Die Diskreditierung psycho-somatischer Techniken (Fortsetzung)

von Kusanowsky

Die Wochenzeitung DIE ZEIT verkauft gerade ein DVD-Seminar über Soziologie

zeitsoziologie

(Herkunft Zeit-Akademie)

Wer akademisch-kritisch geschult ist, wird leicht dazu neigen, solche Verkaufskonzepte mit dem Argument geringzuschätzen, dass es sich dabei nur um Geschäftemacherei handele, die nichts mit harter wissenschaftlicher Arbeit zu tun habe.

Solche Geringschätzungen entstehen nicht einfach zufällig, sondern sind von gleichem Charakter wie die kommerzielle Wertschätzung solcher Produkte.

Diese Verkaufspräsentation (auf der Seite der Zeitakademie ist vor allem auch ein schönes Video zu sehen)  macht auf einige Aspekte des transzendentalen Vermeidungsirrtums aufmerksam, der erfolgreich eine Diskreditierung psycho-somatischer Techniken der Erfahrungsorganisation betrieben hat.

Einige Aspekte würde ich als Beobachtungsanweisung so formulieren:

  • Achte auf das, was man sehen kann, nicht auf das was du sehen willst. Gemeint ist damit das, was du sehen kannst, wenn du darauf achtest, was andere sehen oder sehen könnten.
  • Achte auf das, was gesagt wird und nicht auf das, was verschwiegen wird oder übersehen wurde.
  • Konzentriere dich auf das Wichtige. Wichtig ist das, was redundant gezeigt wird. Nebensächlichkeiten können daher kein allgemeines Urteil rechtfertigen.
  • Achte auf Kompetenz. Lass dich von Professionalität beeindrucken.
  • Glaube nicht alles. Sei kritisch. Erarbeite dir selbstständig ein kontingentes Verhältnis zu deiner Umwelt.
  • Ermittle Geschmacksdifferenzieren und reflektiere sie.
  • Bemühe dich um ein angemessenes Urteil. Sei gewissenhaft. Rede darüber!
  • Zeige Rücksichtnahme! (Dieser Punkt betrifft hier vor allem den Punkt, die Rechnung pünktlich zu bezahlen.)

Diese Beobachtungsanweisungen sind hoch widersprüchlich und lassen bei genauerer Analyse unter kritischen Gesichtspunkten eigentlich nur den Schluss zu, dass das alles höchst irrational und enorm wirr erscheint. Trotzdem aber kann jeder dieser Beobachtungsanweisungen auch kritisch-rational im Verhältnis zu jeder anderen analysiert werden.

Das kann funktionieren, weil die Verkaufspräsentation selbst das Ergebnis solcher Beobachtungsanweisungen ist. Die Konsumforschung stellt nicht die Frage, was das Richtige für den Kunden ist, sondern: was weiß der Kunde darüber, was das Richtige für ihn ist? Und wie muss man etwas präsentieren, wenn man dies weiß? Denn auch der akademisch gebildete Kunde kennt diese Beobachtungsanweisungen und ist gut trainiert, daraus Beobachtungsroutinen zu gestalten.

So entsteht ein zirkulärer Beobachtungszusammenhang, der an jeder Stelle seines sozialen Vollzugs Erkanntes als Wiedererkanntes referenziert. Durch den lückenlosen Ablauf solcher Routinen wird die Fremdreferenzialität zur Weltnormalität aller Beobachtung, auch dann, wenn Selbstreferenzialität in Rechnung gestellt wird, weil auch Selbstreferenz zu ihrer Beobachtbarkeit auf Fremdreferenz angewiesen ist.

Darum gibt es keinen Grund, solche Verkaufspräsentationen mit Geringschätzung zu betrachten. Sind sturkurell eingebunden in die moderne Organisation der Erfahrungsbildung und verfolgen ganz normale funktionale Gewährleistungsstrategien, die jederzeit vergleichbar sind mit dem, was man das harte Brot wissenschaftlicher Arbeit nennen könnte. Wobei die Härte nur darin besteht, den Zusammenhang von Selbst- und Fremdreferenz und Wahrheitsgesichtspunkten zu analysieren. Damit wird auch die Einübung oben genannter Beobachtungsanweisungen betrieben, weil anders der zirkuläre Beobachtungszusammenhang kaum entstehen könnte.