Ein Blog als Buch veröffentlichen? @deregregant #soziologie #bourdieu #kapital
von Kusanowsky
Lieber Michael Wollmann,
hier ein Videokommentar von mir zu deinem Hinweis auf diesen Verlag: https://www.bloggingbooks.de/?locale=de
Ab 1: 45 Minuten
Als Einstieg kann man auch diesen Wikipedia-Artikel benutzen
Danke für die Verlinkung des Videos über die Kapitalsorten nach Pierre Bourdieu.
Was den Gedanken im zweiten Video angeht ( http://youtu.be/A8F0rTfxwGE?t=8m30s ) glaube ich, dass mindestens Facebook bereits in vielen Fällen verbindlich genutzt werden muss, bzw. mindestens insoweit institutionalisiert ist, dass Nichtnutzung sanktioniert wird. Jedenfalls stelle ich im Studium immer wieder fest, wie wichtig Facebook ist. Auf Facebook finde ich viele Klausuren vergangener Semester, werde zu Veranstaltungen oder Partys eingeladen (und melde mich auch dort dafür an), und informiere mich über neue Bekannte…
Der Punkt der Unverbindlichkeit ist da meines Erachtens schon überschritten.
LG Dorotyna Spieka
@Manu Forster hat in einem Kommentar bei Facebook geschrieben:
„Ich denke ja auch darüber nach, dass das mit diesem Bücherschreiben ohnehin (auch in Zukunft) nur für eine kleine Gruppe von Menschen relevant ist, nämlich für die, die ohnehin ein großes Beziehungskapital mitbringen, das sie […] in der Regel durch Sozialisation in Organisationen [erwerben]. Das Internet [schafft nun] eine andere [Möglichkeit] Beziehungskapital [herzustellen]: Nämlich durch Internetkommunikation.
[…]
Was wäre, wenn aus dieser Unverbindlichkeit [und] Grundlosigkeit […] tatsächlich eine Art Verbindlichkeit entsteht, die auch [praktisch] wirksam wird für die Beziehungen. Wenn aus dieser Art der Kommunikation also eine Art verbindliche Unverbindlichkeit entsteht, die dazu geeignet ist, [darin/ dabei] Kapital zu akkumulieren…“
dito.
Das trifft bei mir den Nerv…
Das ist es im Wesentlichen, was mir seit Jahren schon durch den Kopf geht:
Warum wird das Internet lediglich als Instrument zur Effizienzsteigerung traditioneller Methoden der Machtentfaltung und Einflussnahme verkannt..? Wir tragen in dieses neue flexible Medium der „instantanen“ Informationsvermittlung Kulturformen, Mittel und Methoden der (sozialen) Kommunikation, die bereits ohne das Internet schon schwerfällig, kompliziert und problematisch oder eben weitgehend belanglos gewesen sind… und die Absurdität, alte Kulturformen in neuen Medien implementieren und kultivieren zu wollen wird immer augenscheinlicher und offensichtlicher.
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„die Absurdität, alte Kulturformen in neuen Medien implementieren und kultivieren zu wollen wird immer augenscheinlicher und offensichtlicher“
Genau. Aber damit ist nur gesagt, dass es sich um einen Erfahrungs-, Forschungs- und Lernprozess handelt, der sozial determiniert ist. Es müssen erst noch die Probleme ge- und erfunden werden, für die das Internet eine Lösung ist. So formuliert: die Probleme der modernen Gesellschaft werden nicht etwa gelöst, sondern geraten allenfalls in Vergessenheit, wenn es gelingt, diese unlösbaren Probleme durch andere zu ersetzen, welche auf der Basis des Internets gelöst werden können. Wenn das geschieht, entstehen Kapitalien, Macht und entsprechende Strukturen ihrer Reproduktion.
Viel kann man darüber gegenwärtig noch nicht sagen, weil der dafür notwendige Erfahrungs-, Forschungs- und Lernprozess nicht so leicht vollzogen werden kann. Ich denke darüber nach, dass diese Grund- und Nutzlosigkeit der Interkommunikation es zustande bringt, dass anonyme Verbindlichkeiten und entsprechende Strukturen Macht gewinnen.
Fast alle bekannten Nutzanwendungen des Internets haben keinen innovativen Charakter, sondern sind nur Optimierungen, gleichviel wie man sie rubrizieren wollte, ob politisch, ökonomisch, technisch oder künstlerisch:
Die Gründung einer Partei, die Erstellung eines Lexikons, der Verkauf von Waren und Werbeanzeigen, das Verbreiten von Texten, Bildern, Filmen, Software und Musik, Gründung von Börsen und Agenturen aller Art, die Fernsteuerung von technischen Anlagen, der Brief- und Telefonverkehr, das Sammeln von Daten – all das ist nicht neu, sondern wird aufgrund der Einsparung von Transaktionskosten nur optimiert. Mit dem Wegfall von Transaktionskosten optimieren sich zugleich lang bekannte Problemphänome: Datenschutz, Raubkopieren, Kinder- und Jugendschutz, Überwachung, Trickbetrug, Spionage, Stalking, Protest, Sabotage, schöpferische Zerstörung und dergleichen mehr. Auch das alles ist der Sache nach nichts Neues, ist lange bekannt und ungelöst.
Neu wäre allenfalles die Monstrosität dieser Problemphänome, die langsam die Einsicht dämmern lässt, dass die Probleme gar nicht lösbar sind, jedenfalls nicht auf bekannten Wegen und mit erprobten Mitteln. Auch die Probleme, so könnte
man sagen, sind beinahe vollständig optimiert, was nicht ausschließt, dass sie noch mal größer und aufdringlicher werden können. Aber werden sie deshalb noch problematischer als sie es schon sind?
Wenn man also nüchtern danach fragen will, was eigentlich das spezifisch Neue ist, das durch das Internet hervorgebracht wurde, so wird man kaum etwas finden. Was hat das Internet hervorgebracht, das es ohne das Internet nicht hätte geben
können? Freilich könnte man Marshall McLuhan anführen und sagen, dass Internet selbst ist das Neue, aber erstens ist diese zitierte Einsicht selbst keineswegs neu und zweitens aufgrund ihrer inflationären Verbreitung nahezu banal. Denn man könnte ja fragen: Das Internet ist die Botschaft! Ja, und weiter?
Insbesondere, wenn man diesen Internet-Enthusismus beobachtet wird man feststellen, dass auch da wenig Weiterführendes zu finden ist, da dieser Enthusiasmus etwas tut, was schon immer betrieben wurde, nämlich naive Hoffnungen zu verbreiten. Tatsächlich aber wird auf dem Wege der Formulierung von Utopien und Illusionen nur eine Normalität erzeugt, die keinerlei empirische Grundlage hat. Das gleiche gilt auch für die Verbreitung von Ängsten, Einwänden und Ablehnungen, welche übrigens genauso unverdrossen via Internet verbreitet werden.
Auch die Verbreitung Angst und Hoffnung hat nichts spezifisch Neues an sich. Und will man nun sagen, dass mindestens Google und Facebook spezifische Neuartigkeiten darstellen, die es ohne Internet nicht geben könnte, dann würde ich meinen, dass es sich dabei nur um „Überflüssigkeiten zweiter Ordnung“ handelt.
Mit Hilfe von Google kann man recherchieren, navigieren, einkaufen, zeitunglesen und mit Hilfe von Facebook und Twitter andere Menschen kennen lernen. Wer wäre früher ohne Internet daran gehindert gewesen? Außerdem kommt hinzu, dass es sich um gewinnmximierende Unternehmen handelt, deren Geschäftsmodell nur auf der oben genannten Optimierungsleistung des Internets beruht.
Man könnte es also dabei belassen, dass die Optimierung die Innovation ist, aber das bedeutet auch, dass nicht nur die schönen Dinge des Lebens optimiert werden, sondern auch die hässlichen. Also ist alles klar und es gibt keinen Grund sich zu wundern.
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Ich stimme völlig mit Dir darin überein, dass es sich beim Internet weniger um etwas Neues als vielmehr um eine Optimierung handelt. So wie bspw. die Eisenbahn und das Automobil lediglich Optimierung der bis dahin bestehenden Verkehrsinfrastruktur waren/sind. Und in Bezug auf das von mir in oben zitiertem Tweet Gesagte, scheint mir trotzdem in dieser Optimierungsleistung Problemlösungspotenzial zu liegen.
Also teile ich nur Deine allzu absolute Ansicht nicht, dass noch nicht bekannt wäre, für welches Problem das Internet eine Lösung sein könnte. In absehbarer Zeit werden steigende Transaktionskosten eine Neuorganisation von Arbeit erzwingen. Das hat ja bereits begonnen, und es gibt bereits ausgereifte Lösungen, die sofort zu einer drastischen Änderung der bestehenden Arbeitswelt eingesetzt werden könnten (und teilweise schon werden).
Aber ich denke in diesem Zusammenhang auch, dass die Problematik auch Politikern und Wirtschaftsbossen bekannt ist, genauso wie die Lösung, die allerdings so dramatisch für die Wirtschaft, das soziale Gefüge und nicht zuletzt den Staat sein dürfte, dass die Politiker deshalb »auf die Bremse treten« und sich stattdessen allmählich – mit steigender Dringlichkeit des Problems – dieser Problemlösung nähern.
@kadekmedien
Ich will dir gar nicht widersprechen.
Unterscheiden wir mal zwischen Selbst- und Fremdbeschreibung, und legen fest, dass die moderne Gesellschaft sich durch die Entfaltung bestimmter Differenzen in Erfahrung gebracht hat, die historisch unvergleichlich sind. Diese Differenzen beziehen auf einen Selbsterfahrungsprozess ihrer Funktionsbedingungen. Das heißt: ohne anfänglich zu wissen, wie sie funktionieren könnte, hat die Gesellschaft über einen Zeitraum von vielen Jahrhunderten peu a peu gelernt, wie sie das, was sie über sich noch nicht wissen konnte, in Erfahrung bringen könnte. Wann ist das schließlich passiert? Passiert ist dies schließlich in dem Augenblick, bzw. in dem Zeitraum, in dem sich die Strukturen der funktionalen Differenzierung selbst wiederum funktional beobachtbar gemacht haben. (Datierung: Theorie der operativen Schließung.) Legen wir diesen Zeitraum auf die Zeit nach dem II. Weltkrieg fest. Das heißt: erst seit dem kann gewusst werden (das heißt, dass dies nicht gewusst werden muss), wie die Gesellschaft sich als eine beschreiben kann, die sich selbst als eine solche beschreiben kann. Diese Beschreibung ist natürlich wie jede andere nicht vollständig, aber möglich und verweist dann auf die Unterscheidung von Selbst- und Fremdbeschreibung. Das heißt: mit welcher Unterscheidung kann die funktionale differenzierte Gesellschaft beschrieben werden, wenn ihre Selbstbeschreibung möglich wird? Die Antwort lautet: durch die Unterscheidung von Selbst- und Fremdbeschreibung. So formuliert: die Gesellschaft macht auf der Rückseite ihrer Selbstbeschreibung zugleich auch eine Fremdbeschreibung möglich, aber diese Fremdbeschreibung, oder genauer, die Bedingungen, durch die diese Fremdbeschreibung möglich wird, müssen nicht vollständig funktional relevant sein. Das heißt nicht, dass sie dysfunktional wären, sondern nur, dass sie gleichsam einen verwechselbaren Ausweg, bzw eine Strukturalternative anbieten. Und diese Strukturalternative muss nicht mit Notwendigkeit entstehen, sondern: sie entsteht einfach. Aber dann kann, wenn diese Strukturalternative sich beobachtbar macht, nicht so leicht ermittelt werden, worin ihre funktionstypischen Eigenschaften bestehen, was daran liegen kann, dass sie keine hat. Das meine ich mit dem Satz: Die Internetkommunikation geschieht grundlos, nutzlos und ist überflüssig. Das ist der Ausgangspunkt für die Innovation. Nur dann entsteht Neues, wenn es nicht entstehen muss. Neues entsteht unerwartet.
Die beobachtbaren Immunreaktionen gegen die Internetkommunikationen resultieren daraus, dass die Strukturalternative eben nicht gut beobachtet werden kann, weil sie nichts liefert, das nach bekannten Maßstäben, nach bekannten Routinen, nach bekannten Erwartungszusammenhängen sortierbar ist. Da aber nur Bekanntes im Gespräch plausibel gemacht werden kann, muss noch mehr Überfluss erzeugt werden, damit es irgendwann doch gelingt, dass diese überflüssigen Operationen selbstrefernziell aufeinander verweisen können um sich dadurch gegen die Umwelt abzugrenzen.
Deshalb: Steigerung der Überflussproduktion scheint mir einzige Ausweg aus der Ausweglosigkeit zu sein.
// 2 Und stellet euch nicht dieser Welt gleich, sondern verändert euch durch die Erneuerung eures Sinnes, auf daß ihr prüfen möget, welches da sei der gute, wohlgefällige und vollkommene Gotteswille. //
😉 –> schreibt Paulus schon vor zirka 2000 Jahren in einem Brief an die Gemeinde der Römer… (Kapitel 12)
„der gute, wohlgefällige und vollkommene Gotteswille“ ?
Um Gottes Willen… Wie kann man das denn sinn-voll übersetzen?
… wahrscheinlich geht es im Wesentlichen darum unseren „Sinn“ frei zu machen, von statischen Wertesystemen, Ideologien oder Dogmen und von den Konditionierungen dieser Welt… „auf daß ihr prüfen möget“! Hinter die Kommunikations-, Werte- und Kulturmuster blicken — Traditionen, Gebräuche, Rituale und Werte dieser Weltordnung hinterfragen. (Es geht um ständige Veränderung/ Erneuerung… Homöodynamik statt Homöostasis!)
Vielleicht hilft die Orientierung an einem Ideal einer höheren Ordnung sogar tatsächlich dabei, unseren Sinn für Ethik und Ästhetik im Sozialen zu entwickeln und am „Leben“ zu halten…
Vielleicht geht es ständig darum, die aktuelle „Welt“ zu überwinden, indem man sich (im Sinne einer Homöodynamik) ständig darum bemüht sich flexibel mit der sozialen und ökologischen Umwelt zu arrangieren, so dass eine optimale Entfaltung von Freiheitsgraden und Optionen möglich wird.
Das Bibelzitat (oben) habe ich irgendwann spontan heute Morgen gefunden, nachdem ich gestern Nacht noch bis früh morgens an einem ergänzendem Kommentar (auf facebook) geschrieben habe.
Ich wollte direkt ein paar spezifische soziale Fragestellungen und Probleme verorten und konkrete Ideen und Alternativen für soziale Arrangements zur Diskussion stellen… Aber irgendwie hatte ich dann doch das Gefühl, das sprengt den Rahmen, nachdem ich fünf (Din A4) Seiten Text zu Papier gebracht hatte… (Ich hab’s sogar alles nochmal komplett editiert gerade…)
Den Text hinterlege ich einfach mal bei GoogleDrive:
https://docs.google.com/file/d/0B-PppAZB0S8Td1ktVldyY2hCN28/edit?usp=sharing
Die Problematik marktwirtschaftlicher Beziehungen/ Tauschbeziehungen habe ich unteranderem mit Christain Siefkes (keimform.de) bereits ausschweifend erörtert… ich häng‘ die Links zu den aktuellen Threads der Diskussionen rund um das Thema „verbindliche Unverbindlichkeit“ in der Netzkommunikation hier noch an:
(1) Auf facebook mit Franz Stowasser:::
https://docs.google.com/file/d/0B-PppAZB0S8TSDZWZ010WGxldVE/edit?usp=sharing
(2) Mit „+FreiwilligFrei“ auf Google+ :::
https://docs.google.com/file/d/0B-PppAZB0S8TOGh2MEhtdzFVdDg/edit?usp=sharing
(3) Mit +Christian Siefkes, +TimoOllech, etc // G+
https://plus.google.com/u/0/115680572119865888041/posts/ibdey5Y8Kws
uvm…
http://www.frank-vohle.de/content/luhmann-und-die-kamerakinder
Als theoretische Rahmung (nachgelagert) hatte ich mir erstmals Luhmanns Beobachterperspektiven zurechtgelegt (also erster, zweiter, dritter Ordnung), um meinen Blick dafür zu öffnen, dass Videokameras „Beobachtungsmaschinen“ sind und die Video-KOMMENTIERUNG ein Akt der Beobachtung von Beobachtungen ist. Wenn man noch eins drauflegt, dann kommt man via Re-Kommentierung zur dritten „Reihe“, also der Beobachtung von Reflexionen, die ja ihrerseits wieder Beobachtungen von Beobachtungen sind. Mir wird immer klarer, dass ein sog. „Videolernen 2.0“ sehr viel mit Beobachtungskompetenz zu tun hat; in den Hintergrund treten Technik, Schnitt etc. Und für die Didaktik scheinen die drei Ordnungsebenen ganz hilfreich zu sein, um Qualitäten (!) der Beobachtung beim Videolernen zu unterscheiden (Was-Fragen, Wie-Fragen und Wozu-Fragen).
Ich konnte es nicht dabei belassen und hab‘ das dann doch noch mal intensiv kommentieren müssen… 8 Seiten kompulsive Sozialtheorie, im Hinblick auf die Frage(n): Internet als „Innovation“ und „Ausweg“? // Wofür?.. Wohin?.. Wozu..? Wie..? B)
Weil es wirklich ein bisschen brutal wäre das hier an den Thread zu kleben, habe ich wieder mal ein „Dokument“ hochgeladen:
https://docs.google.com/file/d/0B-PppAZB0S8TX29CcDl0bmdIYTg/edit?usp=sharing
Würde mich freuen, wenn ihr die Idee darin so weit verstehen könnt, dass man vielleicht darin eine Art Ausgangspunkt für einen Diskurs machen könnte… Aber auch wenn ihr das nicht für diskussionswürdig empfindet, freue ich mich auf Feedback/ Kritik…
Mit anderen Worten…
Es würde mich freuen, wenn die Idee darin irgendwo ankommt/ wenn sich das, was ich hier in Sachen „Internet“ formuliert habe, irgendwer soweit zu Gemüte führen möchte, dass man über die (möglicherweise eben unausgeschöpften) Potenziale einer Innovation diskutieren kann…
// muss auch nicht unbedingt zeitnah passieren… 😉