Ich bekenne: „Ich war Anonymous“ – dringend weiterleiten!
Wer immer diese Leute sind, die mit fragwürdigen Methoden auf sich aufmerksam machen, so muss ich ganz realistisch bekennen, dass ich mal dazu gehört habe. Der Grund: Anonymous ist ein Phantom paranoischer Beobachtungsverhältnisse. Das will ich kurz erklären:
Man kann Anonymous nicht beitreten. Man kann nur austreten, nämlich dann, wenn man nicht mehr anonym ist. Alle sind Mitglied. Wer sich weigert, dass einzusehen, soll sich bitte bei der zentralen Austrittsstelle des Internets abmelden, heißt also: sich dort anmelden. Viel Spaß beim Suchen.
In Hinsicht auf das Problem der Urheberschaft stellt sich der Austritt aus Anonymous folgendermaßen dar: Anonymous liefert jedem Internetnutzer bedingungslos die Möglichkeit, reich und berühmt zu werden, indem man sich nämlich öffentlich mit Namen und Adresse für andere ansprechbar macht. Denn wer öffentlich ansprechbar ist, ist nicht anonym. Allerdings: niemand kann sich einfach aussuchen, nicht mehr anonym zu sein. Denn wer sollte sich ausgerechnet für mich, für meine Daten, für meine Texte, für meine Artikel, für mein Werk, für mein geistiges Eigentum, für meine Sensibilitäten interessieren? Bitte, wer? Bitte melden! Ich teile alles über mich mit, mein Leben, meine Träume, meine schönsten Urlauserlebnisse, mein Sexleben, meine Gedichte, meine Katzenbilder, ja sogar, sogar meine Telefonnummer. Auf Nachfrage geb ich alles bekannt, alles! Bedingung ist nur der Verzicht der Nachfragenden auf Anonymität, und der entsprechend authentische Beweis dafür. („Zeigst du mir deins, zeig ich dir meins…“)
Aber: wenn das gelingt und ich anschließend behaupten will, ich sei der Urheber von alldem, dann kommt Anonymous und doxt mich. Scheiße. Und warum tun sie das? Nun, weil ich bei Anonymous ausgetreten bin. Wichtig: nicht weil ich nicht mehr anonym bin, macht mich Anonymous auf meine Nicht-Anonymität aufmerksam, sondern weil ich ich behaupte, ich sei der Urheber. Denn doxen bedeutet, dass mich anonyme Leute darauf aufmerksam machen, dass anonyme Leute auf mich aufmerksam machen; dass sie mich berühmt machen.
Ansonsten hat Anonymous nichts dagegen, wenn ich reich und berühmt werde. Sie haben nur etwas dagegen, dass ich die anonyme Masse, die mich berühmt gemacht hat, daran hindere, ebenfalls berühmt zu werden.
Rätselspiel für Paranoiker, die noch etwas werden wollen: Ist der Satz wahr, wenn ich notiere: ich bin der Urheber von Anonymous!
Ich war ein Mitglied von Anonymus, aber solange mir niemand hilft, aus dieser Gruppe auszutreten muss ich Mitglied bleiben. „Ich bin ein Star . Holt mich hier raus!“
Freunde der kritischen Vernunft, das Internet kommt immer näher heran.