Die apokalyptische Funktion des Mediengebrauchs II
von Kusanowsky
Mit der Einführung von Fiktionen als Deutungsmuster des dokumentarischen Beobachtungsschemas, die etwa mit der Romantik begann, entstand der apokalyptische Charakter der modernen Fiktionsmaschine. Die apokalyptische Funktion von Medien als Enthüllungs- und Offenbarungstechnik machte seitdem den Selbstorganisationscharakter jeder Sinn- und Bedeutungsproduktion deutlich. Die Entfaltung literarischer Fiktionalität orientierte sich an Literatur und beobachtete die Gesellschaft unter einer spezifischen Sonderperspektive, die auf die Ästhetisierung des subjektiven Blicks abstellte und in der Folge einen eigenen normativen Referenzmechanismus ausbildete. „Die Welt muss romantisiert werden“ wie Novalis schrieb. Damit wurde die Konstruktivität diese Art der Welterschließung offen deklariert und die Frage insinuiert, ob es sich hierbei um einen Spezialfall sozialer Wirklichkeitskonstruktion handelte oder um deren allgemeines Charakteristikum. Als ein zentraler Aspekt der ästhetischen Beschreibbarkeit der Welt entstand damit die institutionalisierte Aufgabe der Aufdeckung und Selbstreflexion von Konstruktionsmechanismen. Wie aber wäre diese Betrachtung des ästhetischen Fiktionsbegriffes noch zu halten, wenn mit der virtuellen Realität eine neue Form der Spiegelung fiktionaler Wirklichkeit an wirklicher Fiktionalität vorhanden ist?
Die Veränderungen von Kommunikationsroutinen durch die Intensivierung der Mediennutzung werden zunächst als Virtualisierung, Hyperrealisierung und der raum-zeitlichen Entkoppelung von Beobachtungsverhältnissen beschrieben. Das Internet organisiert einen Ablöseprozess aus der Gebundenheit an Garantiestrukturen eines auf Dokumentierbarkeit fixierten Mediengebrauchs und produziert ein symbolisch vermitteltes Verhältnis von Anwesenheit und Abwesenheit, die als Parallelität einer Differenz von entschwinden und verbleiben die Grundlage herstellt für neue Formen gekoppelter Sozialität. Gesteigert wird dieser Prozess noch einmal, wenn dieser neue Spielraum nicht nur hinsichtlich einer geteilten, sondern auch hinsichtlich aller möglichen Welten und Räumen ausgenutzt werden kann, durch die ein hin- und herwechseln zwischen Referenzsystemen möglich wird. Alle Fiktionalisierungen werden damit in ein Simulieren umgeändert. Der dafür notwendige Möglichkeitsraum enfaltet sich wie von Selbst und die einmal gewonnene Autonomie von Fiktion wird auf einer zweiten Ebene transzendiert.
Dass das alles so tageweise verschieden ist, mal flutscht es, (wie beim Vögeln), und dann will all das Gesagte hier einfach nicht in meinen bockigen Kopf hinein. Wovon reden Sie denn, mein Herr, bin ich geneigt zu sagen. Es ist, als sähe ich einem Musiker zu, einem Virtuosen, der sein Instrument perfekt beherrscht, aber ich verstünde seinen kompositorischen Impetus überhaupt nicht, nicht die Akkorde, nicht den Rhythmus, das zeitordnende Taktgefühl, anschwellenden und abklingenden Nachdruck des Ausdrucks. Die Ohren hören der semantischen Melodie – wenn da eine ist – noch halbwegs zu, aber das nach Mitschwingen gierende Gehirn, das kommt eben nicht auf seine Kosten.
WAS hat den Schreiber angetrieben, welches Sinnfeld hat er versucht abzumähen, in welchem der vielen möglichen Gegenstandsbereiche operiert er und sieht dort sein Ding, etwas, was ich NICHT sehe?, um seinen differenzierenden Ertrag in seine Scheuern einzufahren, diesen scharfen Beobachter, der sich ja nun wahrlich nichts entgehen lässt, was man – beobachtend – auch beschreiben kann. WAS aber beschreibt er denn nun wirklich? O mein lieber Freund und Kupferstecher, gib mir doch wenigstens ein Zipfelchen dessen, was dich semantisch animiert und rhetorisch hinweggerissen hat !
Gerne will ich dir ja folgen, sprächest du zu mir wirklich auf Augenhöhe, was hier nur heissen kann: Höhe oder Tiefe der Erfahrungen, der Welteindrücke, lass mich doch sehen, WAS du siehst, wenn du so sprichst, wie du nun einmal redest. Bitte !