Fernsehen und Überwachung @postdramatiker #bildschirmfesselung #googleglass

Lieber Ulf,

wenn man etwas mehr will als nur Meinungen darüber zu verbreiten, welche sozialen Verwicklungen die Bildschirmfesselung nach sich ziehen wird, dann sind deine theoretischen Überlegungen das Fernsehen betreffend ziemlich gut geeignet, die Nachdenklichkeit zu stimulieren und zu differenzieren. Mir ist beim Nachdenken über deine „Fernseh-Serie“ der Gedanke gekommen, dass diese Überlegungen mit einer Theorie der Überwachung ergänzt werden müssten.
Vor allen Dingen müsste eine Theorie der Überwachung nicht mehr allein als Machtproblem behandelt werden, denn solange man Überwachung auf eine machttheoretische Angelegenheit reduziert, wird man den Beobachtungszusammenhängen nicht gerecht. Denn bislang zeigt sich, dass Überwachungsmaßnahmen keineswegs mehr Sicherheit garantieren oder verstärken, sondern es scheint doch eher so zu sein, dass  verstärkte Überwachungsmaßnahmen immer auch zur Differenzierung der Problemsituation führen und damit auch zur Differenzierung von Umgehungsmaßnahmen.
Gewiss werden durch Überwachungsmaßnahmen die Überwindungsschwellen gesteigert, aber wenn sie überwunden werden, dann zeigt sich einer sehr viel größere Unsicherheit, die dann mit den bekannten Machtmitteln nicht eingehegt werden kann.
Das gilt vor allem für den Terrorismus. Unter der Bedingungen immer stärkerer Überwachung wird es bestimmt immer schwieriger, Terror auszuüben, wenn es aber dann noch gelingt, sind die Folgen unbeschreiblich verheerend. Denn Terroristen müssen ja nicht nur Überwachungsmaßnahmen austricksen, sondern sind selbst auf Überwachungsmaßnahmen angewiesen, weil die Überwachung von anderen auch ermöglicht, sich selbst der Überwachung durch andere zu entziehen. Insofern haben Polizisten und Terroristen das selbe Problem und bevorzugen folglich die gleichen Methoden. (Ähnlich verhält mit der Beziehung zwischen Geheimagenten und Journalisten, die mehr gemeinsam haben als man meinen möchte.)

Deshalb denke ich, ob man „Fernsehen“ einerseits und „Überwachung“ komplementär auf einander beziehen müsste, weil mir scheint, dass das eine ohne das andere gar nicht funktionieren könnte. Theoretisch scheinen mir darum solche Fälle interessant, wenn sich Überwachung und Fernsehen verschränken. Dies scheint mir bei sogenannten Streichen mit versteckter Kamera zu passieren.

Hier ist ein hübscher Ausschnitt. In dem Video werden drei klaustrophobische Streiche durchgeführt, wobei nur der erste und der dritte gut gelungen sind. Beide zeigen wie affektiv Menschen reagieren müssen, wenn sie es mit Gespenstererscheinungen zu tun bekommen. Im ersten Streich geht es um ein Zombie und im dritten Streich um eine Fata Morgana. Der zweite Streich mit der Niesattacke von hinten passt hier nicht so gut, weil er nur sehr gewöhnliche Strukturen beobachtbar macht.

Im ersten Streich wird Kommunikation unvorhersehbar erzwungen und im dritten unvorhersehbar abgebrochen. Im ersten Streich wird aus einer Puppe ein Mensch und im anderen aus einem Mensch ein Gespenst.

Ich glaube es lohnt sich, diese Streiche etwas gründlicher zu analysieren. Deshalb werde ich mir noch etwas Zeit nehmen, darüber nachzudenken. Etwas knifflig wird’s dann, wenn man sich fragt, wie Beobachtungsverhältnisse sich einrichten, wenn Google Glass ins Spiel kommt.

Wenn wir uns in Berlin sehen, dann reden wir noch mal daüber? Bis dahinn. Alles Gute!

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