Paradoxien von Verbreitungsmedien

von Kusanowsky

Seit den Anfängen von Verbreitungsmedien, spätestens aber seit dem 18. Jahrhundert, erhalten sie das Merkmal „all-inkludierend“ – für alle  – und keiner kann sich durch sie einer Weltbetrachtung entziehen, die durch die massenhafte Verbreitung von Dokumenten aller Art zustande kommt. Die Möglichkeit der All-Inklusion ist schon von Anfang an durch eine Paradoxie gekennzeichnet, die besagt, dass Medien alle adressieren und zugleiche jeden Einzelnen. Diese Paradoxie verschärft ein Problem, das für Kommunikation allgemein gilt, dass nämlich ihr Gelingen unwahrscheinlich ist. Schon in der Frühzeit des Buchdrucks konnte diese Pardoxie bemerkt werden, etwa die von Luther überlieferte Absicht, den Text der Bibel für jedermann erreichbar zu machen, wodurch sich eine Verbreitung des Textes in der sogenannten „Volkssprache“ rechtfertigte. Das aber führte zu einer Emanzipation der Volksprachen gegenüber Lateinischen, wodurch die Universalisierung des Textes durch die sprachliche Fragilisierung möglich wurde.
Seit dem 18. Jahrhundert kam dann eine doppelte Kommunikationsparadoxie hinzu. Auf der einen Seite gehört zur Möglichkeit der All-Inklusion eine Universalisierung von Kommunikation, indem die Adressierbarkeit von Personen extrem schnell anstieg; auf der anderen Seite generierte gerade die mit diesem Universalisierungsprozess verbundene Ausdifferenzierung und Komplexitätszunahme der Verbreitungsmedien sowie der Adressenordnungen, die in sie eingeschrieben sind, eine signifikante Erhöhung der Ereignisunwahrscheinlichkeit der Kommunikation. Es kam zu einer Fragilisierung von Verständigungsprozessen, die sich anschließend zu einem universalen Problem auswuchs, bis im 20. Jahrundert schließlich erkennbar werden konnte, dass die Expansion der Verbreitungsmedien zwar die ganze Welt kommunikabel, aber die Kommunikation immer prekärer machen konnte. Denn tatsächlich weicht durch Verbreitungsmedien das zurück, was Kommunikation konstituiert wird, nämlich eine Differenz von Information und Mitteilung ins Unidentifizierbare. Damit hängen schließlich auch all die bekannten Versuche zusammen, die durch Kommunikation erzeugten Paradoxien durch Umgehungsstrategien aus dem Weg zu räumen.
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