Gutes tun: Hasskommentare schreiben
von Kusanowsky
John Scalzi ist ein Autor und Online-Schriftsteller, der angeblich (prüfen kann das niemand, es wird nur erzählt) den Zorn von Internnettrollen auf sich gezogen hat, weil er sich in einem satirischen Text über Meinungen zur Abtreibung von manchen Konservativen lustig gemacht hatte. Und da ihn dieser Kommentarüberfall verdrießlich stimmte, suchte er nach einer Lösung für diese belästigenden Hasskommentare. So kam ihm die clevere Idee: für jeden eingehenden Hasskommentar spendet dieser unschuldige Teufel einen bestimmten Betrag an wohltätige Menschenrechtsorganistionen. Weitere Kollegen sollen sich dieser Idee angeschlossen haben.
(Hier die Webseite: http://whatever.scalzi.com/)
Wenn sich solche Ideen durchsetzen, wird die Spendenakquise um ein Strategie erweitert. Statt mit der Sammelbüchse von Tür zu Tür zu laufen, könnten von Menschenrechtaktivisten Hasskomommentare im Internet verbreitet werden. Warum auch nicht? Niemand weiß wer diese anonymen Schreiber sind. Und übrigens: niemand kann wissen, wer die Kommentare bei John Scalzi geschrieben hat, die ihn dazu brachten, diese beeindruckende Mildtätigkeit zu zeigen.
Und dass Täuschung ausgeschlossen wäre, kann niemand mehr glauben, zumal solche oder ähnliche Täuschungsversuche längst schon nicht mehr als Erzählideen für Romane taugen:
Dieser Artikel oben erzählt von etwas, das mit keiner bekannten Anleitung zur Rettung der Welt vereinbar ist. Aus Ärger über Internettrolle spendet der Autor für jeden Hasskommentar einen Geldbetrag an eine gemeinnützige Organisation.
Man kann doch mal versuchen, diese Dinge nicht immer nur entlang der schnellsten und kostengünstigsten Meinung durchzurechnen. Ich gehe von der Annahme aus, dass sich nur etwas ändert, wenn sich ändert. Wenn sich aber nichts ändert, dann ändert sich nicht. Klingt banal, ist es aber auch, aber offensichtlich ist Offensichtliches nicht so einfach zu erklären, weil jedem etwas ganz anderes offensichtlich erscheint. Die Geschichte oben erzählt aber, dass bald niemand mehr erkennen kann, was noch offensichtlich ist. Und vielleicht ändert sich dann etwas.
Ich stelle mir folgendes vor: Menschenrechtsorganisationen brauchen Geld wie alle anderen auch. Aber woher nehmen? Die Methoden der Spendensammlung sind bekannt und alles eingesammelte Geld hat immer noch nicht ausgereicht, um Menschenrechte überall durchzusetzen. Also braucht man noch mehr Geld. Aber wie beschaffen?
Man stelle sich vor, Menschenrechtsaktivisten überfluten nun das Blog des Autors und derjenigen, die so etwas auch versuchen, mit Hasskommentaren, weil jeder Hasskommentar eine Spende nach sich zieht.
Das ist hübsch. Gutes Tun, Hasskommentare schreiben. Das steht in unseren Lehrbüchern zur Rettung der Welt noch nicht geschrieben.
Man kann das aus diesem Grunde für albern halten, weil man meint, allein die Lehrbücher geben darüber Auskunft, was vernünftig ist und was nicht.
Etwas ähnliches kann man bei dieser ukrainischen Frauenrechtsbewegung „Femen“ feststellen: mit einem Jargon, der von Zuhältern stammt (sluts) und Propagandamethoden, die eher an Prostituierte erinnern, wird für mehr Frauenrechte protestiert.
Was spricht dagegen, dass sich Prostituierte als schwäbische Hausfrauen tarnen, Atomingenieure als Naturschützer oder Soldaten als Sozialpädagogen?
So wird die Welt gerettet.
Tja, was soll man dazu sagen?