#Ethik und #Robotik
von Kusanowsky
In einem Vortag bei der #rp13 hat die amerikanische Wissenschaftlerin Kate Darling Überlegungen zu der Frage angestellt, ob es notwendig sei, unter Berücksichtigung einer Roboter-Ethik, Schutzgesetze für Roboter einzurichten, um das Mitteid, das Menschen Robotern entgegen bringen können, zu vermeiden. Einen ausführlichen Bericht dazu findet man bei Zeitonline vom 10.05.2013.
Ein anderer Versuch, der in diesem Zusammenhang eine Rolle spiel, ist der Versuch, Roboter mit einer Ethik-Funktion auszustatten, um sicher zu stellen, dass sie Handlungsanweisungen von Menschen gehorchen, da Roboter angeblich lernen könnten emotional zu handeln. „Roboter brauchen eine „Ethik per Voreinstellung“ – lautet die Überschrift eines Berichts bei Heise. de über den Vortrag von Sarah Spiekermann. Man glaubt gar nicht, wie weit Technikvertrauen und Technikgläubigkeit reichen kann. Beides reicht so weit, dass auch noch Meinungen darüber geäußert werden, dass ethische Vorbehalte gegen den Gebrauch von Technik und ihren Auswirkungen technisch eingerichtet werden könnten. Roboter könnten lernen, emotionale zu handeln, aber ethisches Handeln könnten sie nicht lernen? Sie können weder das eine noch das andere lernen! Soweit man weiß leben Roboter nicht. Und will man meinen, dass sie leben könnten, dann gibt es keine neue Problemlage.
Es ist bekanntes und hinreichend eingeübtes Verfahren besteht darin, dass Probleme, deren Herkunft und Zustandekommen nicht ausreichend erklärt werden können und darum auch nicht lösungsfähig sind, auf einer Ebene der Moral und Ethik zu behandeln. Auf dieser Ebene kommt es zwar auch auch nicht zu Verfahrenslösungen und Entscheidungsklarheit, aber Irritation und Diskurs um Ethik selbst sind geeignete Mittel, um der anderweitigen Unlösbarkeit der Probleme aus dem Wege zu gehen. Kaum etwas anderes erzeugt so viel Unklarheit wie die Forderung nach ethischen und moralischen Verhaltensstandards.
Dass solche Standards aber dennoch ins Gespräch eingebracht werden können und müssen, ist dann wieder erklärungsbedürftig. Warum wird über Ethik und Moral hoch irritativ kommuniziert, wenn doch gerade aufgrund dieser hoch irritativen Kommunikation klar erkennbar wird, dass außer Irritation und Fortsetzung der Kommunikation nichts anderes und besseres zu finden ist, schon gar nicht ein bessere Ethik? Warum dennoch solche Diskurse?
Der Grund dafür könnte sein, dass die Kommunikation über Ethik bereits rein performativ die Lösung von ethischen Problemen darstellt. Das ethische Moment ist seine Ausprache, ist die kommunikative Vergewisserung durch das Gespräch, ist die permanente Erinnerung zur Signalisierung von Problembewusstsein, das von sich selber weiß, über keine andere Lösungsmöglichkeit zu verfügen als diejenige, die Erinnerung an beunruhigende Probleme stabil zu halten. Die Stabilisierung des Problemsbewusstseins hat damit nicht etwa die Funktion, diese Probleme zu lösen, sondern ihre Unlösbarkeit der Dauerirritation zu empfehlen. Und auf dem Wege der Dauerirritation, die sich meist um Vermeidungsvorbehalte dreht, vollzieht sich dann doch das Unvermeidbare.
So hat die Dauerirritation den Charakter einer Selbstentschuldigung. Weil sich eben doch immer nur das Unvermeidliche ereignet, werden durch Kommunikation von Vermeidungsvorbehalten solche Entwicklungen unter einen „Kontingenzschutz“ gestellt. Weil man eigentlich möchte, dass die Dinge sich so ereignen, wie sie gewünscht werden und dabei gleichzeitig einrechnet, dass dies doch nicht geschieht, wird eben dies wiederum zum Gespräch angeboten, mag dann kommen, was da wolle. So ist die Aussprache ethischer Vorbehalte und beobachbare Anschlusskommunikation darüber das ethisches Handeln selbst. Ethisch handelt demgemäß wer Ethik ernst nimmt. Und über diesen Weg entschuldigt sich die Versammlung von anwesenden für ihr Versagen hinsichtlich der Lösung von Problemen, weil man nachträglich, sobald man die Ergebnisse kennt und beurteilt, immer noch anderen und anderem, meist Abwesenden einen Mangel an ethischem Problembewusstsein unterstellen kann.
Kommunikation über Ethik und Moral sind darum Risikovermeidungsmeidungsroutinen zur Selbstentschuldigung für den wahrscheinlichsten aller Fälle, dass die Dinge sich von selbst so oder anders ereignen.
Mir ist das auch aufgefallen…
Mir hat gefallen, dass jemand hier ein ethisches „Problem“ besprochen hat.
Und aufgefallen ist es mir, dass es mir missfällt, wenn Rechte/ Gesetze und Sanktionen zur Lösung der „Problematik“ eingefordert werden.
Im Rahmen einer Diskussion auf G+ über „Tierleid“ ist mir folgendes dazu eingefallen, was sich 1:1 auf die „Roboterproblematik“ transponieren lässt:
https://plus.google.com/u/0/109568960804534353862/posts/6ZWSE9SQQAD
Jedes Handeln trägt eine gewisse symbolische Dimension.
Man positioniert sich ständig als „Soziales Wesen“ in jeder beobachteten Interaktion/ Handlung oder Entscheidung…
Jede Situation, in der mein Handeln und Entscheiden von anderen beobachtet und interpretiert werden kann, führt unvermeidlich zu einer sublimen Auswertung und Einschätzung meiner Rolle, Vertrauenswürdigkeit und Kompetenz im jeweiligen „Horizont“ meiner sozialen Vernetzung… (wobei in verschiedenen gesellschaftlichen Milieus und Kreisen — abhängig von Kontext der Interaktion — bestimmt auch unterschiedliche Maßstäbe zur Bewertung herangezogen werden.)
Ich habe den Eindruck, dass es weithin genügt, Situationen, die man für ethisch problematisch hält, möglichst roh und undokumentiert/ erzählerisch/ (als Protokoll von Handlungsbeziehungen und deren Folgen) darzustellen.
Wenn Handlungen und Konsequenzen von Handlungen öffentlich zur Diskussion gestellt werden, ohne dass man in der Dokumentation viel bewertet oder Wertungen impliziert, schafft man zumindest Raum für eine natürliche/ vielleicht sogar gesunde Katharsis — ohne eine reaktionäre Forderung nach Intervention und Bestrafung in Erwägung ziehen zu müssen.
Mir ist heute Vormittag allerdings schon unabhängig von diesem Artikel ein (ethischer/ moralischer) Satz durch den Kopf gegangen, den man allerdings kontrovers auffassen kann…
// ungefähr so…
„Tiere essen Tiere, Weiber schlagen Weiber, Unmündige missbrauchen Unmündige.“ (Man könnte das ergänzen: „Maschinen misshandeln Maschinen.“/ ~ „Passive Objekte zerstören passive Objekte.“ usw… wobei Objekte — je nach optischer Erscheinung und Wirkung als Symbol für andere Archetypen aufgefasst werden können…)
Ich vermute, gewalttätiges und exzessives Verhalten richtet sich vielleicht in gewisser Hinsicht immer gegen ein archetypisches Persönlichkeits-Element (oder ein charakterprägendes Rollenbild), das man seelisch/ emotional nicht hinreichend integriert hat.
Menschen, die das Tier/ triebhaftes Verhalten im Menschen nicht akzeptiert und überwunden haben, quälen/ schlachten/ verzehren Tiere.
Männer, die zu wenig Mann sind, verleugnen und verabscheuen das Weibliche, schlagen, beleidigen, erniedrigen und misshandeln Frauen.
Erwachsene und Heranwachsende, die ihre Kindheit verloren haben und ihr „inneres Kind(sein)“ nicht zulassen oder nicht finden können, neigen dazu gewalttätig, aggressiv, triebhaft oder manipulativ auf Kinder zu reagieren.
— Objekte können diese persönlichkeitsbildenden „Elemente des Mensch-Seins“ gewissermaßen symbolisch repräsentieren, denke ich…
Ich weiss nicht, ob man diese Regel konsistent anwenden kann oder ob diese Feststellung auf die Roboter-Problematik anwendbar sein kann, aber ich denke darüber nach…
Wenn man über Ethik und Moral diskutiert, geht es wohl besonders darum, sich als (vertrauenswürdiges) „Soziales Wesen“ zu qualifizieren, indem man die Fähigkeit zur Impulskontrolle und zur Abwägung von Konsequenzen signalisiert.
Andererseits spielt wohl auch die Zuschaustellung von Stärke, Brutalität und Rücksichtslosigkeit (beim „Goal-Attainment“) eine gewisse Rolle: Insbesondere bei der Etablierung von Machtstrukturen und Hierarchien in Szenarien, in denen es um Rudelbildung und „Leadership“ geht.
Allerdings muss man in jedem Fall darauf hinweisen, dass mit einer „Führungsrolle“ immer ein soziales Risiko verbunden ist…
Diesen Kommentar von Frank Herbert habe ich vorhin erst wieder entdeckt:
Es ist wohl kaum vermeidbar, dass in sozialen Beziehungen hierarchische Machtstrukturen aufgebaut werden, die einen Kontrast zu solidarischen Vertrauensbeziehungen in dezentralisierten sozialen Netzen darstellen.
Allerdings sollte die Legitimation der Macht (im Hinblick auf Kompetenz, Integrität/ Vertrauenswürdigkeit und Verantwortungsbewusstsein) immer wieder bewusst in Frage gestellt werden, wenn man auf eine gesunde, flexible und stabile Gesellschaftsstruktur Wert legt.
Ein Roboter mit Bewusstsein
Jörg Heeren Pressestelle
Universität Bielefeld
Für Menschen ist es normal: Taucht ein Problem auf, denken sie über unterschiedliche mögliche Handlungsschritte nach, erproben in Gedanken deren Konsequenzen und entscheiden sich dann für eine Vorgehen. Seit Anfang 2011 arbeiten Forscher der Universität Bielefeld daran, dass auch Roboter dieses Probehandeln durchführen können. Dabei haben die Wissenschaftler des Exzellenzclusters Kognitive Interaktionstechnologie (Cognitive Interaction Technology – CITEC) bei dem von ihnen entwickelten Roboter besondere Fähigkeiten gefunden: Diese deuten darauf hin, dass der Roboter ein Bewusstsein entwickelt hat.
http://idw-online.de/pages/de/news567633