Nachtrag zu Die Apokalypse des Urhebers
von Kusanowsky
@hufner schrieb zur Diskussion um das Urheberrecht:
Was ich aber wirklich glaube, ist, dass es auf allen Seiten daran hapert, sich die Seite der anderen wenigstens vorzustellen.
Hätte Gott mir die Macht geschenkt, über dein Urteils- und Begriffsvermögen zu verfügen und es nach meinem Gusto zu manipulieren, dann würde ich dich von folgender Überlegung überzeugen wollen: Der Grund für diese Probelmsituation ist nicht das Unvermögen von Menschen. Das Problem ist ein Sozialproblem, kein Humanproblem.
Die Problemsituation entsteht daraus, dass die Internetkommunikation keine entscheidungsrelevanten Kriterien erzeugen kann, die für eine Entscheidung in Sachen Urheberrecht – wie auch immer sie lauten mag – maßgablich relevant sein könnten. Dies gilt zwar seit der Industrialisierung, aber durch die Industrialisierung wurden wirksame Exklusionsregeln geschaffen, die der Einsicht folgten, dass zwar jeder mitreden, aber nicht jeder mitentscheiden darf. Das Internet zeigt nun, dass nicht nur jeder mitredet, sondern auch fast jeder etwas entscheiden kann, nämlich eine Entscheidung über Verletzung von Urheberrechten zu treffen. Das sind Entscheidungen, gegen die niemand etwas machen kann, weil sie nur von wenigen mit Absicht getroffen werden.
Selbstverständlich ist Produktpiraterie schon immer ein Problem gewesen, aber vor der Internetzeit hatten Piraten die selben Probleme wie Verleger: sie mussten investieren, schwere Waren mit hohen Energie- und Kostenaufwand transportieren, Märkte erschließen und ihre Raubdrucke verkaufen. Man konnte sich also nicht einfach entscheiden, gegen Gesetze zu verstoßen. Gelang es den Pirate nicht, ihre illegale Geschäfte zu betreiben, so gingen sie Pleite, wie jeder andere Verlag auch. Das war auch dadurch bedingt, dass sich die Produktpiraten gegenseitig Konkurrenz machten. Jedenfalls wurden Produktpiraten auf dem Markt durch ihre Aktivität nicht nur füreinander adressierbar, sondern auch für die Polizei und konnten deshalb einigermaßen wirksam verfolgt werden. Und außerdem waren Märkte für diese Produkte relativ regional begrenzt. Deutschsprachige Bücher und Songs konnten nur ganz schlecht in Afrika oder Asien verkauft werden. Sie konnten dort hergestellt, verkauft werden mussten sie aber dort, wo der Bär tanzte, und der tanzte immer da, wo die Musik schon spielte, die erst noch verkauft werden sollte.
Das Internet macht nun allen einen Strich durch die Rechnung, den legalen wie den illegalen Piraten. Der Einwand, dass mit itunes einerseits und mit Kim Schmitz andererseits sowohl legale als auch illegale Vertriebskonzepte möglich werden, bezeichnet nur die Intransparenz der Märkte, die es nicht zulässt, dass jeder auf gleiche Weise über alle Preise, über alle Beschaffungschancen infomiert ist.
Tatsächlich wird durch die Digitalsierung der industriell geprägte Warencharakter zerstört. Das heißt nicht, dass es jetzt keine Waren mehr gibt, sondern nur, dass die Ware als Datensatz gegenüber demjenigen Datensatz zurück fällt, der über diese Ware Auskunft gibt. Konkret heißt das, dass die Datensätze, die für Waren Werbung machen, schon immer für den Endnutzer kostenlos waren und jetzt erst wird erkennbar, dass die Platzierung von Werbung der eigentliche Produktionsfaktor ist. Bei Büchern und Schalllplatten fällt aber diese Unterscheidung zwischen Waren als Datensatz und Werbung als Datensatz zusammen. Nur ein Buch, nur ein Lied gibt Auskunft über das Produkt. Man kann die Datensätze nicht wirksam voneinander trennen. Das heißt: es sind keine Waren. Solange aber durch die Industriegesellschaft Exklusivitäten sichergestellt wurden, konnte geglaubt werden, dass man Bücher genauso verkaufen könnte wie alle anderen Waren auch. Dass es sich dabei um einen Irrtum handelt, ist auch immer bemerkt worden. Dieser Irrtum schlägt sich nieder in der sozial standardisierten Fiktion eines „geistigen Eigentums“ – man versuchte damit, Geistigkeit als Ware zu behandeln, was natürlich Quatsch ist, was auch immer gewusst wurde, aber man wusste nicht, wie man es sonst machen sollte. Also ging es immer so weiter.
Mit dem Internet ereignet sich nun die Apokalypse. Apokalypse bezeichnet nicht den Weltuntergang, sondern die Aufdeckung, die Offenbarung, die Enthüllung, Entbergung (Martin Heidegger). Jetzt zeigt sich, was immer verschleiert, verdrängt, verschoben, vermieden, verboten, verfolgt, unterdrückt wurde. Jetzt zeigt sich, dass es so nicht mehr weiter geht. Und alle Diskussionen um die Frage, wie man denn diese Vermeidungsstrukturen weiterhin durchsetzen kann, hängen damit zusammen, dass es noch kein erfolgreiches wissenschaftliches und künsterlisches, intellektuelles know-how gibt, das darauf angepasste Strukturen beobachtbar machen könnte. Stattdessen versucht man etwas zu verhindern, das nach Maßgabe der Problemherkunft gar nicht verhinderbar ist.
Daraus folgt: wir können darüber diskutieren bis wir graue Haare und faule Zähne bekommen. Das führt zu nichts, weil man das Internet nicht verhindern kann. Man müsste stattdessen mit der wissenschaftlichen und künstlerischen Forschung anfangen. Übrigens geschieht das auch, aber diese Forschungen sind noch marginal und nicht übermäßig attraktiv. Bestes Beispiel, das noch sehr differenzierungsbedürftig ist: Wikipedia.
Wichtig ist jedenfalls, dass eine intelligente und disziplinierte Forschung nicht zuerst belohnt werden kann, weil man noch nicht weiß, wofür. Forschung heißt, dass im Bereich des Unbekannten, Unerkannten, Ungewissen, Unklaren, Undeutlichen, Unfertigen gesucht werden müsste.
Stattdessen begeht man den Nasrudin-Fehler. Man sucht da, wo man etwas sehen kann. Zwar weiß man, dass die Lösung im Dunkeln liegt, aber da will niemand suchen, weil es da dunkel ist. Also wird im Hellen gesucht. Da findet man zwar nichts, aber immerhin, man war tüchtig und kann sich dafür beglückwünschen oder rechtschaffend Protestbriefe schreiben.
Ich wäre bereit, einiges davon zu akzeptieren. Vor allem würde ich akzeptieren, in meiner Sprache gesprochen, dass ich dummerweise irgend etwas überhaupt durch seine Gesetztheit als gegeben annehme. Mit anderen Worten, vielleicht sucht man überhaupt im Falschen. Im Hellen. Wo es dort nichts zu finden gibt.
Das ist aber nach Maßgabe der Ort, an dem überhaupt etwas zur Sprache kommt. Die Sprache für den Bereich „des Unbekannten, Unerkannten, Ungewissen, Unklaren, Undeutlichen, Unfertigen“ ist gesegnet mit den nämlichen Attributen.
Ich stimme dir vollkommen zu in den Passagen über die Genese des Begriffs „Geistiges Eigentum“, der vielleicht somit der Ursprung des Unglücks in der Debatte ist. Auch die Ideen zur Frage „Werbung, Produkt, Ware“ will ich unwidersprochen lassen. Aber verdauen muss ich die trotzdem.
Und jetzt muss ich in den Wald …
Nein, dieser Begriff ist nicht Ursprung des Problems, sondern ein auch durch jurstische Definitionen reglementiertes Vermeidungsprodukt. Durch den Begriff von „geistigem Eigentum“ wird nur etwas anschlussfähig gemacht, dass außerhalb der sozial-distributiven Akezptanzchancen keine andere Realität hat und damit auch keine Chancen eröffnet, etwas ganz anderes akzeptabel zu machen. Geistiges Eigentum ist eine Fiktion, die nicht Ursache ist, sondern ein gesellschaftlicher Vermeidungserfolg. Alle glauben daran und zwar, weil eine Glaubwürdigkeit nur schwer bestreitbar ist. Es sind für ein Bestreiten keine sozial-strukturellen Einfallsschneisen vorhanden und kein Attraktor, der Zweifel daran prominent machen könnte. Und diese Schwierigkeiten des Bestreitens haben im Effekt die geteilte Fiktion eines Begriffs von geistigem Eigentum zu folge, eine sozial determinierte Illusion.
Nachtrag
Wenn ich sage, dass es der Lösung dient, wenn man im Dunkeln sucht, dann heißt das nicht, dass unmöglich wäre etwas zu finden, sondern nur, dass es sehr, sehr schwer ist, also: nicht sehr attraktiv. Aber wie ich meine, der einzige Weg, der weiter führt. Wer trotzdem anderer Meinung sein will: gern. Auf eine kritische Begrüdung dafür können wir verzichten.
Ich finde schon, dass man konjunkturell die Sache ansehen kann. Das kommt aber, weil ich bis zu einem gewissen Maße Terminologe und Begriffsgeschichtler bin.
Und klar können dann Begriffe nicht die Ursache von etwas sein. Aber sie können zugleich auch Ursache werden. Vermittelt wie auch immer, von mir aus.
Womit wir es wohl zu tun haben, sind Verschiebungen, die auch semantisch auffallen. Dieser Protest „Wir sind die Urheber“ richtet sich nicht gegen eine interpretatorische Verdrehung von Werken oder dagegen, dass andere unter eigenem Namen anderer Leute Werke verkaufen. Dieser Protest entsteht durch eine Idiosynkrasie hinsichtlich der Verwerfungen, die durch das Internet entstehen. „Wir sind die Urheber“ soll nur heißen: ihr seid es nicht. Ihr seid unserer Publikum. Dass das so imaginierte Publikum aber auch zum größten Teil „geistig“ produktiv ist, wird ignoiert, weil die meisten damit kein Geld verdienen. Als ob Urheberschaft das Recht auf Bezahlung beeinhalten würde! Damit kommt ein Begriff von Urheberschaft zustande, der nichts mehr mit dem zu tun hat, wodurch er sich im 18. Jahrundert entwickelt hatte. Dieser Protest ist daher eher der Indikator für eine De-Intellektualisierung, für eine Proletarisierung von Kunst und Literatur. Sie verlangen, für ihre Arbeit bezahlt zu werden, nicht für ihre Kunst, was auch daran liegt, dass in Sachen Kunst inzwischen jeder überfordert ist, auch Schrifsteller und Künstler. Über Kunst zu reden vernichtet die Einschaltquote. Insofern ist wohl nicht der Begriff „Urheber“ eine Ursache, sondern nur ein Anlass dafür, Empfindlichkeiten ungeniert zu kultivieren und Empörung zu zeigen, um auf diese Weise die Einsicht in einen Lernprozess zu verschleiern. Da die Protestiererenden aufgrund ihrer ökonomischen Situation ideologisch gebunden sind, können sie nicht einfach lernen, jedenfalls können sie sich dazu nicht einfach entscheiden. Also protestieren sie aufgrund von Veränderungen, gegen die niemand etwas machen kann. Durch das absehbare Scheitern des Protests wird dann doch gelernt, ohne diesen Lernprozess allerdings intellektuell verstehen zu können.
Wenn wir demnächst Internet bekommen, dann bekommen wir auch eine neue Literalität, Kunst und Wissenschaft. Nur wird die Erfindung geeigneter Formen nicht belohnt. Unsere gegenwärtigen Formen, inklusive ihrer kognitiven Verarbeitungskapazitäten, sind für die Internetkommunikation nicht mehr geeignet. Deshalb der Protest: er entspricht der sonst so geschmähten Kostenlos-Kultur. Der Protest bringt nichts, kostet aber auch nicht viel.
„Stattdessen begeht man den Nasrudin-Fehler. Man sucht da, wo man etwas sehen kann. Zwar weiß man, dass die Lösung im Dunkeln liegt, aber da will niemand suchen, weil es da dunkel ist. Also wird im Hellen gesucht. Da findet man zwar nichts, aber immerhin, man war tüchtig und kann sich dafür beglückwünschen oder rechtschaffend Protestbriefe schreiben.“
Nach Poes Erzählung „The Perloined Letter“ besteht der Fehler eher darin, nicht im Allerhellsten zu suchen. Graben nach etwas der Sicht entzogenen, Archäologie (der Grabkammernforscher Howard Carter sei hier stellvertretend für dieses Paradigma von Forschung genannt), das tun alle. Das Gesuchte aber liegt, bei Poe, offen auf dem Tisch, in vollkommener Unverborgenheit. So ist wohl auch das, was du das “Apokalyptische” nennst, das plötzliche Sich-Zeigen von etwas, das nie verborgen gewesen ist.
http://de.wikipedia.org/wiki/Der_entwendete_Brief
Klicke, um auf entwendetebrief.pdf zuzugreifen
Das ist eine Ergänzung, da die Geschichte vom entwendeten Brief nicht eindeutig ist. Die Geschichte von Poe erzählt den Vorgang des Verbergens und Entbergens. Das Verbergen des Diebesguts geschieht nicht durch den Dieb des Briefes, sondern durch die Suchaktivitäten des Polizeipräfekten, der mit allen verfügbaren Methoden des modernen Wissenschaftlers das Versteck ausfindig zu machen versucht. Erst durch seine Suche wird der Brief verborgen, gemäß der Prämisse, der Brief müsse versteckt sein. Und da der Polizist annimmt, dass das Versteck raffiniert gewählt sei, muss er raffinierte Methoden anwenden; und nachdem er damit scheitert, differenziert er seine Methoden, weil er annimmt, dass Versteck müsste sehr viel raffinierter sein. Ein weiteres Scheitern führt wieder nur dazu, dass er seine Suchmethoden differenziert. Und schließlich findet er nichts, ein Ergebnis, das gemäß seiner Prämisse unmöglich ist. Dadurch entsteht das Versteck des Briefes erst, erst durch die Suche. Die Suche stützt sich auf das, was dem Polizisten bekannt ist, nämlich seine Methoden. Er läuft in die Falle, die er sich selber stellt aufgrund der Annahme, der Brief sei versteckt.
August Dupin, der Proto-Typ des Sherlock Holmes, bedenkt dies und zieht daraus den Schluss, dass es sich gewiss so verhielte: wäre der Brief versteckt, hätte der Polizist ihn notwendig finden müssen. Findet er ihn aber nicht, so ist der Brief auch nicht versteckt. So kann Dupin den Brief finden, indem er aufhört ihn zu suchen. Das Entbergen folgt einer Metanoia. Dupin deckt nur den Nasrudin-Fehler des Polizisten auf, indem Dupin erkennt, dass der Polizist im Dunkeln tappt solange er glauben will, er sehe die Sache klar. Aber eben dies müsste ihn darüber informieren, dass ihm alles unklar ist, denn er findet den Brief ja nicht. Diesen Schluss kann aber aber nicht ziehen, aufgrund seiner ideologischen Gebundenheit, hier eine rationalisitische, wissenschafts-methodologische Fixierung.
Und bezogen auf das Thema des Artikels: die Irritationen über das Urheberecht entstehen durch Internetkommunikation, nicht durch mangelhafte Gesetze. Entsprechend liegt auch in der Fortsetzung der Internetkommunikaiton die Lösung. Wir haben es mit einer verschleppten Metanoia zu tun: Die Internetkommunikation setzt sich zwar fort, aber nur, indem sie weitere Irritationen über mangelhafte Gesetze erzeugt. Wenn aber die Ordnungsfindung der Interkommunikation eigentlich die Aufgabe wäre, so wird dieser Vorschlag als Glasperlenspiel zurück gewiesen.
Da kann man nichts machen.
Lange Rede, kurzer Sinn, entlag der Auslegung, in die Lacan und später Derrida die Geschichte verschoben haben: Die Anweisung, im Dunkeln zu suchen, statt im Hellen, kann hier nur aufs Helle, aufs aller Offenbarste verweisen, denn das wahrhaft Dunkle kann nur das Allerhellste, das scheinbar Offenbare der Phänomene darstellen. In Hegels Worten: das Bekannte ist darum noch nicht ERkannt.
„Und bezogen auf das Thema des Artikels: die Irritationen über das Urheberecht entstehen durch Internetkommunikation, nicht durch mangelhafte Gesetze.“
Ich denke nicht, dass man der Illusion erliegen sollte, „Internetkommunikation“ als ein aller juridisch-ökonomisch-politischen Kräftespiele entzogenes, und von diesen unkontaminiertesTranszendental zu konzipieren. Die disseminatorischen (oder auch delauzianisch: de-territorialisierenden) Bewegungen, die von ihr ausgehen, sind ihrerseits bedingt, durch eben jene sozialen Funktionssysteme, deren Codierungen und Programme sie andererseits gefährdet. Und werden konterkariert durch Re-Territorialisierungen, Wieder-Einhegungen des Ausbrechenden, die einen Kollaps verhindern sollen.
„Wenn aber die Ordnungsfindung der Interkommunikation eigentlich die Aufgabe wäre, so wird dieser Vorschlag als Glasperlenspiel zurück gewiesen.“
Die eigentlichen von den uneigentlichen Aufgaben zu trennen wird sich immer als heikel erweisen, wenn auch der kritische Geist sich stets wieder dazu aufgerufen sieht…:)
„Ordnungsfindung“ kann in meinen Augen keine „Aufgabe im Sinne einer von oben herab schulmeisterlich verordneten Theoretiker-Lektion darstellen. Sie wird sich, wie das Wort nahelegt, finden, unbeeindruckt davon, ob ihre Prozeduren didaktisch goutiert oder kritisch mißbilligt werden.
Genau. Die Ordnungsfindung unterliegt nicht der subjektiven Wahl oder der Wahl durch Subjekte; und schon gar nicht ihrer Sanktionsrechte. Dennoch kann man an den Störversuchen, die komunikativ immer ungestört ablaufen, die Differenz zwischen einem „noch-nicht“, einer sich ankündigenden Zukunft, und einem „nicht-mehr“, einer sich schon verflüchtigenden Vergangenheit ablesen. Der Prozess der Ordnungsfindung zeigt sich dadurch, dass einerseits die Semantik von Differenzen verschliffen wird (z.B. in der Proletarisierung des Urheber-Begriffs, der benutzt wird, um etwas zu rechtfertigen, das gar nicht bestritten wird, nämlich ein Recht auf Bezahlung); anderseits merkt man, dass die Entwicklungschancen einer weiterführenden Semantik zwar schon anfallen, aber noch ungenützt verbleiben. Man denke etwa an die beobachtbare Ironie. Hier zeigt sich schon, dass die Eskalation von ironischer Kommunikation durch den Verlust einer Differenz von Information und Mitteilung in die Aufhebung der Ironie führt. Doch kann damit noch nicht die Chance ergriffen werden, dass die kommunikativ zu behandelnden Sachverhalte und die Ebene, auf welcher diese Sachverhalte beobachtbar werden, erst durch die Kommunikation erzeugt werden müssen, damit man sie weiter differenzieren kann.
Ein anderes Beispiel ist die Imagination von Öffentlichkeit. Man kann schon bemerken, dass Öffentlichkeit nur noch als Imagination etwas Empirisches hat, insofern die Imagination von Öffentlichkeit epistemologisch irreflexiv behandelt wird. Das zeigt sich an der stupide benutzen Unterscheidung zwischen realer Welt und digitaler Welt. Diese augenscheinlich Stupidität ist aber auch nur ein metanoischer Punkt, an dem ein doppelt-kontingentes Verhältnis über eine bestimmente Art des gegenseitigen Informiertseins apostrophiert wird. Gleichzeitig kann man schon bemerken, dass sich innerhalb dieser reflexiv gestoppten Imaginationen ein Selektionsspektrum von Differenzen eröffnet, das den Unterschied von empirischer und imaginierter Öffentlichkeit ausblendet, weil etwas Spannenderes zutage tritt, nämlich eine Diszplin der Paranoik, also nicht zuerst ein Wort oder ein Begriff für etwas, sondern eine andere zivilsatorische Übung: eine Paranoik, ein Sur-Rationalismus wofür die Figur des Sherlock Holmes den Prototypus liefert.
„Begriff für etwas, sondern eine andere zivilsatorische Übung: eine Paranoik, ein Sur-Rationalismus wofür die Figur des Sherlock Holmes den Prototypus liefert.“
Am menschlichen Vorbild orientierte Human-Exerzitien, in Intensivkursen zu indoktrinieren, oder doch vielmehr: eine Paranoik und allgemeine Kriminologie der Systeme, welche längst im Gang ist?