Das dämonische Gefasel
von Kusanowsky
Rainer Maria Rilke
Ich fürchte mich so vor der Menschen WortIch fürchte mich so vor der Menschen Wort.
Sie sprechen alles so deutlich aus:
Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus,
und hier ist Beginn, und das Ende ist dort.Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,
sie wissen alles, was wird und war;
kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;
ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern.
Die Dinge singen hör ich so gern.
Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.
Ihr bringt mir alle die Dinge um.
Dieses Gedicht von R.M. Rilke wird von christorpheus add in einem Blogpost mit dem Titel Verstehen ist Spekulation verlinkt. Der Blogpost thematisiert ein altes Problem, das schon bei Platon und bei Paulus zur Sprache kam und noch nichts von seiner Prominenz verloren hat. Dabei geht es um die theologische Unterscheidung von Menschenwort und Gotteswort, ein Unterscheidung, die insbesondere in theologischen Diskursen der Bibelübersetzung bis heute diskutiert wird: Wahrheit!
Martin Heidegger erläutert in seiner Parmenides-Vorlesung das Wesen des Dämonischen in der antiken Philosophie. Das Dämonische ist bei Heidegger kein verborgener Geist, die Inkarnation des Bösen oder des Obsessiven, sondern das Dämonische wird mit dem Wesen des Philosophischen verglichen. Das Geschäft der Philosophie sei ein professionelles Gestammel. Heidegger zitiert zu Beginn seines Exkurses über das Dämonische Aristoteles: „Aristoteles erwähnt einmal Eth. Nic., Z 7, 1141 b 7ff. die Grundauffassung, die stets innerhalb des Griechentums die Ansicht über das Wesen der Denker bestimmt: (…) Man sagt, sie (die Denker) wissen zwar Überschwengliches und also Erstaunliches und somit Schwieriges und deshalb ‚Dämonisches‘, aber dies sei auch das Unbrauchbare, weil sie nicht das suchen, was so geradehin nach der Menschen Meinung für den Menschen das Taugliche ist.'“ (1)
Der Mensch höre, hört er einen Philosophen reden, nur einen Menschen reden, weshalb der Philosoph aufgrund seines Zugangs zur Weisheit (oder vielleicht auch Wahrheit) darauf reagierend immer auch sein eigenes Gestammel mitberücksichtigen müsse, um seinem Zuhörer zu vermitteln, dass das Gesagte niemals auch das Gemeinte sei. So müsse der Phiosoph beständige Verkehrungen, Verdrehungen, Selbstwidersprüche, Verzerrungen oder auch Verfälschungen ausprobieren, um seinem Zuhörer die Urteilsgewissheit zu nehmen und dadurch die philosophische Spekulation, also Kontingenz zu provozieren.
Nachdem nun die akademische Philosophie unser Zeit hautpsächlich damit befasst ist, die Literatur ihrer Tradition zu verwalten, und manches spricht dafür, dass dies schon zu Heideggers Zeit der Fall war, und die Philosophie dabei ihren elitären Ausgangspunkt, der für die faustische Gelehrsamkeit konstitutiv war, durch den Ausbau der Massenuniversität verloren hat, so könnte man nunmehr den Gedanken ernst nehmen, dass in Menschenmeinung nichts anderes zum Ausruck kommt als die Latenz der dämonischen philosophischen Spekulation. Nicht nur ist jeder Philosoph ein Mensch, sondern jetzt ist jeder Mensch auch ein Philosoph, was bedeutet, dass jetzt erst, aufgrund der vollständigen Trivialität aller Meinungen, das Dämonische der Philosophie erkennbar und sozial irritierbar wird, weil zu jedem Zeitpunkt Philosophenmeinung auf Philosophenmeinung trifft. Denn in der modernen Gesellschaft zerfällt die elitäre Form der übergeordneten Beobachtungsposition der Philosophie in eine Heterarchie der Positionen, welche jederzeit – aufgrund der sozialen Selbstverwirklichung tranzendentaler Subjektivität – nicht nur Meinungsrecht, sondern auch Behauptung von Wahrheit in Anspruch nehmen können. Erst jetzt, so würde ich spekulieren, kann eine Latenz des Dämonischen der Philosphie bemerkt werden, weil jetzt, wenn jeder Mensch ein Philosoph ist, die Vermutung aufringlich wird, dass – bei unverzichtbarer Legitimität jeder Meinung – diese Legitimität dazu dient, all das, was sie zustande bringt, zu ignorieren, nämlich: die Irritabilität von Kommunikation.
Kommunikation kann zwar dafür sorgen, dass das Recht auf Meinung und Wahrheit jedem zugeteilt werden kann, im Gegenzug kann sie aber auch dafür sorgen, dass ihre Irritabilität durch die Legitimität ihrer Ergebnisse gleichsam wieder verschluckt wird. Die Irritabilität der Kommunikation mag die Zuteilung von Recht, von Rederecht erwirken, diese Bewirkungen können aber auch wieder die Irritabilität der Kommunikation einschränken.
Das kann Angst machen, man kann aber auch bemerken, dass solche Angstbekundugen ganz leicht und unbekümmert „geweissagt“ werden können.
—
(1) Martin Heidegger, Gesamtausgabe, II. Abteilung: Vorlesungen 1923-1944, Band 54 Parmenides, S. 148.
Hervorragendes Blogpost. Gedanken, die auch unabhängig vom Phänomenraum Internet Gültigkeit beanspruchen können.
Übertragen wir das Bild auf Menschen, die sich in einer ‚Hypertextsituation‘ befinden, wie es Walther Ch. Zimmerli in „Jenseits von Zähmung und Züchtung“ beschreibt, dann erscheint das Internet quasi als Katalysator für das Dämonische der Philosophie:
„Wenn Menschen in einem nicht nur übertragenen Sinne – sozusagen metaphernartig – dezentriert, wenn sie also Knoten in einem Netz sind, wenn sie auf Gedeih und Verderb abhängig sind von dem System, daß sie im Denken und Handeln im wörtlichen Sinne als ihr Inter-Net, als ihr Verbindungsnetz benutzen, dann wird deutlicher, was ‚Dezentrierung‘ hier bedeutet.“
Quelle:
http://bosetti.wordpress.com/2010/09/14/jenseits-von-zahmung-oder-zuchtung/
Zimmerlis Dezentrierung ist etymologisch diabolisch. So sehen wir im Internet den diabolischen Erfüllungsgehilfen für dämonisches Gefasel.
„diabolischer Erfüllungsgehilfe“. Daran würde ich anknüpfen, jedoch ohne die Vermutung, das Internet sei irgendeine Art Werkzeug, Mittel, Gehilfe, mit dem man etwas machen oder erreichen könnte. Vielmehr scheint mir das Internet nur ein technisches Arrangement zu sein, das – wie alle andere Technik auch – nicht eigentlich Hilfsmittel bereit stellt, sondern Hindernisse, deren Überwindung Neues hervorbringt. Die gegenteilige Annahme ergibt sich aus Verteidungsversuchen der modernen Ordnung, die Rationalität und ein Zweck-Mittel-Verhältnis in Anspruch nahm, um die unvorhersehbaren und irreversiblen Ergebnisse eines evolutionären Formenfindungsprozesses in ein angemessenes Licht der Möglichkeit ihrer Entstehung bringen zu können: es seien ursprünglich Menschen gewesen, die sich aufgrund ihrer Verstandesfähigkeit geeigneter Mittel bedienten, um sich als Menschen selbstzuverwirklichen, so die Annahme, welche zur Verteidung einer Ordnung angeführt wurde. Zweifellos war Rationalität- wie auch immer sich die dafür notwendigen Elemente im Laufe der Jahrhunderte verkoppelt haben – eine höchst bemerkenswerte Leistung, welche etwa bis zum Beginn der Industrialisierung diese moderne Ordnung nur mit Macht provozierte, aber bis dahin noch nicht zur Rechtfertigung benutzt wurde, sondern zur Erschütterung und Zerrüttung der „schwachen“ Wissens- und Erfahrungsform der aristotelischen Tradition. Das änderte sich, nachdem im Laufe des 18. Jahrunderts die Reste der alten Wissenordnung restlos beseitigt wurden. Ein schönes Beispiel dafür ist die Messung der sog. Sternenparallaxe von Friedrich Wilhlem Bessel, welche erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts gelang. Diese Messung war gleichsam der letzte physikalische Beweis für das kopernikanische Konzept, welcher erst erbracht wurde, nachdem die letzten Widersacher, also die letzten aristotelischen Gelehrten längst verschwunden waren. Dieses Beispiel zeigt daher den genauen Umschlagspunkt von der Provokation einer Ordnung zur Verteidigung einer Ordnung, die dann nicht mehr gegen anderes durchgesetzt werden musste, sondern gegen sich selbst verteidigt wurde. Man könnte die Liste der Beispiele erweitern: Charles Darwin, dessen Theorie eben nicht gegen mittelalterliche Gelehrsamkeit durchgesetzt wurde, sondern gegen eine Gelehrsamkeit, die schon kritische Urteilsbildung ohne Vorbehalte akzeptierte. Daher die Schwierigkeiten Darwins. Er hatte kritischen Einwänden zu begegnen und nicht Einwänden, die Gottes Wahrheit postulierten, besser gesagt: die göttliche Wahrheit wurde zu diesem Zeitpunkt mit kritischen Mitteln behauptet.
Die ganzen Wissensfortschritte des 19. Jahrunderts waren Verteidigungserfolge und keine Provokationserfolge mehr. Die Provokationserfolge waren in der Zeit Galileis zustande gekommen, von mir aus auch schon früher bei Dürer. Diese Verteidigungserfolge haben in den letzen 150 Jahren aber auch die Bedingungen für die Fortsetzung der Verteidung geändert. Die beeindruckendste Entwicklung ist daher das Internet, das entstehen konnte, weil die rationalistischen Verteidungserfolge an Wucht verloren und sich ein neues Hindernis geschaffen haben.
Die Verteidung der modernen Wissenordnung – also Durchsetzung der Kritik gegen Kritik – hatte dabei die transzendentale Konspiration erzeugt, also die Annahme, wir hätten miteinander etwas Gemeinsames gemeinsam, nämlich: die eigene Rechtfertigung für das Scheitern menschlichen Vermögens zu betreiben. Die transzendentale Konspiration wird nunmehr aufgekündigt; eine Indikator dafür ist die Internetrollerei. Entscheidend ist aber, dass diese Aufkündigung die moderne Ethik durch eine Diabolik ersetzt. Die Ethik fußt auf unterstellter Konspirationsbereitschaft, woraus sie ihre Paradoxien bezieht. Mir scheint, dass mit der Einseitigkeit einer Diabolik diese ethischen Paradoxien umgangen werden könnten.
Diese Diabolik bezieht sich dann darauf, dass der Verzicht auf die selbstunterstelle Unschuldsannahme des modernen Subjekts nicht unter die Bedingungen einer anderweitigen Akzeptanz gestellt wird. Dieser Verzicht sagt nur: Ich verzichte! Und wenn du nicht verzichten willst, so sieh zu, wie du mit deiner Traumwelt noch zurecht kommen kannst.
Die Hürde, die das Internet herstellt, besteht darin, eine schal gewordene Ethik durch eine fruchtbare, aber gleichwohl nicht ungefährliche Diabolik zu ersetzen.
@neurosopie Nachtrag:
Mit welchem Szenario könnte man rechnen, wenn sich zeigt, dass die moderne Ethik an das Ende ihrer Möglichkeiten gekommen ist? Sich um mehr Menschlichkeit zu kümmern, Menschlichkeit zu schätzen und zu fördern, scheint inzwischen ein Verdikt, das gegen all diejenigen verhängt wird, die sich eben darum bemühen. Weil nämlich an der Förderung von Menschlichkeit zu scheitern die wahrscheinlichste Sache wird, sobald man es versucht. Denn auf der Basis einer Ethik gibt es gar nichts dagegen einzuwenden, die Integrität des einen durch die Zerrüttung der Integrität des anderen zu verteidigen. Die Ethik inkl. ihrer Paradoxien der trivialisierten subjektphilosphischen Tradition steht nunmehr als Hindernis denjenigen im Wege, die den Absprung nicht schaffen: Diese Leute sitzen nun vor ihren Bildschirmen und fürchten sich vor dem ungebremsten Hass, den sie selbst zulassen, dem sie nicht aus dem Wege gehen können, und gegen den sie nunmehr vollends machtlos sind.
Das Subjekt ist kritisch, vernüftig, unschuldig und sitzt vor dem Bildschirm und ist nur noch beleidigt, und bestenfalls überfordert.
Letzlich müssen müssen sich alle ergeben und damit das tun, was auch Internettrolle tun: sie ergeben sich, indem sie sich still sitzend hinter einem Bildschirm vekrümmeln. Empfindlich wird zwar noch auf Hassworte reagiert, aber bald schon mit Gelassenheit auf die Beobachtung ihrer Harmlosigkeit; sie sind harmlos, weil sie in einer Situation der Ergebenheit, der Machtlosigkeit formuliert und zur Kenntnis gebracht werden. Wohingegen allenfalls gefährlich nur diejenigen Hacker sind, die keine Worte mehr schreiben, sondern Programme. Aber gegen die kann man keine Worte mehr schreiben. Ein Diabolik wird deshalb mit Programmen zurecht kommen müssen und nicht mit Worten.
So könnte die Devise einer Diabolik lauten: ergib dich! Und wenn nicht freiwillig, dann wirst du zur Freiwilligkeit gezwungen werden, und zwar freiwillig, heißt: auf dem Wege der Durchsetzung einer Dämonie, weil es da niemanden mehr gibt, der noch etwas erzwingen, noch etwas durchsetzen könnte.
@KUSANOWSKY @neurosophie : manchmal, wenn ich mich lesend so durch Eurer beider Texte und Gegentexte treiben lasse, angeregt bis aufgeregt, belehrt bis beleert und dann doch immer wieder bekehrt, dann halte ich mir beim Reden, Bereden und Zerreden des Gedankenkomplexes, der hier unter Ethik verhandelt wurde, fragend, zweifelnd und suchend vor Augen, das Luhmann doch fast schon apodiktisch gesagt und gefordert hatte: weg mit einen jeden moralisierenden Moral, wegen ihrer intrinsischen, also unvermeidbaren Polemogenität und hin zu einer Ethik, die aber nun nicht treten soll an die nunmehr leere und damit vakante Stelle der Suchfunktion „Moral“, sondern eine solche modern gesehene und modern konstruierte Ethik soll sein, soll in erster Linie sein, mindestens, eine REFLEXIONSTHEORIE der Moral.
Das kann aber dann doch nur heissen: Das Gedankenfeld der Moral wird geräumt, wird zunächst einmal schlicht abgeräumt wie das Geschirr einer abgefressenen Kaffeetafel: weg damit. Die Gründe für das Abräumen hätte dann diese Reflexionethik zu liefern und für den Alltagsgebrauch fungibel zu machen. Wer aber einen Tisch – der guten Ordnung halber – so rigoros abräumt, der muss selbstverständlich dann auch im voraus (promethisch) bedenken, dass dieser Tisch ja schon bald wieder gebraucht werden wird, nämlich bei der nächsten Mahlzeit, und die kommt bekanntlich schneller, als einem – zumindest als Gastgeber – oft lieb ist.
Von einer refelexiven Ethik ist also mehrererlei zu fordern:
– die Moral moralisch zu verleumden und lächerlich zu machen.
– das nunmehr leere Feld der Moral, das dann leicht dämonisch grinst, in seiner gesellschaftlich unverzichtbaren Funktionalität zu beschreiben.
– eine neue funktionierende moralfreie Moral als allgemeinen gesellschaftlichen Verhaltensrahmen zu konstatieren und zu etablieren.
– Die Ethik selber so aufzubauen, dass sie moralisch indifferent operieren kann und dennoch Wege zeigt, wie man als einfacher wahrheitsliebender und der Tugend zugeneigter Mensch unbeschadet selbst und dabei auch andere nicht schädigend durch’s Leben kommt.
Luhmann hat das selber nicht mehr leisten können. Er, der schwer Kranke, wollte unbedingt seine Ankündigung wahrmachen und in den prognostizierten „dreissig Jahre ohne Kosten“ sein Opus Magnus „Die Gesellschaft der Gesellschaft“ fertigstellen. Ihn also darf man nicht tadeln. Aber die universitäre Standardsoziologie, die hätte schon den generellen Tadel verdient für alle ihre Unterlassungen und Anbiederungen an den allgemeinen gesellschaftlichen Vollzugssinn, wie er den Bürgern tagtäglich über die Verbreitungsmedien eingebläut wird. Und: einer allein wird ja diese geforderte Reflexionsethik auch nicht ins Werk setzen können. Und wenn man dann noch dazu bedenkt, dass der noble – aber auch schlitzohrige – Heinz von Foerster dekretiert hatte, man könne über Ethik niemals reden, weil sie sich als unhintergehbar und gesellschaftlich unverzichtbar in allem, was kommunikativ handelnd geschieht „zu zeigen habe“, dann wird dieses Luhmann’sche Desiderat nach einer reflexivem Ethik immer noch schwieriger und geradezu fungibel für eine angestrebte Assoziologie, die das Unkraut falscher Transzendalität ersetzen soll, wahrlich – zumindest in ihren ersten Anläufen – hin zu einer unaumgänglichen (fast pathologischen) Dämonologie.
Das wäre es in etwa mit vielen, wahrscheinlich auch viel falschen Worten, was Ihr beide mit viel weniger Worten so oft schon hier gesagt habt. Aber es bleibt einem ja nichts anderes übrig, um es immer mal wieder einmal selber zu versuchen.
Rudi K. Sander alias dieterbohrer aka @rudolfanders
Das Ethik-Thema ist sicher relevant, jedoch von Dir einen Schritt zu früh eingebracht. Sowohl beim @christorpheus als auch in meinem Kommentar hast Du meines Erachtens je einen Punkt übersehen.
Das Rilke-Zitat ist ganz prima, aber ich will auf die Kernpunkte von @christorpheus zurückführen. Das, was für ihn offenbar verloren wird, ist der spekulative Prozess, „in dem eine selektiv erlebte Mitteilung mit der eigenen selektiven Information interferiert“. Er spricht in diesem Zusammenhang auch von der „Demut vor der Komplexität“. Ich sehe diese Demut einer potentiellen Ethik vorgeschaltet, daher mein Einwand.
Ich skizziere mal (als gelernter Biokybernetiker), wie ich das mit der Diabolik sehe.
Prä-diabolische Welt X:
X={ (a),(b),(c)}.
Hier gibt es je die Komplexität von (a),(b),(c) und von (a,b,c). Spekulation wäre zum Beispiel (a|b) (sprich: a unter der Bedingung b). Beispiel: Ein Biologe forscht nach chemischen Ursachen für Verhaltensänderungen. Beide Räume – Biologie und Chemie – behalten ihre eigene Komplexität und können potentiell Demut empfinden.
Zu meinem Kommentar hattest Du „Werkzeug“ assoziiert. Ich schrieb aber „Katalysator“ – durchaus im etymologischen Sinne von Auflösung.
Betrachten wir nun die
Post-diabolische Welt Y:
Y={(a,b,c),(a,b,c),(a,b,c)}
Dieses totalitär-diabolische hier ist die Beseitigung der Möglichkeit von Selektion! Es gibt nur noch gleichgeschaltete Komplexität. Keine selektive Interferenz (im Sinne von @christorpheus mehr möglich!). Es gibt ja die allwissende BioChemiePhysik made by Galileo/pro7, als ontologischer Schlagstock gut zu gebrauchen. Demut vor der Komplexität? Fehlanzeige. Komplexität wird in ihrer Qualität nicht mehr wahrnehmbar. (Die Naturwissenschaften sind hier einen Schritt weiter als die Soziologen, da mit dem Konzept der neuronalen Komplexität ein formaler Rahmen geschaffen wurde, für das, was ich hier nur kurz andeute).
These: Die Diabolik führt zum Verlust der Demut. Das spätestens seit Dürer/Galileo Dämonische unseres geistigen Tuns wird durch diesen Prozess in die Ausweglosigkeit geführt.
Was Ethik anbelangt, sehe ich die Assoziationskette Ethik -> Charakter -> Eigenart.
Die Diabolik zwingt uns zur Eigen-Art, ganz und gar eigenartig zu reagieren. Jede Eigen-Art steht im Widerspruch zu einem ewigen Gesetz (damit Sünde im Sinne von Augustinus). Ja: Ich verzichte! Ja: Ich ergebe mich! (ganz, wie von Dir gefordert). Eigenartig ergeben in der Sünde bilde ich den Nährboden für einen verlorenen Posten: Toleranz.
Ich möchte noch kurz meine Hochachtung aussprechen, dass Du den von mir zitierten Zimmerli-Text offenbar nicht gelesen hast. Dies zeugt von einem Reifegrad diabolischer Aufklärung.
@rudolfanders „Gedankenfeld der Moral – weg damit!“
Bravo! Kommentare, die sich twittern lassen, liebe ich sehr. Offenbar haben wir zeitlich parallel kommentiert. Vielleicht sehen Sie, das ich mit meinem Kommentar durchaus auf die „Feld“-Metapher abziele.
Aber erst mal sehen, was der Gastgeber bei uns an „falschen Worten“ findet.