Bemerkungen zur Realität von Simulationsmedien 4

von Kusanowsky

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„Heute leben wir im Imaginären des Bildschirms, des Interface und der Vervielfältigung, der Kommunikation und Vernetzung. Alle unsere Maschinen sind Bildschirme, wir selber sind Bildschirme geworden und das Verhältnis der Menschen zueinander ist das von Bildschirmen geworden.“

Zitat: Jean Baudrillard: Videowelt und fraktales Subjekt, gehalten als Vortrag auf dem Symposion „Philosophien der neuen Technologie“, Linz, September 1988 (als Publikation, Berlin 1989). In: Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik, hrsg. v. Karlheinz Barck, Peter Gente, Heidi Paris, Stefan Richter, Leipzig 1992, S. 263.
Dieses bekannte Zitat von Baudrillard zeigt, dass er mit diesen Überlegungen gar nicht so weit von dem entfernt war, was zu einer Zeit, als das mobile Internet noch weit entfernt war, schon als empirische Möglichkeit in Erwägung gezogen werden konnte. Aber was hat sich geändert? Und was hat sich seitdem nicht geändert? In seiner Theorie der „Simulation“ diagnostizierte er, dass die modernen Bilder der Wirklichkeit, die über die Massenmedien vermittelt würden, wichtiger und wirklichkeitsmächtiger geworden seien als die Wirklichkeit selbst. Man kann darin schon erkennen, was sich verschoben hatte: „die Wirklichkeit selbst“ wurde bei Baudrillard noch verstanden, als eine durch Dokumente referenzierbare Wirklichkeit, womit gemeint ist: Wirklichkeit ist, was woanders schon referenziert wurde, also auch außerhalb massenmedialer Vermittlung dokumentiert sei; daher die Annahme einer „referenzlosen“ Wirklichkeit der digitalen Medien, die nur Selbstreferenz zulassen. Aber Baudrillard konnte noch nicht soweit gehen, das Skandalon der Manipulation in der Legitimierung von Simulationsmedien aufzuheben. Denn durch Simulationsmedien kann Manipulation nicht mehr als Problem gesehen werden, und damit auch nicht als Lösung.
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