Die Welt hat zwei Seiten
von Kusanowsky
Die Welt hat zwei Seiten, eine einfache und eine doppelte Wirklichkeit:
Die Bilder des Tages kommen wieder, der Tag wird mindestens noch einmal so lang, er geht nicht sofort verloren,. Der Herr genießt den Tag in den Nachtstunden noch einmal, lernt, auf kleine Augenblicke zu achten, die sich neu kombinieren lassen. Der Herr kann selbst die Methoden des Traumes anwenden und neue Konstellationen herstellen, verdichten oder stenografisch komplexe Sachverhalte darstellen. Kann große Ereignisse klein und nebensächlich werden lassen und ganz kleine Nebensächlichkeiten groß aufblasen. Im Schreiben gestaltet sich dann die Welt seiner Erinnerung. Klingt ja fast wie eine Furcht davor, dass der Tag schnell verloren gehen könnte, klingt fast nach einer Angst vor dem Tod, dass alles blind und dunkel würde und auch keine kleinen Ereignisse mehr übrig blieben. In dieser Denkrichtung soll das Schreiben sein Leben verlängern. Indem er einige Stunden der Nacht noch einmal zum Tag macht, „rückgenießt“, verdoppelt er sein Dasein.
Verstanden werden diese Zeilen als ein Kommentar des Internutzers zu seiner Tätigkeit, als ein Verhältnis des Oneironauten zu seiner Wahrnehmung, als eine Methode des Paranoikers zu seiner Disziplin, welche sich jederzeit uneinverstanden erklärt, Überzeugungen verhandelbar zu machen.
Die Welt, die ein Oneironaut verstehen will, hat zwei Seiten: eine die man kommunikativ in Anspruch nehmen darf und eine, die an Kommunkation scheitern muss.
Klaus, mal was anderes. Mich würde deine Auffassung hierzu interessieren:
http://www.transcript-verlag.de/ts2036/ts2036.php
Das Buch lässt sich unten mit dem Link „Open Access“ kostenlos herunterladen.
Vielleicht findest Du Gelegenheit, darüber mal einen Artikel zu schreiben.
Schon diese Anzeige macht mich stutzig. Ökonomische Prozesse werden nicht von einer staatlichen Politik eingeleitet. Und keine staatliche Politik lässt sich von irgendwelchen Autoren über irgendwelche Wegweiser belehren. Und selbst wenn: Wegweiser werden überall aufgestellt. Viel interssanter finde ich die Beobachtung von sog. Crowdsourcing-Projekten und die Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, wie hier berichtet:
http://www.harvardbusinessmanager.de/blogs/artikel/a-840963.html
Die Lösung dieses Problems wäre, dass die Unternehmen ihre Kunden zu Anteilseignern machen, indem sie ihnen mit jedem Produkt zugleich einen Anteil an einem Unternehmensanteil verkaufen und diese Anteile, sobald sie sich angesammelt haben, nach Ablauf einer bestimmten Zeit von den Unternehmen zurückgekauft werden, und zwar nicht gegen Geld, sondern gegen weitere Produkte.
„Und keine staatliche Politik lässt sich von irgendwelchen Autoren über irgendwelche Wegweiser belehren.“
Und keiner der 90 Autoren in diesem Band wird sich darüber belehren lassen, dass sich Politik nicht belehren lässt, sage ich voraus. Dennoch versucht man´s. Obwohl man´s besser wissen müsste.
„Und selbst wenn: Wegweiser werden überall aufgestellt.“
Solange es Wege gibt und Richtungen. Verkehr. Infrastruktur. Statt auf deren Abschaffung zu drängen, ginge es doch eher um eine Vervielfältigung derselben.
Den Link sehe ich mir an. Danke!
Die Verkaufstechnik ist eine andere: Von den Lesern, welche mehrheitlich nicht Politiker sind, soll erwartet werden, dass sie sich darüber informiert fühlen, welches Buch Politiker mehrheitlich hätten lesen müssen um nicht an einer vernünftigen Politik zu scheitern. Da das aber der wahrscheinlichste aller Fälle ist, so könnte der Leser dieses Buches eine Erklärung für das Scheitern der Politik kostenlos als Zugabe mitgeliefert bekommen: die Politiker lesen keine vernünftigen Bücher. Darum: dieses Buch ist ein Wegweiser für eine neue Politik. Und nicht nur das Buch ist vernünftig, sondern die Leser sind es auch. Und nur die Politiker sind es dann nicht, wenn sich ihr Scheitern zeigt.
Diese zitierte Formulierung oben zeigt sehr schön, wie hier versucht wird, Konspiration ohne Verschwörung herzustellen: Verlag, Autoren und Leser verständigen sich gegenseitig darüber, wie vernünftig Politiker zu sein haben. Und wenn sich dies nicht zeigt, so zeigt sich antezipierend dennoch, wer immer schon vernünftig war, nämlich Verlag, Autoren und Leser.
@Kusanowsky
Nun ist es, wie Du selbst nur zu gut wissen wirst, das leichteste von der Welt, auf der Grundlage der überhetzten Lektüre (im Ganzen dürften nur wenige Minuten investiert worden sein) eines -fast immer inadäquaten – Klappentextes zu einem abschätzigen und vernichtenden Urteil zu gelangen. Kritische Selbstbeeindruckungsübung, die wenig dazu angetan ist, einer der Sache selbst, welche immer es sein mag, Genüge zu tun. Und die deshalb meist auch dem eingefuchstesten, professionalisierten Selbstbeeindrucker irgendwann langweilig wird. Dass du nach wie vor in dieser Hinsicht auf dich selbst hereinzufallen im Stande bist, versetzt Dich in glückliche Lage.
Nur ist, ganz im Ernst gesprochen, die anskizzierte Verdammungsstrategie sachlich insofern unhaltbar, als sie auf falschen Voraussetzungen beruht, die sich mit der Bereitschaft statt zwei, vier, sechs, acht, möglicherweise gar 12 Minuten zu investieren, gar nicht erst ergeben hätten.
Es geht nicht so sehr um eine Politik der Politiker, und deren belehrende Beratung, sondern solche jenseits der ausgetretenen Pfade repräsentativer Stellvertretung, eine Politik der Nicht-Politiker. Eigentlich jene Sphäre die für Ranciere, der zwischen der Pateipolitik, die er „die Polizei“ nennt und dem Politischen, wie es sich im tagtäglichen (Nicht-)Einvernehmen vollzieht, klar trennt, die genuine Politik ausmacht.
Das dies sich einer „vernünftigen“ Lektüre würde erschlossen haben können, ist nicht gar so unwahrscheinlich.
„Vernunft kommt von Vernehmen, welches nicht synonym ist mit Hören, sondern das Innewerden der durch Worte mitgeteilten Gedanken bedeutet.“ (Schopenhauer)
Ja, danke für diese engagierte Kritik, die ganz bestimmt dafür sorgen wird, dass mir so etwas nicht noch einmal passiert.
Träume? Bewußtsein mit schlechter Beleuchtung und verminderter Fähigkeit, die Differenz intern/extern zu handhaben.
Träume sind unbeobachtbare Beobachtungen. Eben deshalb fehlt ihnen der Realitätswert.
Beim Beobachten werden stets Unterscheidungen durch Ermittlung vermittelt. Jede Beobachtung stellt immer eine Unterscheidung zwischen Beobachtetem und Unbeobachtetem her. Eine Welt, die so entsteht, eine äußere wie eine innere, erweist sich als unbeobachtbar, wenn und weil sie in ihr beobachtet wird. Eine jede Welt ist Form in einer Form. Unterscheidungen setzten sich auf diese Weise apriorisch über die Resultate, über die auf Wahrnehmung angewiesenen Unterschiede, selbst voraus. Paradoxerweise müßten sie sich aus dem kontingenten Unterschiedenen ausschließen, aus dem, was sie gerade unterscheiden können (vgl. Luhmann: Die Wissenschaft der Gesellschaft. Frankfurt/M. 1992, S.526). Dass es dennoch immer wieder gelingt, diese Paradoxie durch ihre Beobachtung dem Nichtbeobachteten zu überlassen ist einfach umwerfend seltsam.
@kusanosky
-Träume sind unbeobachtbare Beobachtungen. Eben deshalb fehlt ihnen der Realitätswert.Träume? Bewußtsein mit schlechter Beleuchtung und verminderter Fähigkeit, die Differenz intern/extern zu handhaben.
Lichtung:
Beleuchtung, ist natürlich wichtig, nur ist eine Unterbelichtung einer Überbelichtung vorzuziehen, die ja ehr in Intellektuellenkreisen gepflegt wird?
– Zitat:“Aber auch der geniale Luhmann war letztlich in seiner Welt gefangen und er hatte nicht erkannt, (was heute Dirk Baecker für ihn tut), was in seinem Theoriesinne (als realisierbarer Traum) noch alles an brauchbaren Gedanken in diesem GSB-Kalkül drin steckt. Auch Luhmann hatte eben SEINEN (gepflegten) Blinden Fleck !”
– ich meine so schließt sich der Kreis, oder ist es ehr eine Spirale und der Blickwinkel verhindert ironischer weise die objektive Sicht ? Wer weiss das wirklich – niemand ? Der Zen-Kreis ist ein Kies und doch keiner, sondern eine Spirale..
Der Zeuge:
Bin mal einen Psychotherapeuten in einem „Zen-Centrum“ begegnet, er hatte sich dort selbst eingewiesen, für mehrere Jahre und betrachtete sich als sehr fortgeschrittenen Adepten. Er hatte mehr als 20 Jahre lang „Zazen“ geübt und war dann zu den „Wachtraum – Übungen“, den „Tantrische Praktiken“ des tibetischen „Vajrayana“ übergegangen. Dort im Kloster war er nun der Meinung das hätte ihm geschadet, so dass er, im übertragenen Sinne „Mnemosyne“ anrief und sich selbst demütigte, ohne dabei von seinem Hochmut ablassen zu können und von Erleuchtung zu träumen. Er war sehr intelligent und konnte Latein und Altgriechisch und noch ein Dutzend weitere Sprachen, zwar hatte er das Vermögen weit voraus und zurück zu schauen; sah aber nicht was sich vor seinen Füssen abspielte. Direkt vor ihm war alles zum greifen nah und er hatte seinen Kopf immer in den Wolken.
– Im Zen versteht man das als eine der viele Zen-Krankheiten:
„Im Wasser stehen und nach Wasser rufen.“
oder z.B: „Nach Zen stinken“
-P.S.: „..ich bin nur ein alter Man, lebe am Fluss und verkaufe Wasser
und stinke immer noch nach Zen, was kann ich schon wissen.“
@Volltextserver: Du bist ein Server mit einer Datenbank voll Text. Aber nicht nur das. Du bist ein Volltextserver. Ich bin mal einem Volltextserver begegnet, er hatte sich als solcher ausgewiesen, der voller Texte war. Manche davon waren im Juni geschrieben. Viele andere nicht. Ich erinnere mich nicht genau – ich bin ja kein Volltextserver. Dennoch weiß ich eines: Wenn die Texte nicht leuchten, kann man sie nicht im Dunkeln lesen.
„Wenn die Texte nicht leuchten, kann man sie nicht im Dunkeln lesen.“ – Das Problem kann nur lösen, wer selbst erleuchtet ist. Du weißt: die Buddha-Natur wohnt in allem, es käme auf dich an, sie zu entdecken, was geht, wenn du aufhörst sie zu verdecken.
Absolute Wirklichkeit – wir hatten hier in einem Kommentar das Argument gefunden, dass Paranoik im Hegelschen Sinne des absoluten Wissens eine absolute Kritik wäre.
„… und jede fehlgeschlagene Kommunikation ist ja streng genommen ein Selbstgespräch“ Regisseur André Erkau nach der Vorführung seins Films „Selbstgespräche“ am 21. Juli 2008 in Freiburg