Theorie der Reflexionstheorie
Für eben solche Analysen stellt die Theorie der Selbstreferenz eine Unterscheidungsroutine entlang der Begriffe Reflexion-Interdependenzunterbrechung-Externalisierung zur Verfügung. Mit diesem Programm läßt sich eine sozio-historisch gewendete Selbstreflexion vergleichender Systemanalyse ihrerseits als Verfahren der empirischen Analyse sozialer Tendenzen nutzbar machen. Die Entwicklung einer Theorie sozialer Systeme, die ihre Reflexionstheorie mit einschließt, vollzieht sich – entgegen der Meinung manch hartgesottener Systemtheoretiker – historisch und semantisch primär nicht in der Referenz reiner Wissenschaft, sondern als Theorie des Systems im System und damit auch als System der Theorie in der Theorie. Sie thematisiert – und genau das meint Selbstreferenz – mit ihrem Bezugssystem zugleich auch sich selbst als Teil dieses Bezugssystems und folglich ihre je eigenen Selbstthematisierungen. Wie für jede Form selbstreferenzieller Geschlossenheit stellt sich daher auch für Reflexionstheorien auf Teilsystembasis das Erfordernis der Unterbrechung zirkulärer Interdependenzen. Interdependenzunterbrechungen oder Asymmetrisierungen werden über die operative Öffnung für Umweltbezüge möglich, und das heißt, dass über die Wahl externer Bezugspunkte Anreicherungen vorgenommen werden, welche das System mit zusätzlichem Sinn versorgen.
Für eine Theorie der Reflexionstheorie fallen dabei drei Formen der Externalisierung ins Gewicht. Erstens kann das System auf Differenzen wissenschaftlicher Referenzen nicht gänzlich verzichten. Zweitens sind damit Fragen an die Möglichkeit der Selbstorganisation zu stellen, die keineswegs so einfach zu beantworten sind, wie erfahrene Systembeobachter bestätigen würden; und drittens fallen evolutionäre Tendenzen auf, die für die Historizität der Systeme von entscheidender Bedetung sind. Das erfordert aber auch, die Leistungen dieser Externalisierungsformen für die Stabilisierung der Theorie als eine immerhin gegen wissenschaftliche Differenzen nicht neutrale Theorie im Wissenschaftssystem deutlich zu machen.