Mit Bildschirmen sprechen #singularität #transhumanismus #intelligenz
Bald kann man mit Bildschirmen sprechen. Das konnte man mit Parkuhren, Kühlschränken und Zigarettenautomaten schon immer und ist immer schon geschehen. Interessant ist jetzt nur, dass diese Autotmaten bald Antworten geben, die minimalen Erwartungen auf Antwortfähigkeit entsprechen. Hier ein Präsentationsvideo, das zeigt, wohin die Reise geht:
Trans- und Posthumanisten oder wie die Anhänger der säkularen Erlösungshoffnung heißen, kennen schon das Ziel der Reise. Die große Singularität. Sie hoffen auf irgendeine künstliche Intelligenz, die sich irgendwann selbst reproduziert und dann die Menschen primitiv aussehen lässt.
Das traurige an solchen Zukunftsvisionen ist, wie hoffnungslos zurück geblieben sie sind. Sie benutzen ein Beobachtungsschema, das aus dem 17. Jahrhundert stammt und zu dieser Zeit von großer Wichtigkeit und Relevanz gewesen ist. Dieses Beobachtungsschema bezieht sich auf den cartesischen Dualismus, allerdings wird er nach Maßgabe einer eschatologischen Transzendenzhoffnung um die Möglichkeit erweitert, dass auch auch die res extensa selbst eine res cogitans erwerben könnte. Dass es sich dabei um eine religionsähnliche Spinnerei handelt kann man daran erkennen, dass dieser Trans- und Posthumanismus das Problem der Metaphysik – die Kontingenz der Notwendigkeit – in eine notwendige Kontingenz umdreht: weil die Singularität möglich ist und alle empirischen Technologien darauf hindeuten, dass es darauf hinaus laufen könnte, so wird diese Singularität auch eintreten. Und alle unzureichenden epistemologischen Einwände, Vorbehalte und Erklärungsschwierigkeiten, die sich insbesondere auf den paradoxalen Gehalt aller Devination beziehen, werden einfach mit dem Hinweis auf eine erkennbare Zukunftsgewissheit blockiert. Wenn sie auch nicht erklären können, wie das möglich sein sollte, so wird das eben die Zukunft zeigen. Die Transhumanisten haben schon die Wahrheit auf ihre Seite, alles andere ist notwendiges Offenbarungsgeschehen.
Ein Beispiel, das zeigt, wie theologisch dieser Singularitätsglaube geprägt ist, zeigt sich, wenn man darauf achtet wie unlösbare theologische Schwierigkeiten aus alter Zeit durch unlösbare technisch-epistemologische Schwierigkeiten ersetzt werden.
Die alte theologische Scholastik kannte das Problem des Gottesbeweises. Ein Beweis bezog sich auf die Frage nach der Allmacht Gottes. Wenn Gott allmächtig ist, so eine spitzfindige Frage, kann er dann auch einen Felsen erschaffen, der so schwer ist, dass er ihn selbst nicht hoch heben kann? Die Paradoxie ist: wenn Gott allmächtig ist, müsste er einen solchen Felsen erschaffen können. Wenn er ihn aber nicht hoch heben kann, so ist er nicht allmächtig.
Dieses Problem wird nun von den Transhumanisten ersetzt und in folgende Form gebracht: Wenn Menschen Intelligenz erforschen und herstellen, können sie dann auch eine Intelligenz erschaffen, die mächtiger ist als ihre eigene Intelligenz? Die Transhumanisten würden antworten: die menschliche Intelligenz ist nicht allmächtig, aber die Komplexität der technischen Verwicklungen kann es nicht ausschließbar machen, das etwas entsteht, das – gerade weil die menschliche Intelligenz nicht allmächtig ist – intelligenter und darum mächtiger ist als alles Menschenvermögen. Und wenn man dem zustimmen wollte, müsste man anschließnd fragen: aber wenn es so ist, so reicht die menschliche Intelligenz immer noch aus um die Singularität festzustellen, wenn sie eingetreten ist? Eigentlich müsste sie dazu doch dazu gar nicht ausreichen, oder, wenn doch, was soll das ganze dann? Jetzt wird erkennbar, was dieses Herumreiten auf Intelligenz und künstliche Intelligenz eigentlich bedeutet. Es bedeutet: Selbstbeeindruckung, und im Strukturzusammenhang mit der Entfaltung transzendentalter Subjektivität: Selbstbeeindruckung durch Selbstbeschränkung.
Eine Überlegung könnte lauten, dass das alles nichts, aber auch gar nichts mit Intelligenz zu tun hat. Intelligenz ist eine soziale Zurechnungsleistung, die man vornehmen, bestätigen, zurückweisen oder auch unterlassen kann. Dabei kommt es nicht darauf an, wem oder was man Intelligenz zurechnet: ob Menschen, Tieren, Geistern, Göttern, Maschinen oder Pflanzen, in allen Fallen kann und darf gefragt werden, ob die Zurechnung Ansprüchen an Differenziertheit, Kohärenz, Plausibilität, Logik, Beweisbarkeit oder Vermittelbarkeit Genüge tut. Man kann auch Ansprüche an Wahrheit anführen, aber das sind schon lange nicht mehr die diejenigen, die die überzeugendsten Antworten liefern. Und außerdem: nicht nur ist Widerspruch auf jede Antwort möglich, das betrifft auch Antworten von Maschinen, sondern immer auch Widerstand gegen jede Anweisung, dies betrifft auch Anweisungen von Maschinen, egal wie sich sich legitimieren. Und wird in Fragen der Legitimität keine Einigkeit erzielt, nun, dann führt das zu Gewalt.
So ist es weniger eine Frage der Intelligenz, sondern mehr die Frage eines geeigneten Beobachtungsschemas.
Und tatsächlich: schaut man sich das Video oben an, so gibt es tatsächlich Anlass zu der Frage, mit welchem Beobachtungsschema man diese sich zeigenden Verwicklungen beschreiben und erklären kann. Die zurück gebliebenen Gewissheiten von Zukunftoptimisten sind naiv und helfen da nicht weiter.