutsch“ redet, da er genau das nicht verstanden hat oder zu der Differenzierung nicht fähig ist.
BTW: Ist es nicht schwach, daß die Next-Society-Leute sich solche Fragen nicht stellen und auf der ewig gleichen Wiederholung ihrer 10000-jährigen Stufenfolge hängen bleiben? (Wenn nicht, zeigt mir wo doch.)
„Ist es nicht schwach …“
Ja, ist es, weil eingebettet in eine schwach gewordene Form, die für diese Soziologen (auch für Bielefelder Schüler) immer unverzichtbar bleiben wird, nämlich: Kritik. An diesen Plagiatsaffären kann man ablesen, dass sich diese Wissenschaft in Dummheit verstrickt, ohne einen Ausweg zuzulassen: Wissensproduktion kann ohne plagiieren nicht differenziert funktionieren. Dies zu verbieten war aber gerade das Programm des Erfolgsprozesses zur Entfaltung transzendentaler Subjektivität. Auf dem Weg des Verbietens und Skandalisierens von Verbotsüberschreitungen haben sich die Probleme differenziert, bzw. sind durch Differenzierung erst in Erfahrung gebracht worden. Den Schlussstein setzen nun die internetbasierten Plagiatsprüfungen. Durch Internet („Schwarmintelligenz“) wird nun möglich, was das transzendentale Subjekt nicht mehr leisten kann: lesen und durch Dokumentvergleich überprüfen. Die Wissenschaft bleibt aber weiterhin festgelegt auf eine Produktion von Dokumenten, die sich als eine beschreibt, die von Menschen für Menschen betrieben wird und ihren Ausgangspunkt fand in der Herausbildung des Genies, das sich mit seinen ausgezeichneten Fähigkeiten gegenüber der Masse exponierte und privilegiert wurde.
An ihrer „asozialen“ Herkunft können Wissenschaft, Soziologie und die Systemtheorie nichts ändern. Die Wissenshcaft muss gleichsam auf der Basis ihres Erfolgs, der eine trivial gewordener Genalität erzeugte, weiter machen. Diese Wissenschaft bleibt übrig als Selbstverwaltungssystem ihrer Tradition. Daran werden auch diese „next-society-„-Soziologen nichts ändern. Im Gegenteil. Sie finden über die Thematisierung einer Nextsociety nur den Einstieg in die Fortsetzung ihrer bekannten Routinen unter veränderten Bedingungen.
Aber diese Strukturprobleme hat nicht nur die Wissenschaft, überall, auch im Journalismus bemerkt man, dass die Produktion massenmedialer Dokumente und einseitig zurechenbare Erfolge, nicht mehr ausreicht. Die Systeme beginnen ihre soziale Realität in Erfahrung zu bringen.
Sorry, was hier (noch) gesagt werden sollte, geht am einfachsten und besten über diese etwas verspielt-anzügliche Form der direkten Bezugnahme nach >Zitierung:
„Hier wird ein Beobachtungsschema angewendet, das das Internet als Massenmedium betrachtet und seine entsprechenden Folgewirkungen beklagt und verwirft.“
Ja.
„Diese hier vorgebrachte Klage macht auf diesen modernen tranzendentale Vermeidungsirrtum aufmerksam: Um Fähigkeiten und Vermögen von Menschen hevorzubringen, zu trainieren und zu steigern bedarf es einer kritischen Disziplin, die ein soziales Verhältnis von gegenseitiger Rücksichtnahme etabliert, um auf diesem Wege Menschenvermögen von Menschenunvermögen zu trennen und eine Steigerung der Vertrauensfindung in Menschenvermögen zu ermöglichen, wohingegen das so in Erscheinung tretende Unvermögen von Menschen zu minimieren und zu disqualifizieren sei.“
Ja.
„Diese Praxis der kritischen Diszplin ist typisch angepasst auf die Entwicklung von Massenmedien: die Adressierung von Dokumenten aller Art an ein Publikum, das selbst keine Adresse hat und darum die Notwendigkeit erzeugt, dass nur diejeningen, die massenmedial adressierbar sind – was zurück liegend immer nur ein kleiner Teil der Bevölkerung war – “
Ja
„… Verfügungsrechte über Dokumente erhalten, durch welche wiederum Lebensrisiken besser behandelt werden können (z.B. durch Prominenz)“
Ja
„Alle anderen unterliegen einer generellen Schutzbedürftigkeit, weil sie selbst keinen Zugang zu massenmedialer Adressierbarkeit erlangen können und gleichsam durch Machtinstanzen eine Art Patronat erhalten:
Parteien, Staat, Unternehmen, Gewerkschaften, Interessensverbände und was auch immer.“
Ja.
„So entsteht die Beobachtung, dass wenige, aber mächtige Menschen über viele ohnmächtige Menschen herrschen, die aber von dieser Herrschaft, damit sie legitim ist, fordern dürfen, dass ihre Mittel in den Dienst der Beherrschten gestellt werden solle“
Ja, sofern es ALLEIN das „DÜRFEN“ der Forderung betrifft!
Darüber hinaus ist weder daraus noch aus anderen hier erwähnten / nicht erwähnten oder anzunehmenden Begründungen die Legitimität oder Legalität zur Durchsetzung dieser Forderung DURCH DIESE HERRSCHAFT ableitbar, erzielbar oder durch welchen Druck auch immer als durchzusetzen gesellschaftlich haltbar, da Fragen derartiger INFORMATION und KOMMUNIKATION dieser Information (was sollte sonst kommuniziert werden?) keine relevanten gesellschaftlich funktionierende Positionen in demokratisch organisierten Gesellschaften erbringen können.
Der Verweis in diese Richtung wirft damit allerdings die Frage auf, von WELCHEN Massenmedien der Autor hier redet, welche er heranziehen möchte zur weiteren Darstellung – was so ungeklärt bleibt und für weitere Überlegungen deshalb auszublenden ist.
Womit allerdings das Thema des Textes in dieser Richtung (Beispiel Massenmedien) dann auch leider schon sein Ende findet, weil es damit Gefahr läuft:
„Es wird gleichsam Datenmüllproduktion festgestellt und als defizitär, als unangemessen zurück gewiesen, weil eine Instanz der Rücksichtnahme unterstellt wird, nämlich: ein Mensch und seine Wahrnehmungsfähigkeiten, auf welche nicht verzichtet werden könne und dürfe.“
Das für „Massenmedien“ hier unterstellte Adressierungsmonopol (Herrschaft) und das Empfängermonopol scheiden damit als fehlerhaft und adaptierbar aus, die im Weiteren (nur) für das Internet versuchsweise beschriebene Situation ist bereits bei den zuvor entstandenen Massenmedien in DIESEN Punkten auch gegeben und als solche bekannt, ein Gegensatz „Massenmedium“ – „Internet“ ist ohne Verbiegungen und (Ver)Beugungen nicht herleitbar:
„Denn: worauf soll man noch Rücksicht nehmen, wenn aufgrund der je individuellen Bildschirmfesselung (die ständig erratische Faszination verlangt) ein Gegenüber wegfällt, das selbst noch Rücksicht nehmen könnte?“
So und an dieser Stelle: Ja.
Auch für
„Das soziale Verhältnis der kritischen Diziplin zerfällt. Und damit erweisen sich alle Versuche, es trotzdem noch aufrechtzuerhalten als trivial. Die zugeordnete Epistemologie wird naiv. Es wird nicht von Menschen für Menschen produziert – diese Selbstbeschreibung der Gesellschaft kann nicht mehr überzeugen.“ –
Wie seit langem bereits auch bei den „historisch bekannten“ Massenmedien, die längst Gefahr laufen, diese Bezeichnung zugunsten des Begriffes „Internetleitmedien“ zu verlieren.
Es gibt (noch?) kein „interneteigenes“, gewissermaßen „internes“ Leitmedium, da das Internet gegenwärtig noch massiv vorwiegend Stichwort- und Themenempfänger der traditionellen Massenmedien und damit überwiegend deren „verlängerter Arm“ ist.
Bei allen Innovationen, die wir inzwischen kennen, ist gegenwärtig grundsätzlich noch kein anderer als dieser Charakter der „verlängerten Massenmedien-Werkstatt“ separierbar, jedoch umgekehrt sehr wohl deutlich der Griff von Internetkapazitäten nach Eigentum an Massenmedien (Herrschaft – s.o.?) als Tendenz zur engeren Verschmelzung ähnlicher oder benachbarter Funktionen sowie Handlungs- und Geschäftsfeldern erkennbar.
Das Internet kann ohne diese „Massenmedien“ weder seine gegenwärtigen Bedeutungen weiter aufrechterhalten noch weiter entwickeln, es funktioniert im „Überbau“ nur durch seine Präsenz in diesen Massenmedien – und umgekehrt, was wohl den Weg der Gesamtheit dieser Medien als Massenmedien (wenn wir so wollen: „Massenmedien 2.0“ – © BeBra) weist.
Kluge Magnaten aus der Internetbranche haben dies längst erkannt und bereits positionssichernd gehandelt.
Somit, in diesem Verständnis, auch Ja zu:
„Die moderne Gesellschaft hat sich über die vollständige Differenzierung ihrer Probleme in Erfahrung gebracht und dafür gesorgt, dass die Problembehandlungsroutinen fraglich werden.“
Und das Ja nun auch hierzu:
„An ihrer “asozialen” Herkunft können Wissenschaft, Soziologie und die Systemtheorie nichts ändern.“
„Daran werden auch diese “next-society-”-Soziologen nichts ändern. Im Gegenteil. Sie finden über die Thematisierung einer Nextsociety nur den Einstieg in die Fortsetzung ihrer bekannten Routinen unter veränderten Bedingungen.“
Und mal auch vom „anderen Ufer“ her betrachtet:
„… auch im Journalismus bemerkt man, dass die Produktion massenmedialer Dokumente und einseitig zurechenbare Erfolge, nicht mehr ausreicht. Die Systeme beginnen ihre soziale Realität in Erfahrung zu bringen.“
ja, und das weniger als oder an / für „Wurstmaschinen“, bei und an denen ist „nichts (kein € ) zu holen“, deshalb erfolgt es wohl eher doch sozial-systemisch – ganzheitlich …
Ein Wort zur Schwarmintelligenz:
Es dürfte völlig unstrittig sein,
daß die Schwarmintelligenz der User der traditionellen Massenmedien eine andere ist, als die der Internet-User,
daß die Schwarmintelligenz der Internet-User erheblich deutlicher sich produzieren kann und damit voll auf die in den traditionellen Medien zurückwirkt, wie auch immer und mit welchem „Vesöhnungsfaktor“ oder mit welcher System-Emergenz beider auch immer, den sie bilden nun ein gesellschaftliches Gesamt-Informations- und Kommunikations-System, mit allen sytemischen (ganzheits-) Konsequenzen, die damit sich entfalten, unabhängig davon, wo gerade geschwärmt und intelligenzt wird.