Ich stand einmal auf den Bus wartend vor Woolworth
von Kusanowsky
Ich stand einmal auf den Bus wartend vor Woolworth und guckte gelangweilt in das Schaufenster. Links, in Augenhöhe, sah ich plötzlich ein Schild mit der Mitteilung: “Wir haben am Samstag für Sie bis 16 Uhr geöffnet.”
Darüber musste ich nachdenken, weil mir einfiel, dass ich am Samstag wegfahren wollte. So bin ich hinein gegangen und sagte zu der Kassiererin geschäftstüchtig, dass ich sofort den Geschäftsführer zu sprechen wünsche. Sie schaute verduzt und wollte wissen, um was es ginge. Ich sagte ihr, dass es ja ganz nett wäre, dass Sie am Samstag für mich bis um 16 Uhr geöffnet hätten, aber ich hätte keine Zeit, müsse zu meinen Schwiegereltern wegen einer persönlichen Angelegenheit, die Woolworth nichts anginge. Das müsste ich dringend mitteilen, sagte ich, damit nicht wegen mir das Geschäft eigens geöffnet bliebe. Das bringe Ihnen doch auch nichts, sagte ich.
Nun ja, die Kassiererin wies mir verlegen den Weg zum Büro des Geschäftsführers und kümmerte sich um ihre Sache. Gegenüber dem Geschäftsführer wiederholte ich nun mein Anliegen. Es sei doch besser für alle Beteiligten, wenn am Samstag aufgrund meiner mangelnden Beteiligung das Geschäft geschlossen bliebe. Worauf der Geschäftsführer meinte, es gebe doch auch noch andere Kunden, und die könnten bis 16 Uhr jederzeit kommen, worauf ich entgegnete, dass davon auf dem Schild im Schaufenster gar nicht die Rede war. Dort stehe eindeutig: “….für Sie bis 16 Uhr” – wer denn gemeint sein solle, wenn ich nicht? Der Geschäftsführer schaute verlegen als ob ich nicht ganz dicht wäre; und ich meinte doch beobachten zu können, dass er einen entsprechenden Verdacht gegen ihn auch bei mir bemerkte. Aber ich blieb standhaft und verlangte eine plausible Erklärung für diesen Widerspruch: ” … für Sie geöffnet” – aber nicht allein für mich, wo ich doch König bin. Oder wäre ich etwa kein Kunde? Woher er das wissen könne, fragte der Geschäftsführer etwas genervt, aber schlagfertig, er kenne mich doch gar nicht. Worauf ich sagte, dass es darauf gar nicht ankäme, sondern nur darauf, dass er mein Anliegen berücksichtigen solle. Dann meinte er nach einer Pause der Verzweifelung, ob es nicht besser für mich wäre, dass ich sein Anliegen nicht berücksichtigen sollte, das darin bestehe, nur für mich das Geschäft geöffnet zu halten. Deshalb fragte ich ihn, wie ich das machen solle: eine Mitteilung nicht zu berücksichtigen, die eigens für micht angefertigt wurde und die, wenn ich sie berücksichtige, doch deshalb nicht einfach als gegenstandslos hingenommen werden könnte.
Nun, das Gespräch zog sich in die Länge.
Monate später las ich in der Zeitung, dass Woolworth Pleite gemacht hatte. Mir war klar, dass ich der einzige war, der wusste warum.
Das ist eine schöne Geschichte über einen netten Hack. Ist sie auch wirklich geschehen? 🙂
Aber was bringt einen dazu, es überhaupt mit Kommunikation zu versuchen?
1. Wie stellt man fest, dass außer Licht und Geräusch noch etwas anderes von Bedeutung sein könnte?
2. Wie findet man heraus, dass es gefahrlos weiter geht, wenn man Licht und Geräusch hinterlässt?
3. Was bringt einen dazu es noch mal zu versuchen, wenn festgestellt wird, außer Licht und Geräusch nichts anderes von Bedeutung war?
4. Und natürlich: Folgenabschätzung ist Quatsch. Gilt auch für Techniker mit ethischen Ansprüchen.
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„REISSER – hat Ihr Bad!“
Logistik ist Vermeidung von Zufall
„Wie stellt man fest, dass auchßer Licht und Geräusch noch etwas anderes von Bedeutung sein könnte?“
Vielleicht, indem man zu einer Reduktion von Erlebtem auf irgendeine Form von „Basalempfindungen“ (wie „Licht“ und „Geräusch“) verzichtet und evtl. dazu gar nicht in der Lage ist.
„Und natürlich: Folgenabschätzung ist Quatsch.“
Warum das?
„Vielleicht, indem man zu einer Reduktion von Erlebtem auf irgendeine Form von „Basalempfindungen“ verzichtet und evtl. dazu gar nicht in der Lage ist.“ – Und wie kommt es dazu? So gefragt: wie wird die Rücksichtslosigkeit gegen sich selbst attraktiv?
„Und natürlich: Folgenabschätzung ist Quatsch.“ – Warum das? – Weil Folgen 1. unwahrscheinlich, 2. wenn doch beobachtbar meistens banal und 3. unvorhersehbar sind, weil alle Folgenabschätzung, wenn sie kommunizierbar geworden ist, wiederum schon sozial verrechnet ist. Denn dass Folgenabschätzung überhaupt vorgenommen wird, egal mit welchen Folgen – zeigt ja, das etwas problematisch geworden ist, das vorher nicht problematisch war. Folgenabschätzung ist selbst schon ein unvorhersehbare Folge. Und wenn sie vorgenommen wird, wird alle Anschlusskommunikation, sofern sie sich überhaupt über Folgen irritert, durch Folgenerwartung determiniert, wodurch keineswegs ausgeschlossen ist, dass ganz andere Folgen unvorhersehbar entstehen, die dann als nicht abschätzbar auffallen müssen. (Passiert dies nicht, dann etwas anderes, sofern überhaupt irgend etwas passiert.)
Und wenn gilt, dass du bis heute vergeblich darauf wartest, dass nichts passiert, dann gilt auch, dass du vergeblich darauf wartest, dass Vorhersehbares nicht passiert.
„Weil Folgen … wenn doch beobachtbar meistens banal … sind.“
Gerade dann ist die Abschätzung ja am nützlichsten.
Zu den anderen Fragen: Dazu hab ich keinen Ansatz, der über Offensichtliches und wenig Erleuchtendes jenseits von Koinzidenz, Korrelation und Evolution hinausgeht. Muss ich drüber nachdenken.
“ Muss ich drüber nachdenken.“ – Die Folgen würden mich interessieren.
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