Der Atheismus der Religion

„Lassen Sie doch diesen Unsinn, Schnier. Was haben Sie nur?“ „Katholiken machen mich nervös“ sagte ich, „weil sie unfair sind.“ „Und Protestanten?“ fragte er lachend. „Die machen mich krank mit ihrem Gewissensgefummel.“ „Und Atheisten?“ Er lachte noch immer. „Die langweilen mich, weil sie immer nur von Gott sprechen.“ „Und was sind Sie eigentlich?“ Ich bin ein Clown.“

Diesen Dialog findet man bei Heinrich Böll in dem Roman „Ansichten eines Clowns“, ein Stelle, die zeigt, dass die Funktion von Religion in einer säkularen Gesellschaft unverzichtbar bleibt. Während die jeweilige Funktion vieler Funktionssysteme wie Politik, Wirtschaft, Wissenschaft etc. für die Gesellschaft und die Leistungen, die sie für einander erbringen, derart evident ist, dass man sich tatsächlich fragen müsste, wie die Gesellschaft ohne diese jeweiligen Funktionserfüllungen und Leistungen weiter funktionieren sollte, kann man hinsichtlich der Religion die Frage stellen, ob die Gesellschaft nicht ebensogut  ohne Erlösungsverheißung oder Sinnstiftung durch die Religion im engeren Sinne auskommen könnte. Aber auch die Behauptung, dass die Gesellschaft ohne Religion jederzeit gut zurecht käme, auch nicht vollständig überzeugen kann.

In evolutionstheoretischer Perspektive gilt, dass die Erfüllung einer spezifischen Funktion nicht der ausreichende Grund für die Entstehung eines Funktionssystems sein kann, sondern höchstens ein evolutionärer Attraktor, der eine Leitdifferenz erzeugt und diese in Funktion setzt. Man wird aber annehmen dürfen, dass die Funktionalität einer spezifischen Funktionserfüllung für die Gesellschaft zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt der Grund für die Restabilisierung der Funktionserfüllung durch ein Funktonssystem ist; gemeint ist damit eine Lösung, die ein Problem gefunden hat, woraus dann die Schließung zu einem Funktionssystem mit entsprechenden Organisationen etc. folgen kann.

Propaganda moderner Glaubenswahrheiten. Foto: Wikipedia

Dies scheint insbesondere für den Atheismus zu gelten. Man könnte nicht sagen, worum es Atheisten eigentlich geht, wenn sie nicht ständig auf eine Leitdifferenz verweisen würden, deren Legitimität sie dadurch erhärten, dass sie sie bestreiten. Eindrucksvoll kann man dies bei diesem Weblog beobachten, das gleichsam als Pressereferat des deutschsprachigen Atheismus seinen Teil dazu beiträgt, dass die religöse Tradition nicht in Vergessenheit gerät.


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