Wenn es darum geht, einen Ausweg aus den Paradoxien der Ethik zu finden, werden in der Fachliteratur häufig die Argumente von Heinz von Foerster zu Rate gezogen: „Nur die Fragen, die im Prinzip unentscheidbar sind, können wir entscheiden.“ (*)
Die Nichtentscheidbarkeit ergibt sich demnach aus empirischen und rationalen Aporien, die entstehen, wenn man von einer Subjekt-Objekt-Unterscheidung ausgeht und danach fragt, welche Seite der Unterscheidung für die andere unter welchen Bedingungen die erkenntnismäßige Voraussetzung bildet, basierend auf der Annahme, Erkenntnis beruhe auf Einheit. In diesem Fall, so Foerster, landet man stets bei unentscheidbaren Entscheidungsfragen.
Der Ausweg, so Foerster, könnte gefunden werden, wenn man die Paradoxien der Ethik durch eine Paradoxie der Wahl ersetzt, die bei von Foerster auf die Maxime hinaus läuft: „Handle stets so, daß die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird.“ – Tatsächlich hat man aber in jedem Augenblick immer nur eine Alternative. Daran ändert sich nichts, wenn man von Komplexität ausgeht, denn dann hat man auch nur die eine Alternative, nämlich die zwischen mehr oder weniger Komplexität als Folgewirkung zu wählen und muss sich, gemäß dieser Maxime, für mehr Komplexität entscheiden. Aber dann gilt wieder, dass jede Frage schon immer entschieden ist und sei es, sie sei dadurch entschieden, dass man die Paradoxie der Wahl zu wählen hätte.
Wollte man diesen Vorschlag von Heinz von Foerster aber dennoch ernst nehmen, so könnte man gleich zu einer Diabolik übergehen und sagen: sowohl die Paradoxie der Ethik als auch die Paradoxie der Wahl kann als Entscheidungsoption genommen werden, und zwar beide aufgrund ihrer Unentscheidbarkeit, ihrer Unvermeidbarkeit und – wichtig – aufgrund ihrer Verwechselbarkeit, Vertauschbarkeit und obendrein aufgrund ihres unausweichlichen und aufdringlichen Zwangs, eine Entscheidung zu treffen, welche man aber prinzipiell gar nicht verantworten kann, weil die Folgewirkungen in jedem Augenblick gänzlich unbekannt sind und darum Verwirrung und Unklarheit als Folgewirkung eher in Aussicht stellen als Klarheit. So ist es gerade der Versuch, Klarheit herzustellen, der für den Fall des Scheiterns nach einer Zurechnungsinstanz sucht, eine entscheidender Grund für diese Aporien. Denn eine Zurechnungsinstanz kann immer gefunden werden, wenn eine Sanktionsberechtigung auf der einen Seite die Sanktionsbereichtigung der anderen Seite gar nicht bestreitet, wenn mithin Ansprechbarkeit auf Fehlleistungen garantiert ist. Denn gerade die Nichtbestreitung führt zur Anerkennung und zur Unterwerfung unter Entscheidungsverfahren, welche aber immer nur eine Entscheidung für einen Fall vorsehen und alle Revisionsversuche nur weitere Fälle und damit weitere Entscheidungssituation hervorrufen für die dann wieder das selbe gilt: eine Zurechnungsinstanz wird immer gefunden.
Was wäre nun, wenn diese Verlässlichkeit wegfällt?
Was würde passieren, wenn Entscheidungsverfahren von einer einseitigen Selbstsanktionierung durch Verzicht auf Sanktionierung disruptiv unterlaufen werden? Wenn also einseitig ein Einverständnis aufgekündigt wird ohne, dass diese Kündigung sanktionsfähig wäre? Wenn eine Vereinbarung, ein Vetrag gebrochen wird, der empirisch gar nicht abgeschlossen wurde, sondern nur als Fiktion die Aushandlung und Zuteilung von Sanktionsrechten determinerte? Was wäre, wenn eine Seite nicht mehr mitmacht, aber diese Unterlassung gegen keinerlei Bestimmungen, also auch gegen keine ethische Maxime verstößt?
Fortsetzung.
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