Trollerei ist Provokation von Ordnung
von Kusanowsky
Trollerei ist nicht geeignet um einen vernünftigen Diskurs zu ermöglichen, zu führen oder die Vernunft des Mitgeteilten zu garantieren, sondern ist die faktisch funktionierende Gatekeeper-Instanz des Internets: wer in all dem Schwachsinn sich noch immer zutraut, etwas Vernünftiges souverän äußern zu können, muss an der Trollerei vorbeikommen. Trollerei ist nicht dazu geeignet, ein vernünftiges Argument zu verteidigen, sondern trägt dazu bei, die Unhaltbarkeit aller möglichen Argumente vollständig zu steigern bis zu einer Schwelle, an der entweder die Kommunkation zerfällt, weil der Quatsch nicht mehr auszuhalten ist, oder dann trotzdem weiter geht.
Trollerei ist Bewährungskommunikation. Trollerei sortiert aus: was ihr nicht standhält, scheidet aus. Trollerei ist ernstzunehmen, weil sie für Reflexivitätssteigerung sorgt, und ist überhaupt nicht dazu geignet, einem kritischen Schwachmatismus das Leben zu retten. Trollerei ist die Provokation, nicht die Rechtfertigung einer Diskursordnung.
Man kann dagegen sein, aber die Trollerei interessiert das nicht. Sie hört nicht auf, sie lässt sich nicht verhindern. Trolle sind unverzichtbare, unhintergehbare Parasiten, die nur denen helfen, die sich gegen diese Parasiten nicht zur Wehr setzen. Denn: auch diese Parasiten können es nicht verhindern, dass man sie ernst nimmt.
Mit der Parasiten-Metapher wird die biologische Systemtheorie auf den Plan gerufen. Was Hans Jonas in „Organismus und Freiheit: Ansätze zu einer philosophischen Biologie“ zum Entropie-Begriff ausführt kann auch als Zweck-Definition des Trolls gelesen werden:
„Bei Abwesenheit eines [äußerlichen Zwecks] wird der Mechanismus, selbst mit identischer Leistung, zwecklos auf dieser Ebene der Betrachtung – obschon er durch das bloße Tätigsein unvermeidlich den aller mechanischen Tätigkeiten innerlichen ‚Zweck‘ erfüllt, die Erreichung der Entropie.“ (Seite 181)
Im Vokabular des Gastgebers: Der Troll bringt das Durcheinander durcheinander; ohne äußerlichen Zweck aber eben auch nicht ohne Nutzen.
Was heißt “einen Diskurs sinnvoll führen”?
Wenn es heißen soll: Voraussetzungen in Anspruch zu nehmen, die im Diskurs selbst nicht in Frage gestellt werden können, muss man einen Diskurs nicht sinnvoll führen.
Wenn ein Diskurs nicht sinnvoll geführt werden kann, ohne Voraussetzungen in Anspruch zu nehmen, die nicht in Frage gestellt werden dürfen, behält ein Troll immer Recht (aber was heißt das dann?), wenn er sich nicht an die Voraussetzungen hält.
Wenn ein Diskurs möglich wäre, der keine unhinterfragten Voraussetzungen in Anspruch nimmt, wären die Diskursteilnehmer von den Trollen nicht mehr unterscheidbar – und es könnte trotzdem sinnvoll weitergehen.
–> Lob der Polyvalenz.
Ein guter Kommentar, den übrigens ein Troll nicht versteht – vorausgesetzt sei, dass der Troll immer nur weiter macht, ob er selbst etwas versteht oder nicht, ob er etwas will oder nicht, ob er etwas bezweckt oder nicht – er macht weiter, wenn es ihn etwas angeht, aus welchem Grund auch immer. Diese Trollerei ist die Chance zur Versachlichung der Kommunikation: entweder du bist zu allem bereit, unter der Bedingung, dass du keiner Offerte aus dem Weg gehen willst, oder – willst du bestimmten Offerten aus dem Weg gehen und trotzdem souverän bleiben – so bekommst du es mit Trollen zu tun, die zu allem bereit sind. Heißt also nur: widersetzte dich den Trollen nicht, sondern sei gehorsam. Denn wichtig ist ja, dass der Troll, weil und solange er vor dem Bildschirm sitzt, keine Zugriffs- und Durchgriffsgewalt in Anspruch nehmen kann. Er kann dich nicht totschlagen, solange er vor dem Bildschirm sitzt. Der Troll kann versuchen, die Voraussetzungen zu zerstören, die es dir ermöglichen, dich vor den Bildschirm zu setzen, aber das kannst du auch, indem du dich vor den Bildschirm setzt und selbst versuchst, ihm alle Voraussetzungen zu zerstören.
Das entscheidende ist leider nur der Versuch, nicht die Wirkung. Weil die Wirkung niemand mitbekommt.
Ja, der vergebliche Kampf um die Rettung der Unschuld wird jetzt digitalisiert. Was mich so beeindruckt ist, dass massenweise unbekannte Menschen mit unbekannten Menschen in Kontakt treten und meinen, sie hätten irgendetwas Bekanntes, irgendetwas Bestimmtes dringend miteinander zu diskutieren. Warum kommt eigentlich niemand auf die Idee, dass in dem Augenblick wo die Organisationsinstanz (Schule, Unternehmen, Bürokratie, Verein oder was immer) wegfällt, auch die bekannten Gründe wegfallen, für die es sich lohnen könnte, irgendetwas kritisch auszuhandeln.
Es ist nur schwer zu argumentieren, dass Unbekanntheit das ist, womit man es jetzt zu tun hat. Aber das kann sich keiner leisten …
Ich nehme an, dass dieses Beobachtungsdefizit deshalb anfällt, weil es allen an der Zeit fehlt, gründlicher nachzudenken. Deshalb wird einfach mitgeteilt, was man mitteilen kann und überlässt alles folgende einem kritischen Diskurs, der aber kein Halten mehr kennt. Dadurch entsteht die Aufdringlichkeit dieser Trollerei, die ja nur aufgrund des allgemeinen Zeitmangels entsteht: die kritische Diskussion ohne Entscheidungsnotwendigkeit tendiert dazu, kurzen Prozess zu machen, also den Schwachsinn nicht auf die Lange Bank zu schieben, sondern ihn gleich zu ejakulieren.
Und wenn das so ist, dann müsste man doch eigentlich auf die Idee kommen, Schwachsinn gar nicht mehr kritisch zurück zu halten, sondern ihn sofort, zu jedem Zeitpunkt zu notieren und ihn durch die Internetkommunikation dem Vergessen zu überlassen.
Denn was für mich wirr oder blödsinnig ist, muss für dich noch lange nicht wirr und blödsinnig sein.
Deshalb: teile alles ungeniert und vorbehaltlos mit und vergiß es sofort. Provoziere Ordnung. Mal sehen, was dabei heraus kommt.
Nachtrag: “ … Ratlosigkeit wäre als Erkenntnisfortschritt zu sehen.“
„Diese Mischung des Bekannten und Unbekannten, die an sich das Wesen der Meynung ist, ist auch das Wesen alles Afterwissens.“
Beyträge zur leichtern Uebersicht des Zustandes der Philosophie von Karl Leonhard Reinhold (1803)
Was hat zu diesem Zustand beigetragen? Offenbar die Kombination aus verbilligter Buchproduktion und dem Medium ‚deutsche Sprache‘, siehe den Wikipedia-Artikel zur Buchgeschichte:
„Das 18. Jahrhundert brachte gravierende Veränderungen für das Medium Buch im deutschen Sprachraum. Die in diesem Jahrhundert sich etablierenden Messkataloge weisen deutliche Zuwächse im Bereich der Novitäten und Produktionsraten auf. Zudem änderte sich die Lingua franca zunehmend vom Latein der Gelehrten und Gebildeten hin zu Werken in Deutsch, die auf ein breites, ‚anonymes, verbürgerliches Lesepublikum’“.
Zusammengefasst: Afterwissen für anonymes Publikum – ein vor 200 Jahren antizipiertes Twitter. Eine Ausflucht damals war die Zunahme der Lautstärke (von Schopenhauer zu Nietzsche). Im 20. Jahrhundert kam nicht viel Gutes dabei heraus…
@neurosophie ein schönes Zitat! Es steht, wie mir scheint, an der historischen Stelle des Umschlags von Provokation von Ordnung durch die kritische Methode zur Rechtfertigung von Ordnung, die durch die Provokationen entstanden war und sich dadurch erhärtete, dass Kritik nicht mehr gegen mittelalterliche Rhetorik gewendet wurde, sondern nur gegen andere, gegen moderne Kritik. In dem Zitat geht es um die Exkludierung von Afterwissen, Aberglaube. Das, was zur dieser Zeit als Aberglaube definiert war, waren die trivialen Reste, die Ruinen der antiken und mittelalterlichen Gelehrsamkeit, war die aristotelische Tradition, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts längst bedeutungslos geworden war. Warum aber immer noch Versuche zur Bekämpfung des Afterwissens? Mir scheint, darum ging es gar nicht mehr. Es wurde nicht mehr Afterwissen bekämpft, sondern Afterwissen wurde polemisch gegen die Kritik der anderen Seite angeführt. So ging es dabei um Kritik gegen Kritik; und das Scheitern konnte kritisch dadurch gerechtfertigt werden, indem der anderen Seite Unwissen, Halbbildung, Dogmatismus oder eben auch Afterwissen – also die Dummheit des Landvolks – vorgeworfen wurde. „Afterwissen“ war zu dieser Zeit eines ersten Signifikate einer Paranoia der Kritik, eine Paranoia, die deshalb entsteht, weil Kritik jetzt immer unwahrscheinlicher, immer schwieriger durchsetzbar war, weil ja jedes kritische Argument längst schon auf ein kritisches Gegenargument gefasst war. Die Entwicklung der Buchproduktion und ihre Standardisierung und Rationalisierung war zu gleichen Teilen Voraussetzung wie Ergebnis dieser operativen Schließung von Kritik.
Diese Paranoia der Kritik war das, was durch Ausschluss der Kritik in der Kritik eingeschlossen war und durch immer fragwürdiger werdendene Haltbarkeit kritischer Argumente bald nur noch schwer zurück gehalten wurde, und, nachdem die Paranoia im Zuge der audiovisuellen Massenmedien manifest geworden war, auch noch zu Zwecken der Kritik eingesetzt wurde (Beispiel: faschistische Propaganda).
Seitdem ist der Tempel der Kritik abgebrannt. Und mein Vorschlag wäre entsprechend, die Kritik durch den aktuellen Stand ihrer Möglichkeiten zu ersetzen, nämlich durch eine Paranoik.
Es wird für mich immer deutlicher: Trollen ist ein neurotischer Hilferuf auf Beziehungsebene (im Thunschen Sinne). Der wesentliche Zweck ist das Buhlen um Aufmerksamkeit. Es ist ähnlich zu der Kommunikationsattitüde der Soziologen oder Philosophen, wenn sie Fremdworte benutzen, lange komplizierte Sätze von sich geben und davon schwärmen, dies oder jenes schon gelesen und verstanden zu haben.
Ja, nur würde ich aus deiner Überlegung die Semantik der Geringschätzung herauskürzen. Trollerei ist von keiner Absicht bestimmt, ist nicht Propaganda, Meinungskampf oder Mission. Trollerei ist kritische Paranoik, die auf eine paranoische Kritik stößt. Die Trollerei ist nicht Buhlen um Aufmerksamkeit, sondern die zur Harmlosigkeit verurteilte Hilflosigkeit einer Kritik, die mit sich selbst nichts mehr anfangen kann. Sie ist, anders als Hasspropaganda, kein Aufruf zum Handeln, sondern ist die Provokation zur Unterlassung des Handelns, besser: eine Provokation, die darauf aufmerksam möchte, dass jetzt alle Kritik jederzeit gegenstandslos ist, weil sie ihre Gegenständlichkeit nicht mehr durch exekutierbare Entscheidungen garantieren kann. Kritik ist jetzt doof, dumm, banal. Da aber die kritischen Subjekte ihren Stolz, ihre transzendentale Subjektivität nicht so leicht fallen lassen wollen, kommt der Hammer, die Unverschämtheit der Trollerei, die ja übrigens ganz harmlos ist, weil sie genauso wenig eine Entscheidung exekutieren kann. Sie kann nur eine nächste Orndung provozieren, sie kann die alte Ordnung nicht mehr rechtfertigen.
Nach dem Soziologen- und Philosophen-Bashing von Itari bleiben als neutrale Instanz noch die Pädagogen. Dort wurde vor zehn Jahren ein ähnlicher Diskurs geführt, wobei Peter Euler besonders pointiert argumentiert.
Ich habe mal zwei Zitate aus „Kritik der Pädagogik – Pädagogik als Kritik“ (2004) ausgewählt:
„Die Bestimmung der ‚Produktivität von Macht‘ als ‚offene Differenz des Subjekts wie seines Verhältnisses zur Gesellschaft‘ mündet in die ‚Kontingenz und Unverfügbarkeit‘ als Hoffnung und systematisch als Bedingung von Kritik.“
Und dann weiter:
„Der Abgesang auf Vervollkommnungsillusionen humanistischer Provenienz bringt aber nicht nur die Aussicht auf Verbesserung der menschlichen Angelegenheiten zum Verschwinden, sondern fordert die ‚postmodern‘ problematisch gewordene ‚Differenz von Individualität und Subjektivität‘, von ‚Freiheit und Rationalität‘, aber auch von Wissen und Macht in neuer Weise zu bestimmen.“ (Seite 24).
In meinen Worten: Der Troll übt macht aus, in dem er Verfügbarkeit torpediert (i.e. Ordnung provoziert). Ich assoziiere Verfügbarkeit mit „Fugen“ – wie Schubladen. (Man denke an die ‚alternativlosen‘ Rettungspläne für Griechenland). Der Troll reibt sich an der normativen (aber eigentlich kontingenten!) Macht des Faktischen und will die Kontingenz zurückgeben in die Hände des Menschen. So macht auch die Entropie-Erhöhung, die Heinz von Foerster fordert, Sinn: Ein Phasenübergang in selbstbestimmte (?) Kontingenz.
@neurosophie
Die Doppelfunktion des Internet besteht, darin, die politische Öffentlichkeit einerseits aus der traditionellen Dominanz „vermachteter“ monologischer Abwärtskommunikation zu befreien, und andererseits eine polyvalente Plattform zur Verfügung zu stellen, auf der alle Formen technisch gestützter Kommunikation ohne Medienbrüche prozessiert und ineinander übergeführt werden können. Dank zeitunabhängiger Verfügbarkeit aller Inhalte profiliert sich die Internet-Öffentlichkeit zudem durch eine historische Tiefendimension, die mit der kurzfristigen Aktualitätsorientierung der konventionellen Medien scharf kontrastiert.
Der immensen Ausweitung niederschwelliger öffentlicher Partizipationschancen und (spontan-individuell bestimmter) interaktiver Horizontalkommunikationen stehen allerdings viel geringere Gewinne an kollektiver Organisations- und Aktionskapazität gegenüber, weil digitale politische Engagements vergleichsweise unverbindlich bleiben, und weil im Stadium der Kampagne meist keine formalisierten Strukturen entstehen, wie sie für die nachfolgenden Stadien aktiver Konfliktaustragung und Politikrealisierung notwendig sind. Da traditionelle Eliten kaum an Onlinekommunikation teilnehmen, ist bisher keine integrierte Gesamtöffentlichkeit entstanden, die die Vorteile massenmedialer Diffusion und digitaler Kommunikation in sich vereinigt.
Siehe dazu:
Geser Hans: Kakophonie und Selbstorganisation in der digitalen Agora. In: Prof.. Hans Geser. Online Publications: Sociology of the Internet. Zuerich, January 2011. http://geser.net/intcom/t_hgeser23.pdf
@ Joriangel Meridiola
Das Paper von H. Geser macht ausgerechnet an einer Stelle NICHT weiter, wo es spannend wird:
„Für die Führungseliten wird es dadurch schwieriger, das Wort ‚wir‘ zu verwenden – und damit einen kollektiven Konsens zu unterstellen.“
Dieses Aufschmelzen des Wir zu verstehen, das würde den Kern der Sache treffen. Der Ruf nach Disziplinierung und Führungseliten dagegen hat den Charme eines Vermeidungsreflexes.
Aussagen wie etwa:
„Netizens produzieren häufig irrelevanten „loser created content“, der die realen …Entscheidungsprozesse in keiner Weise bestimmt.“
beweisen nur, dass die Potentiale vernetzten Wissens vom Autor nicht gesehen werden.
Wäre ich Pussy Riot, dann würd ich jetzt beten: Lieber Gott, lass loser generated content vom Himmel regen, um uns von den Führungseliten zu erlösen.
„… dass die Potentiale vernetzten Wissens vom Autor nicht gesehen werden.“
Das Stichwort ist „Vermeidungsreflex“ – der Autor hat keine Einwände dagegen, seine Texte via Internet zu verbreiten und zugleich Geringschätzung über „loser created content“ als Anspielung auf die Formel „user generated content“ zu äußern, womit gewiss gemeint sein soll, dass sich der Autor davon unterscheiden möchte, ohne gleichwohl eine Unterscheidung zu operationlisieren. Denn in dem Augeblick, wo er sich auf das Internet als triviale Troll-Maschine einlässt – und er tut dies faktisch durch Verbreitung eines Textes – kann der Unterschied zwischen ihm als „User“ und „Loser“ nicht mehr trennscharf festgestellt werden. Auch wieder ein Fall von „performativer Selbstwiderspruch“ – das Kennzeichen aller Trollerei.
Schön dazu dieser Kommentar von Kolarius Xigati:
https://differentia.wordpress.com/2012/05/10/die-disqualifizierung-des-selbstdarstellers-paranoik-trollforschung/#comment-4951
Die Sache mit dem performativen Selbstwiderspruch ist immer wieder faszinierend. Gerhard Roth definiert in seinem Buch „Fühlen, Denken, Handeln“ http://www.perlentaucher.de/buch/gerhard-roth/fuehlen-denken-handeln.html alles, was mit Verantwortlichkeit zu tun hat als etwas, „das ein Mensch ohne Nachteile für sich und andere in der Gesellschaft tun darf und was nicht“. Man stelle sich vor, das würde jeder so genau nehmen wie nur möglich. Was könnte man dann noch verantworten? Denn folgt man dieser Überlegung, so könnte man sagen, jeder Mensch sei für sich selbst und für seine Mitmenschen verantwortlich. Dieser Begriff von Verantwortlichkeit als wechselseitigem Verhaltenskodex hätte im Zusammenhang mit der Frage nach Führung und Vermögen einer Führungselite folgendes Problem: Wegen des Machtgefälles zwischen den am Führungsprozess beteiligten Personen, kommt Führungskräften eine besondere Verantwortlichkeit dahin gehend zu, Nachteile für Nicht-Führungskräfte zu vermeiden. Mehr noch: Dieses Machtgefälle zeigt sich gerade darin, dass ein unverantwortliches Handeln von Führungskräften, das mit Nachteilen für Nicht-Führungskräfte verbunden ist, in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle, nicht unbedingt auch mit Nachteilen für Führungskräfte einher gehen muss. Wer würde dann aber die Unverantwortlichkeit der Führung benennen, bzw. sanktionieren können? Diese Sanktionslücke (als Folge des Machtgefälles) öffnet dem Machtmissbrauch Tür und Tor. Dieser Versuchung nicht zu erliegen würde die besondere Verantwortung von Führungskräften auszeichnen. Die Untergebenen ihrerseits sind nicht mehr nur für die operativen Arbeitsergebnisse verantwortlich, sondern auch für das potenzielle Gelingen des Führungsprozesses, indem sie – kompetente Führung vorausgesetzt – Führung kompetent zulassen.
Die Konsequenz wäre, dass nicht nur eine kompetente Führung gebraucht würde, sondern auch eine kompetente Verführung. Nur: wer will die Verantworten?