Ein Erlebnisbericht von @str0mgeist.

Schön daran ist, dass ich erst nach Lektüre dieses Artikels bemerken kann, was auf seiner Seite geschehen war als ich mich in dieser Sache mit Denken und Schreiben beschäftigte. (Und dabei spielt die Frage der „Wahrheit“ dieses Erlebnisses keine Rolle!)
Daran sieht man, dass die Kommunikation umso mehr Intelligenz zulässt, je weniger man wissen will oder wissen kann, was auf der anderen Seite verstanden, was gemeint, was beabsichtigt oder was gewollt wird, indem man es unterlässt, Konsistenzprüfungen durch Kritik zu provozieren, weil alle Kritik via Internet eben doch nur performativ wirken kann. Sie kann nicht mehr erfolgte oder zu erfolgende Sanktion rechtfertigen, sondern immer nur als Selbstrechtfertigung im Augenblick ihrer Anschlussfindung beobachtet werden. Das heißt: in dem Augenblick, wo Kritik nur performativ erscheint, ist sie völlig zwecklos und führt in der Regel nur zu banalen oder deprimierenden Ergebnissen.
Interessant wird es erst dann wieder – wie in diesem Fall zu erkennen – wenn man die Trollmaschine gleichsam rücksichtslos gegen
Menscheninteresse, Menschenabsicht, Menschenvermögen oder Menschenempfindlichkeit füttert um zu schauen, welche Ergebnise sie auswirft.
Dass dabei Unerfreulichkeiten wahrscheinlicher sind, ist naiv. Diese Unerfreulichkeiten entstehen gerade erst durch ein Beharren auf Netiquette, deren Regeln niemand durchsetzen kann, weil jeder der Beteiligten sich durch Internetkommunikation der Sanktionsmöglichkeiten beraubt. Daraus folgt andersherum: warte ab was geschieht, wenn du dich besinnungslos auf Sinn einlässt.

Kultur oder Wissenschaft

Oder: Kann das Internet für die Wissenschaft mehr sein als eine erweiterte Bibliothek? Ein Erfahrungsbericht

Auf dem Blog Das eigensinnige Kind unternimmt Wolfram Ette den Versuch, das gleichnamige Märchen der Brüder Grimm durch ein Verfahren der Kollektion und Konstellation kollaborativer Interpretation zu erkunden. Das Verfahren soll dem Gegenstand angemessen sein. Denn auch Märchen sind, wie Blogs, ein Produkt kollektiver Autorschaft. Der erste Eintrag beschäftigt sich mit dem Urvertrauen, dessen Fehlen ein Phänomen sei, dem sich auch ein Ausbleiben revolutionärer Zuversicht verdankt:

Keine Revolution ohne Urvertrauen. Der Mangel an Urvertrauen begleitet die deutsche Geschichte, und von diesem Mangel als einer kollektiven Krankheit erzählt »Das eigensinnige Kind«, das den Eigensinn in Zerstörung und Selbstzerstörung münden lässt.

Nachdem ich diese Zeilen las, kam mir Kluges Der lange Marsch des Urvertrauens aus seiner Chronik der Gefühle (Suhrkamp, Frankfurt/M. 2000) in den Sinn. Kluge beschreibt dort das Urvertrauen als eine anti-realistische Mitgift jedes…

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