Peter Sloterdijk: Die Lektüre führt zur Katastrophe
von Kusanowsky
Auf dem Feld akademischer Texte sieht der Philosoph Peter Sloterdijk einen „Pakt des Nicht-Lesens“ wirken, der seinerseits für die Anfälligkeit und Neigung zum Plagiat konstitutiv wird. Man müsse davon ausgehen, argumentiert er, dass zwischen 98 und 99 Prozent der im universitären Kontext veröffentlichten Texte in der Erwartung geschrieben wurden, gar nicht gelesen zu werden. „In diesem System führt die unerwartete tatsächliche Lektüre zur Katastrophe. Das Interessant daran ist, dass das, was man tatsächliche Lektüre nennt, angesichts der ungeheuerlichen Lawine der akademischen Textproduktion gar nicht mehr stattfinden kann. Heutzutage sind nur noch digitale Lesegeräte und spezialisierte Suchprogramme in der Lage, als Vertreter des ursprünglichen Lesers mit einem Text ins Gespräch oder ins Nicht-Gespräch zu treten. Der menschliche Leser – nennen wir ihn Professor – schwindet im Gegenzug. Und dies exakt auch insofern, als der Akademiker wie der Experte seit langem dazu verdammt ist, eher Nicht-Leser als Leser zu sein.
http://www.perlentaucher.de/magazinrundschau/2012-01-31.html#a33324
http://www.lemonde.fr/idees/article/2012/01/28/le-pacte-de-non-lecture_1635887_3232.html
Siehe dazu:
Schon Hegel in seiner Phänomenologie meinte, die meisten würden eh` beim Vorwort und der allgemeinen Tendenz stehenbleiben. Vielleicht reicht demnächst ja ein provisorisches Inhaltsverzeichnis oder eine bloße Absichtserklärung.
[…] man das selbst einmal mit wissenschaftlichen Schriften aller Art versucht, wird man schnell die Normalität des Plagiierens feststellen, so dass man sich fragen muss, wie eine wissenschaftliche Wissensproduktion ohne […]
Wenn man bedenkt, dass die große Masse der vielen Texte ohnehin nur höchst selektiv gelesen werden, dann könnte man gleich dazu übergehen, nur solche einzelnen Textausschnitte als Textbausteine für weitere Texte zu verbreiten und diese Textbausteine zur Nach- und Weiterbearbeitung allen anderen zu Verfügung zu stellen. So schreibt jeder von jedem ab, kürzt, erweitert oder ergänzt und veröffentlich dies wieder.
Das Verbreiten geschieht durch Blogs und Wikis und die Beobachtung von Ordnung könnte per Twitter geschehen, weil sich dort die Netzwerke finden. Die Wissenschaft entsteht dann durch Netzwerke und besteht darin, die Texptproduktion der Netzwerke selbst verstehen zu lernen.
Voraussetzung dafür wäre das freie und vollständige Plagiieren.
https://twitter.com/ath_nikow/status/300201815604084736
Für die Naturwissenschaft gilt etwas ähnliches: „Das vernetzte Labor“. Statt ein kostenaufwändiges Zentrallabor zu unterhalten, das nur wenigen zur Überprüfung von Hypothesen zugänglich ist, bräuchte man nur ein Netzwerk von Meßgeräten oder Teilen von Meßgeräten, die ihre Meßergebnisse sofort per Internet verbreiten („Internet der Dinge“).
So investiert jeder Forscher eine relativ geringe Summe in ein Meßgerät (oder Teile eines Meßgerätes), statt eine Zentralinvestition vornzunehmen.
Dann kann jeder im Netzwerk Daten zusammenführen, interpretieren und Hypothesen vorschlagen, die wiederum dezentral getestet werden.
Die Meßdaten sind dann hier nichts anderes als ein für alle frei verfügbares Material.
So ist es egal, ob Texte oder Bilder auf diese Weise verarbeitet werden. Generell geht um die Produktion und Auswertung von Daten durch Netzwerke. Intelligent sind dann nicht die Menschen, sondern das Netzwerk.
Plagiat = Anmassung fremder geistiger Leistung (d.h. ich gebe fremde Arbeit als die eigene aus).
Dezentrale Messsysteme und die gemeinsame Nutzung deren Daten ist KEIN plagiieren…